Der Puppenfänger (German Edition)
dir miserabel.«
Dieter nickte. »Niemand kennt mich so gut wie du. Du weißt, wenn man in den ersten 48 Stunden nach einem Verbrechen keinen roten Faden findet, an dem man sich entlanghangeln kann, wird es schwierig. Bin ich ehrlich, muss ich eingestehen, dass ich überhaupt keinen sehe. Möglicherweise wird es mir auch …«
Dieter brach ab, als Jennifer, die Bedienung, an den Tisch trat. Er gab lächelnd die Bestellung auf und wartete, bis die junge Frau gegangen war. »Möglicherweise finden sich tatrelevante Spuren in Schöllens Fahrzeug, das wir ja Gott sei Dank am Samstag sicherstellen konnten.«
»Das Schleifenband mit dem ungewöhnlichen Spruch stammt aus einem Nordhorner Blumengeschäft. Die Besitzerin konnte den Kunden, der die Bestellung aufgegeben hat, nur äußerst notdürftig beschreiben. Er ist nicht sehr groß und trägt eine Brille«, verriet Heide ihm.
»Klasse«, Dieter lächelte ironisch. »Mal ganz abgesehen davon, dass ich mir von deiner Friedhofsspur ohnehin nicht viel versprochen habe, frage ich mich, wie viele mittelgroße Brillenträger Deutschland bevölkern und Niedersach…«
»Thomas Orthes trägt eine Brille, ebenso Richard Wanner«, schnitt Heide ihm das Wort ab.
»Wer – zum Teufel – ist Thomas Orthes?«
»Thomas Orthes hat Marianne Wanners Apotheke gepachtet. Er ist ihr Neffe und damit auch Richard Wanners Cousin.«
»Daraus«, versuchte er, zu scherzen, »können wir schließen, dass das Brilletragen bei den Wanners und Orthes wohl eine erbliche Komponente hat. Es liegt also sozusagen in der Familie.«
»Ich war heute Vormittag noch einmal bei Beate«, berichtete Heide. »Genauer gesagt: Ich habe mir den Eintritt in ihr Haus ertrotzt.«
»Wie stellt man das an, ohne eine Waffe einzusetzen?«, foppte Dieter. »Oder hast du die Pistole zwischen dem anderen Krimskrams in deiner Tasche gefunden und sie der Frau Buttenstett an den Kopf gehalten?«
Heide ignorierte seinen Einwand und sah ihn mit gerümpftem Näschen an. »Du hast tatsächlich keine Ahnung, wie man sich Zugang zu einer fremden Wohnung verschafft. Dabei funktioniert es auf die simpelste Art und ohne einen Hauch von Gewalt anzuwenden.«
»Tatsächlich?«, murmelte Dieter und beobachtete dabei Jennifer, die mit einem vollbepackten Tablett in beiden Händen und einem eindrucksvollen Hüftschwung über den holprig-steinigen Terrassenboden trippelte.
Heide folgte seinem Blick, schüttelte missbilligend den Kopf, verkniff sich aber vorerst eine abfällige Bemerkung über die bevorzugten Beobachtungsobjekte der Männer im Allgemeinen.
»Man legt den Zeigefinger auf den Klingelknopf und drückt ihn nach unten. So lange, bis irgendjemand die Tür öffnet, Herr Kommissar«, erwiderte sie.
Jennifer kam zu ihnen, lächelte, lobte das sommerliche Aprilwetter und stellte die Getränke auf den Tisch.
»Augen weg«, zischte Heide, nachdem die junge Schönheit sich abgewandt hatte und zum Nachbartisch trippelte. Dabei stieß sie mit der Absatzspitze ihres Pumps ein Mal kräftig gegen Dieters Wade.
Dieter ignorierte den Tritt gegen sein Bein und spielte den Verwunderten. »Wie macht sie das?«
»Wie macht sie was?«
»Wie gelingt es diesem jungen Mädchen, einen ganzen Tag auf diesen wahnsinnsdicken Sohlen herumzustolzieren und über den holprigen Bodenbelag zu tänzeln, ohne sich die Haxen zu brechen.«
»Du hast dir Gedanken über Plateauschuhe gemacht und dich um ihre Gesundheit gesorgt, während sich deine Augen zufällig auf ihrem Po ausruhten und dort Urlaub machten?«
»Ja.«
»Dafür habe ich Verständnis«, frotzelte Heide. »Du bist so ein verflixter Mach…«
»Mir geht es heute nicht sehr gut«, schnitt Dieter ihr das Wort ab und sah sie aus ernsten Augen an. »Du darfst mich heute nicht auf die Schippe nehmen.«
»Ich weiß«, erwiderte Heide. »Du hast seit Freitag kaum geschlafen. Trotzdem kommt ihr im Mordfall Laxhoff nicht voran, und das bereitet dir große Sorgen.«
»Erzähle mir von Beate Buttenstett.«
»Ich finde Beates Verhalten – merkwürdig.« Sie machte ein nachdenkliches Gesicht und fügte hinzu: »Hysterisch! Genau. Sie verhält sich hysterisch.«
»Ich habe sie mittlerweile kennengelernt und weiß, was du meinst, wenn du sagst, sie verhalte sich merkwürdig. Ich stimme dir zu. Frau Wanner erzählte übrigens, dass Frau Buttenstett Richard Wanners Verhältnis zu Simone Schöllen niemals gutheißen würde. Er war früher enger mit Beate befreundet und hat ihr diese Freundschaft
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