Der Puppenfänger (German Edition)
Studio aufbewahrt. Dort hatte er sich ein Büro eingerichtet«, erklärte Simone Schöllen, die auf der Türschwelle stand.
Torben Cinke, der sich nach der Durchsuchung des Obergeschosses mit einem Kollegen die Garage vorgenommen hatte, betrat das Arbeitszimmer und wandte sich an Dieter. »Hast du einen Moment Zeit für mich? Ich möchte dir etwas zeigen.«
Dieter nickte zustimmend und ging mit seinem Kollegen in die Diele. Als er die Tür hinter sich geschlossen hatte, gab Torben ihm zwei Briefbögen, die jeweils in transparenten Schutzhüllen steckten.
»Wo habt ihr die gefunden?«, fragte Dieter, nachdem er gelesen hatte, was darauf stand.
»Sie lagen zwischen dem Altpapier im Papiercontainer«, erwiderte Torben und grinste. »Ich denke, es handelt sich um zwei unterschiedliche Entwürfe des bereits vorliegenden Dokumentes. Leider, genau wie die letzte Fassung, nicht handgeschrieben. Ein Mal: Meine liebe Simone, danke für die Zeit mit Dir , und die andere : Meine liebe Simone, ich danke Dir für die Zeit, die wir miteinander verbringen durften !«
»Wurde das gleiche Papier verwendet, und stammen der Brief und die Entwürfe aus einem Drucker?«, wollte Margit wissen, die Dieter gefolgt war, ihm jetzt die Folien aus der Hand nahm und sie betrachtete.
»Das bleibt abzuwarten«, entgegnete Dieter skeptisch. »Auf den ersten Blick würde ich sagen, sie könnten aus demselben Drucker stammen, zumindest aus demselben Modell. Friedrichs wird sie sich ansehen und uns bald Genaueres dazu mitteilen können.« Er wandte sich an Torben. »Warum freust du dich dermaßen?«
»Sieht man mir meine Freude an?«
»O ja!«
»Der Altpapiercontainer war schnell durchforstet. Vermutlich wurde er am letzten Donnerstag, also am 14. April geleert.«
»Wieso vermutest du, dass er gerade am Donnerstag das letzte Mal geleert wurde?«
»Die älteste Zeitung stammt vom 15. April, also vom letzten Freitag. Die Briefentwürfe müssten also nach dem Vierzehnten hineingelegt worden sein. Sagte Frau Schöllen nicht, ihr Mann habe das Haus seit Montag, dem 11. April, nicht mehr betreten?«
»Bingo!«, freute Dieter sich. »Die Befragung wird auf dem Revier fortgesetzt.«
»Richard Wanner wird uns auch begleiten?«, fragte Torben.
Dieter nickte. »Wir nehmen sie uns einzeln vor. Zuerst sprechen wir mit Simone Schöllen.«
*
Marianne Wanner hatte Inga und Paula im Obergeschoss eine Kommode gezeigt, auf die farbig lackierten Schubladen gewiesen und die Mädchen gebeten, einen Blick hineinzuwerfen. Die altertümliche Holzkommode war seit dem Tod der Zwillinge nicht mehr geöffnet worden. Sie enthielt die unterschiedlichsten Bastelutensilien, deren Anblick bei Simones Kindern sofort einen wahren Begeisterungssturm ausgelöst hatte.
Wenig später breitete Marianne Stifte und farbiges Tonpapier auf dem Küchentisch aus und forderte Inga und Paula auf, ein schönes Bild für die Mama zu malen. Nur mit Mühe konnte sie die Tränen zurückhalten, weil sie ganz plötzlich Suse und Bine vor Augen hatte, die oft am selben Platz gesessen hatten wie Simones Kinder in diesem Augenblick. Sie hatten, wenn sie sich unbemerkt glaubten, über Christina gesprochen und überlegt, was sie tun könnten, damit die Mama wieder gesund wurde.
Als Volker sie von seinem Handy anrief und ihr berichtete, dass er auf dem Weg nach Lingen sei, wo man Richard und Simone erneut vernehmen wolle, ließ sie die Kinder allein, ging mit dem Telefonhörer in der Hand in den Wintergarten, nahm eine Porträtaufnahme ihrer Schwiegertochter von der Fensterbank und setzte sich in einen Korbstuhl.
»Ich habe ihnen nachdrücklich geraten, den Kriminalbeamten vorerst keine weiteren Auskünfte zu geben«, sagte Volker.
Marianne legte das gerahmte Foto auf ihren Schoß und fuhr sanft mit dem Zeigefinger über das Glas, während sie mit unnatürlich schriller Stimme fragte: »Ich begreife das nicht! Das ist verrückt! Was verspricht man sich von dieser absolut unnötigen Aktion?«
»Ich möchte dich nicht unnötig beunruhigen, Marianne, aber es gibt einige Ungereimtheiten, die das Verhalten der Beamten durchaus rechtfertigen.«
»Ja?«, fragte Marianne, den Blick auf Christinas sanfte Augen geheftet, die sie ruhig und allwissend aus einem Gesicht anblickten, das Marianne beinahe so vertraut war wie das eigene.
»Simone hat Schöllens Abschiedsbrief bereits am frühen Morgen im Briefkasten vorgefunden, noch bevor sie Inga in den Kindergarten gebracht hat, aber erst Stunden später
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