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Der Prometheus-Verrat

Der Prometheus-Verrat

Titel: Der Prometheus-Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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getragen wurden. Sie hielt den Kunden seiner lupenreine Aussprache wegen offenbar für einen waschechten Spanier aus Kastilien und war darauf gefasst, zu feilschen. Umso mehr verwunderte es sie, dass er ihr ein Bündel Geldscheine zusteckte, wahllos ein paar Sachen von ihrem Karren einsammelte und damit zum Lastwagen zurückkehrte. Layla machte große Augen, nickte und sagte: »Jetzt bin ich also eine Pilgerin.«
     
    Chaos, schieres Chaos!
    Lautes Gehupe, das Zetern wütender Autofahrer. Der Pilgerstrom staute sich zu einem Meer aus verblüffend unterschiedlichen
Menschen, die bis auf ihren Glauben kaum etwas miteinander gemein hatten. Da waren alte, ganz in Schwarz eingekleidete Frauen, Greise mit Krücken, die jeden Augenblick zusammenzubrechen drohten. Die meisten trugen T-Shirts und kurze Hosen. Manche schoben Fahrräder neben sich her. Genervte Eltern trugen schreiende Säuglinge im Arm, deren ältere Geschwister kreischend in der Menge umhertobten. Es stank nach Schweiß, Zwiebeln, Parfüm und diversen menschlichen Ausdünstungen. Mit seiner Kutte und dem Spazierstock sah Bryson wie ein Mönch aus; die über den Kopf gezogene Kapuze überschattete einen Teil seines Gesichts. Layla, die gut 50 Schritt hinter ihm ging, trug eine Art Hemdkleid aus grobem Musselin, darüber eine mit Pailletten bestickte Strickjacke und auf dem Kopf ein rotes Tuch. Obwohl dermaßen schrill gemustert, fiel sie in der Menge kaum auf.
    Die hölzernen Straßensperren waren so aufgebaut worden, dass die Fußgänger ohne weiteres passieren konnten. Zwei uniformierte Polizisten flankierten den Durchlass und musterten die Passanten. Die Kraftfahrzeuge auf der anderen Straßenhälfte wurden immer nur einzeln durchgelassen. Erleichtert stellte Bryson fest, dass die Fußgänger in kaum vermindertem Tempo weitergehen konnten. Schwerfällig auf den Stock gestützt und wie nach langem Marsch unendlich müde, schlurfte er an den Polizisten vorbei, die er weder anstarrte noch ignorierte. Auch sie schienen kaum Notiz von ihm zu nehmen. In wenigen Augenblicken würde er die Straßensperre hinter sich gelassen haben und in der Menge verschwunden sein.
    Plötzlich blitzte ein Lichtstrahl auf, eine Reflexion der starken Morgensonne. Er drehte den Kopf und sah einen uniformierten Polizeibeamten, der neben der Sperre auf einer Bank stand und durch ein starkes Fernglas spähte. Wie seine Kollegen am Durchlass musterte er die Gesichter derer, die über die Avenida Juan Carlos I. in die Stadt einzogen. Er fungierte offenbar als eine Art zweiter Filter und sondierte die Menge mit methodischer Gründlichkeit. Der prallen und selbst zu so früher Morgenstunde schon sengend
heißen Sonne ausgesetzt, war das bleiche Gesicht des Mannes rot angelaufen.
    Bryson stutzte und schaute ein zweites Mal hin, irritiert von der fahlen Hautfarbe. Unter der Schirmmütze zeigten sich blonde Haare, wie sie hier eher selten anzutreffen waren. Vor allem aber wunderte sich Bryson über das frisch gerötete Gesicht, denn in dieser sonnigen Gegend kamen selbst Büroangestellte, die sich nur auf dem Weg zur Arbeit oder während der Mittagspause im Freien aufhielten, nicht umhin, ein wenig Farbe anzunehmen.
    Nein, dieser Mann war nicht von hier, war kein Einheimischer. Vermutlich war er nicht einmal Spanier.
    Der blonde Polizist schwitzte stark und setzte für einen kurzen Moment das Fernglas ab, um sich mit dem Ärmel über die Stirn zu wischen. Da sah Bryson zum ersten Mal die Gesichtszüge des Mannes.
    Die scheinbar verschlafen aussehenden grauen Augen täuschten darüber hinweg, dass er hellwach und hochkonzentriert war. Die dünnen Lippen, der käsige Teint, das aschblonde Haar – Bryson kannte ihn.
    Aus Khartum. Als Techniker aus Rotterdam, der mit einer Gruppe europäischer Spezialisten die Hauptstadt des Sudan besucht hatte, wo sie mit einer Delegation aus dem Irak zusammengetroffen waren, um mit ihr über die Lieferung von Bauteilen für Scud-Missiles zu verhandeln. Der blonde Mann hatte sich damals als V-Mann des Direktorats in diese Gruppe einschleusen lassen und fungierte – wohl immer noch – nicht zuletzt als so genannter Dispatch-Agent, mit anderen Worten: als Killer. Bryson hatte damals in Khartum Aufklärung betrieben und Beweise gesammelt, die später gegen die Iraki verwendet werden konnten. Im Vorübergehen hatte er dem blonden Killer ein auf Mikrofilm kopiertes Dossier mit Informationen über drei Liquidationsziele zugesteckt. Seinen Namen kannte Bryson nicht;

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