Der Puppenfänger (German Edition)
gesucht − und wie sinnvoll war die Suche nach Fremdspuren an einem Haufen Blech?, schoss es ihm durch den Kopf.
»Zusätzlich möchte ich anmerken, dass der Cayenne zu diesem Zeitpunkt bereits auf Schöllens Namen zugelassen war«, ergänzte Torben. »Schöllen hatte ihn acht Wochen zuvor gekauft, könnte also in diesen Verkehrsunfall verwickelt gewesen sein. Allerdings dürfte es schwierig werden, herauszufinden, ob er seinen Wagen nach dem 12. April 2009 wegen eines Blechschadens in die Reparatur gegeben hat. Ich würde trotzdem gerne dranbleiben und meine Fühler ausstrecken.«
»Mach das«, stimmte Dieter zu. Er griff in die Innentasche seiner Lederjacke und nahm die Fotografien heraus, die Heide ihm bereits am Samstagabend ausgedruckt hatte, blätterte sie durch, reichte Torben eine davon und gab Wilhelm die anderen. »Auf Alexandra Rosenbrings Grab lag am Wochenende dieses Grabgesteck. Was nichts Besonderes ist. Auffällig ist auch nicht die Schleife, sondern vielmehr der Spruch, mit dem sie bedruckt wurde.«
»Begreife ich nicht«, sagte Anton, als er sich eine der Fotografien ansah. »Wer hat die Aufnahmen gemacht?«
»Das ist unerheblich«, erwiderte Dieter. »Vor allen Dingen, weil wir bisher nicht …«
»Schau einer an, die Füchsin«, unterbrach Karel Friedrichs ihn.
»Deine letzte Bemerkung habe ich überhört, Friedrichs.«
»Sonst gibt es Kloppe«, fügte Karel amüsiert hinzu.
»Oder noch Schlimmeres«, ergänzte Dieter.
»Worin besteht die Verbindung zu unserem Fall?«, hakte Anton nach.
»Das möchten wir gerne herausfinden«, sagte Michel Haila, mit dem Dieter bereits über den Grabschmuck gesprochen hatte. Es würde ein sehr langer, arbeitsreicher Abend werden, aber sie kamen voran. An Schlaf war ohnehin nicht zu denken, und Jenny hatte er bei seiner Schwester untergebracht.
*
Sandra Bochmann, eine schlanke Mittdreißigerin mit sehr wachen graublauen Augen und brünetten, kurzgeschnittenen Locken, wohnte in einem gepflegten Reihenhaus nahe der Ems. Sie begrüßte Heide freundlich, bat sie gleich in den Wohnraum und bot ihr einen Platz an einer riesigen, langen Tafel an, die dem Anschein nach nicht nur als Esstisch benutzt wurde, sondern auch als Arbeitstisch für die unterschiedlichsten Tätigkeiten. Ein Drittel der Holzplatte war mit Zeitungspapier bedeckt, auf dem junge Künstler ihre Tusche- und Knetarbeiten ausgebreitet hatten. Der mittlere Teil diente Frau Bochmann offensichtlich als Schreibtisch. Heide sah darauf einen Stapel Hefte, einen roten Korrekturstift und eine Zensurenliste. Am hinteren Ende hatte die Hausherrin zwei Gedecke, eine Teekanne und eine Schale mit Gebäck aufgetischt. Heide setzte sich auf einen von zwölf unterschiedlichen Jugendstilstühlen und schaute sich neugierig um. An den beiden fensterlosen Längsseiten des Raumes waren vollgestellte, deckenhohe weiße Bücherregale angebracht, die in dieser Form und Farbe bereits seit Jahrzehnten der Verkaufsknüller einer bekannten schwedischen Möbelkette waren. Durch eine Glasfront an der Schmalseite des Zimmers blickte Heide auf eine Rasenfläche und eine fest eingebaute, geklinkerte Sitzgruppe mit einem Steingrill. Der Platz wurde rundum von großzügig angelegten Staudenbeeten eingerahmt. An unterschiedlich hohen Holzgittern, die hinter den Beeten angeordnet waren, kletterten Efeu und blätterlose Rankpflanzen hoch, die das erste knospende Frühlingsgrün ahnen ließen.
»Unser Garten, der Spielplatz meines Mannes«, sagte Sandra Bochmann, der Heides Interesse nicht entgangen war, und lächelte. »Er verbringt jede freie Minute in seinem Minireich.« Sie schenkte Tee ein und hielt Heide die Gebäckschale hin. »Ihre Mitarbeiterin Frau Schneider sagte, dass Sie mit mir über Alexandra Rosenbring sprechen möchten, aber sie verriet mir nicht, warum.« Heide lehnte die angebotenen Plätzchen ab, nippte an ihrem Tee und überlegte, was und wie viel sie über Schöllen erzählen sollte. Sie stellte die Tasse ab und sah Sandra Bochmann direkt an. »Während einer Recherche, die ich in einer Vermisstensache durchführe, bin ich ganz zufällig auf den Namen Alexandra Rosenbring gestoßen. Leider musste ich feststellen, dass jede Person, bei der ich mich nach ihr erkundige, eine Wand aufbaut oder mich anlügt. Dieses Verhalten macht mich zwangsläufig misstrauisch, zusätzlich kitzelt es meine Neugierde.«
»Was wissen Sie?«
»Ich habe erfahren, dass Alexandra im Mai 1974 geboren wurde und im Alter von 18 Jahren,
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