Der Profi
vorteilhaft fürs Geschäft, aber unvermeidbar, wenn er weiterhin in der Umgebung des Bahnhofs arbeiten wollte. Weigerte er sich, mit ihnen zusammenzuarbeiten, wurde es für ihn kompliziert. Nahm seine Zusammenarbeit mit der Polizei allzu intensive Formen an, würde er in seinen Kreisen als Ausgestoßener gebrandmarkt.
Wie gesagt, keine einfache Aufgabe für El Cordobés .
Also blieb er so lange an die Ziegelmauer gelehnt stehen, bis die beiden ihn erreicht hatten.
»Na, Cordobés , wie läuft’s denn so?«
El Cordobés überflog im Kopf, was er über Román Valls wusste. Der Polizist war ein ziemlicher Pedant, er besaß einen akademischen Abschluss, und er war einer von denen, die pflichteifrig die Vorschriften erfüllen. Er war noch zu jung, um schon eine dicke Haut zu haben, aber sein Job zwang ihn, sich mit Straßengaunern herumzuschlagen, obwohl er dafür eigentlich viel zu harmlos war. In unserer Welt bestehen zu wollen, ohne dass man die nötige Derbheit besitzt, ist in etwa so, als versuchte man beim Pokerspiel mit dem Teufel zu bluffen. Eine gefährliche Gratwanderung … Seine Kollegin wiederum war äußerst attraktiv, allerdings wirkte auch sie noch ziemlich unerfahren für den täglichen Kampf gegen das Verbrechen in der Großstadt. Wie auch immer, El Cordobés hielt es jedenfalls für das Klügste, das Spiel mitzuspielen.
»Kann nicht klagen, Chef«, antwortete er, ohne sich von der Mauer wegzurühren.
Valls zog ein Päckchen Extra-light-Zigaretten aus der Tasche und bot El Cordobés eine Zigarette an. Doch der winkte ab.
»Versuche mir grad das Rauchen abzugewöhnen.«
Román Valls nickte und steckte das Päckchen ungeöffnet wieder in die Tasche zurück.
»Mit wem hast du da gerade geredet?«
Der Schwarzhändler machte eine gleichgültige Geste.
»So ’n Typ, der sich bei mir nach ’ner Adresse erkundigt hat, zum Schluss hab ich ihm ’ne Taschenuhr verkauft.«
»Ein Kunde?«, argwöhnte Valls. »Wie ich sehe, bietest du nach wie vor geklaute Ware an.«
El Cordobés zuckte mit den Schultern.
»Ich bekomm sie und verkauf sie weiter. Das Leben ist hart. Jeder tut, was er kann.«
Valls schwieg einen Augenblick, dann nahm er El Cordobés ins Visier.
»Hast du eine Ahnung, warum wir hier sind?«
Der Schwarzhändler setzte seine beste Unschuldsmiene auf.
»Den Bullen stets zu Diensten, Chef! Wenn Sie mir ein bisschen auf die Sprünge helfen, kommen wir schneller voran …«
Die junge Polizistin hatte sich nicht von der Stelle gerührt. Sie hatte beide Hände in den Taschen vergraben, ihre Schultern hielt sie nach vorn geneigt, als würde sie frieren.
»Die Russen, Cordobés . Was weißt du über das Thema?«
Der Spitzel zog seinen Zahnstocher aus dem Mund und begutachtete das abgekaute Hölzchen eingehend.
»Die kommen aus einem völlig zerstörten Land, das von einer Bande Korrupter regiert wird.«
» Cordobés «, warnte ihn Valls, »versuch mich nicht zu verarschen!«
»In Russland arbeitet jeder Zweite für die Mafia, zumindest alle, die Geld haben. Bei uns in Spanien ist es nicht ganz so schlimm, wir haben allerdings auch weniger Platz zur Verfügung, da passen nicht so viele rein. Reibereien gehören in unserem Geschäft zur Tagesordnung. Jemand hat drei Bolschewiken kaltgemacht. Ja und? Das pfeifen doch längst die Spatzen von den Dächern!«
Román Valls fand die Antwort offenbar nicht besonders witzig.
»Hör zu, Cordobés , ich mach dir einen Vorschlag: Du erzählst mir, was du weißt, und ich erlöse dich von den zwei Uniformierten, die dir den ganzen Tag über an den Fersen kleben. Natürlich lassen sie dich auch in Ruhe, damit du bis Weihnachten eine gute Stange Euro verdienst. Arbeitest du mit uns zusammen, kannst du auch die geklaute Ware, die unter deiner Jacke steckt, behalten. Natürlich lass ich außerdem deine Absteige unbehelligt und komme nicht mit einem Durchsuchungsbefehl bei dir vorbei, auf der Suche nach was auch immer … Du musst wissen, was die Sache mit den Russen angeht, ist mein Boss ziemlich nervös, aber er lässt mir freie Hand. Wenn ich will, darf ich meinen Informanten das Leben unerträglich machen.«
Ach, du Scheiße!, dachte El Cordobés . Er hatte Schulden zu bezahlen und brauchte das Geld aus dem Verkauf der Schmuggelware dringend. Würde der Bulle sie konfiszieren, hätte er in der Tat ein Problem.
»Viel weiß ich nicht«, sagte er resigniert. »Die Russen versichern, sie hätten mit der Sache nichts zu tun genau wie die übrigen
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