Der Puppenfänger (German Edition)
verkündete er leise, nachdem er die Glastür hinter sich geschlossen hatte.
Dieter nickte zustimmend. Es war durchaus üblich, dass ein Staatsanwalt bei einer Durchsuchung anwesend war, und die attraktive Margit kannte er gut. Er wandte sich erneut an Wanner. »Frau Schöllen hat Sie über den Inhalt des Schreibens, das sie im Briefkasten vorgefunden haben will, informiert, Herr Wanner?«
»Simone hat mich angerufen und mir den Brief vorgelesen.« Wanners Gesicht, das noch vor wenigen Minuten zornesrot gewesen war, war jetzt kalkig weiß und wirkte, als habe er seit vielen Stunden keinen Schlaf gehabt.
»Sie besitzen einen Haustürschlüssel, Herr Wanner?«, fragte Dieter.
»Ich möchte einen Anwalt verständigen«, entgegnete Simone Schöllens Geliebter.
»Das ist Ihr gutes Recht«, stimmte Dieter zu. Es war ihm nicht entgangen, dass Herr Wanner seine Frage nach dem Besitz eines Schlüssels ignoriert hatte. »Besitzen Sie einen Schlüssel zu diesem Haus?«, wiederholte er.
»Ja, ich habe einen Schlüssel.«
»Seit wann?«
Der Mann verzog das Gesicht und erwiderte barsch: »Ich kann Ihnen nicht genau sagen, wann Simone ihn mir gegeben hat. Vielleicht vor einer Woche.«
»Mussten Sie nicht befürchten, dass Herr Schöllen unerwartet sein Haus betritt, während Sie da sind? Oder rechneten Sie nicht mit seinem Kommen, weil Sie bereits seit längerer Zeit wussten, dass er dazu nicht mehr in der Lage ist?«
»Ich lege immer die Kette von innen vor«, flüsterte Simone.
»Wir sagen kein einziges Wort mehr, Simone. Ich verständige meine Mutter. Sie wird Volker schicken.«
»Herr Dr. Heidmann ist Ihr Rechtsanwalt?«, fragte Michel, bekam aber keine Antwort. Richard Wanner telefonierte bereits.
Während der nächsten halben Stunde saßen Simone Schöllen und Richard Wanner schweigend nebeneinander und warteten auf Volker Heidmann. Paula, die sich zwischenzeitlich laut weinend bemerkbar gemacht hatte und aus dem Bettchen geholt worden war, lag mit dem Kopf auf dem Schoß ihrer Mutter und nuckelte zufrieden an ihrem Milchfläschchen. Der Familienanwalt erschien in Marianne Wanners Begleitung. Während er Dieter und Michel mit Handschlag begrüßte, warf sie ihnen lediglich einen kurzen, kritischen Blick zu und beachtete sie nicht weiter. Stattdessen umarmte sie Simone Schöllen, strich ihr tröstend über die Wangen und nahm ihr das Kind ab. Anschließend wandte sie sich an Dieter, erklärte kurz, sie würde jetzt Paula wickeln und anziehen, Inga aus dem Kindergarten abholen und anschließend die Mädchen mit zu sich nach Hause nehmen. Sobald die leidliche Angelegenheit geklärt sei und die Polizisten sich entschuldigt hätten, würde sie die Kinder zurückbringen. Ohne eine Antwort abzuwarten, verließ sie den Wohnraum. Kurze Zeit später hörte man die Haustür ins Schloss fallen.
Die Staatsanwältin Margit Spellmann und mehrere Polizeibeamte trafen nur wenig später ein. Margit überreichte Volker Heidmann den Durchsuchungsbeschluss, schickte die beiden Kollegen ins Obergeschoss und ging mit Dieter auf die Terrasse. Sie schloss die Schiebetür hinter sich, zog eine Schachtel Zigaretten aus der Tasche ihres schwarzen Blazers, hielt sie Dieter hin und drückte ihm gleichzeitig ein Feuerzeug in die Hand.
»Ich hab es mir abgewöhnt.« Dieter gab ihr Feuer und grinste dabei von einem Ohr zum anderen. »Du siehst gut aus, Margit.«
»Man tut, was man kann, um in Form zu bleiben!« Sie rauchte genussvoll, schnippte die Asche in die Handfläche ihrer linken Hand, die kirschrot geschminkten Lippen gerade so weit geöffnet, dass Dieter ihre blendend weißen Zähne sehen konnte. Als sie zu Ende geraucht hatte, warf sie ihre Zigarette auf den Steinboden der Terrasse, drückte sie mit dem Absatz ihres Pumps aus, bückte sich und hob die Kippe auf. »Hast du eine Tüte? Man will ja keinen Schmutz zurücklassen.«
Dieter langte in seine Hosentasche und gab ihr einen Plastikbeutel. Ehe sie vor ihm zurück ins Wohnzimmer ging, legte sie die Zigarettenkippe hinein und steckte sie in ihre Handtasche.
»Den Rechner, den Drucker und die Aktenordner packen wir ein«, entschied Dieter, als sie sich mit Haila im Arbeitszimmer umsahen. Er öffnete die Schreibtischschubladen, blätterte einige Kontoauszüge durch, erkannte, dass die Geschäftskonten bis Anfang des Monats April abgeheftet waren und auch, dass darunter mehrere unbezahlte Rechnungen lagen.
»Mein Mann hat den größten Teil seiner Unterlagen in unserem Meppener
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