Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Purpurkaiser

Titel: Der Purpurkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbie Brennan
Vom Netzwerk:
festzuhalten, und das Reich darüber vor die Hunde gehen lassen. Wie konnte er so in die Fußstapfen seines Vaters treten?
    Die Schritte kamen näher.
    Es war seltsam. Er glaubte, dass Gnoma die Toten ins Leben zurückholen konnte – deshalb war er ja hier, deshalb hatte er ihm ja… hatte er ihm ja… Aber zugleich glaubte er es nicht, nicht ernsthaft. Tot war tot. Das ließ sich doch nicht rückgängig machen. Sobald man den Stasiszauber aufhob, zerfiel der Leichnam seines Vaters rasch zu Staub. Da kam man nicht drum herum, mit keinem Zauberspruch der Welt.
    Und doch glaubte er an Gnoma. Und da kam etwas näher.
    Die Schritte hatten den obersten Treppenabsatz erreicht und kamen nun den Flur entlang. Vielleicht war es ja Gnoma, der kam, um sein Versagen einzugestehen. Voller Ausreden, voller Gründe, warum er sein Geld trotzdem behalten durfte.
    Warum bewegte er sich so langsam? Fast wie bei einer Prozession. Ein Schritt… noch ein Schritt… und noch einer… Er zögerte nicht, er hinkte nicht, er stolperte nicht, er war einfach nur erbärmlich, entsetzlich lahm.
    Lahm oder nicht, die Schritte waren jetzt ganz nahe. Pyrgus konnte sich die Gestalt im Flur vorstellen, und es war nicht Gnoma, den er vor seinem geistigen Auge sah.
    Was hatte er getan?
    Ein dunkler Umriss füllte den Türrahmen. Apatura Iris betrat den Raum.
     
    Apatura, einstmals der Kopf des Hauses Iris, ehemaliger Purpurkaiser des Elfenreichs und geistiges Oberhaupt der Kirche des Lichts, Vater von Pyrgus Malvae, war ein eindrucksvoller Mann gewesen; nicht im eigentlichen Sinne gut aussehend – dafür waren seine Gesichtszüge zu derb –, aber voller Charisma. Er hatte sich mit Würde und Eleganz gehalten.
    Nun war er ein Monstrum. Sein Rückgrat war gekrümmt, jetzt, da das Licht entfernt worden war. Kein Wunder, dass er so langsam ging – er konnte sich kaum aufrecht halten und sein Körper schien von üblen Schmerzen gemartert. Aber am entsetzlichsten war sein Gesicht. Das Wachs, mit dem die Leichenbestatter es wieder hergestellt hatten, war mit seinen ersten Bewegungen abgefallen und hatte nahezu den gesamten Kopf als eine einzige blutige, offene Wunde entblößt. Ein Auge war noch intakt, glitzerte dunkel aus dem zerfetzten Fleisch. Der Mund war kaum mehr als ein klaffender Riss.
    »Vater«, flüsterte Pyrgus. Aber das, was da vor ihm stand, war nicht mehr sein Vater. Das war lediglich seine irdische Hülle, in der dunkle Mächte wirkten.
    Das Ding bewegte sich auf ihn zu und auf einmal bildete er sich ein, den Gestank verwesenden Fleisches riechen zu können. Es streckte eine Hand aus, die Finger gekrümmt wie Klauen.
    Was hatte er getan? Was hatte er nur getan?
    »Töte mich«, sagte Apatura Iris.
     

Einhundert
     
    » U nd warum hast du es nicht getan?«, wollte Blue wissen. »Warum hast du ihn nicht sofort wieder getötet?«
    »Weil ich nicht konnte«, sagte Pyrgus schlicht.
    »Aber – «
    Pyrgus schien von irgendwoher neue Kraft zu nehmen. »Jetzt pass mal auf, Blue. Er mag in ein Monster verwandelt worden sein, aber vor mir stand trotzdem immer noch unser Vater. Wie hätte ich ihn töten können? Ich hatte ihn doch gerade erst wiedererwecken lassen. Ich wusste doch nicht, was passieren würde. Ich konnte doch nicht ahnen, dass Gnoma zu Hairstreak gehen würde, ich hatte doch keine Vorstellung davon, wie schlimm das alles enden würde. Ich dachte, ich könnte ihn nach Hause zurückholen, und die Heiler würden ihn wieder in Ordnung bringen – du weißt schon, sein Gesicht und alles andere, und dann wäre er wieder der Alte. Er wäre wieder der Kaiser und alles wäre wieder wie vorher.«
    »Aber du hast ihn nicht nach Hause gebracht.«
    »Gnoma hat gesagt, dass der Prozess noch nicht abgeschlossen sei – der Wiedererweckungsprozess. Er sagte, es sei zu gefährlich…«, Pyrgus holte langsam, zitternd Luft, »… zu gefährlich, Papa frei herumlaufen zu lassen, bevor sich alles stabilisiert hatte. Also hab ich ihn bei Gnoma gelassen.«
    »Und Gnoma hat ihn zu Hairstreak geschafft.«
    Pyrgus nickte kläglich. »Ja.«
    Nach einer Weile sagte Blue: »Ich frage mich, wie sie es hingekriegt haben, dass er wieder wie früher aussah.«
    Pyrgus zuckte die Schultern. »Mit einem Illusionszauber. Ich glaube, ein bisschen was ist auch geheilt. Aber es wollte nicht halten. Außerdem hat Hairstreak die Operation arrangiert. Sie wollten ihm einen Wangaramas transplantieren.«
    Blue starrte ihn an, während es ihr langsam dämmerte. Der Wurm

Weitere Kostenlose Bücher