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Der Purpurkaiser

Titel: Der Purpurkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbie Brennan
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Nachtelfenvolk beitrug.
    Hamearis verbeugte sich. »Seid gegrüßt, Prinz Pyrgus. Ich habe Euch zu danken, dass Ihr mir zu so fortgeschrittener Stunde die Gunst einer Audienz gewährt.« Er hatte die gelbbraunen Augen eines Haniels, mit denen er Blue jetzt ansah. »Durchlauchtigste Hoheit.«
    Blue neigte leicht den Kopf. Sie war froh, dass Pyrgus so viel Verstand bewiesen hatte, sie zu diesem Treffen mitgenommen zu haben. Hamearis wirkte zwar seriös, aber er war gefährlich wie eine Viper und schlau wie eine Ratte.
    Pyrgus sagte kühl: »Da die Stunde fortgeschritten ist, Exzellenz, würde ich es sehr zu schätzen wissen, wenn Ihr ohne Umschweife zum Anlass Eures Besuches kommt.«
    »Selbstverständlich«, sagte Hamearis ruhig. »Aber gestattet mir zunächst, Euch Empfehlungen und Grüße meines Freundes und Kollegen Lord Hairstreak auszurichten, der mich ausdrücklich gebeten hat, mich nach Eurem Wohlbefinden und dem Eurer Schwester zu erkundigen.«
    »Mir geht’s gut. Und meiner Schwester auch.«
    Aus ihrem Bruder würde im Leben kein Diplomat werden. »Bitte übermittelt Lord Hairstreak unsere Grüße«, sagte Blue, »und verleiht unserer Hoffnung Ausdruck, dass auch er sich bester Gesundheit erfreut.«
    »Und jetzt kommt zur Sache«, verdarb Pyrgus alles wieder.
    Falls Hamearis daran Anstoß nahm, so ließ er es sich nicht anmerken. Im Gegenteil, er lächelte. »Wie Ihr wünscht, Kronprinz.«
    Blue hatte auf einmal das drängende Gefühl, dass ihnen etwas Schreckliches bevorstand. Das Gefühl war so stark, dass sie am liebsten aufgeschrien und Hamearis Lucina am Weiterreden gehindert hätte. Aber ihre Zunge war wie gelähmt.
    Hamearis dagegen sagte feierlich: »Kronprinz Pyrgus, Euer Vater, der Purpurkaiser, hat einen Vertrag mit Lord Hairstreak in seiner Funktion als Vertreter der Nachtelfen geschlossen. Darin stimmt der Purpurkaiser zu, dass die Regierungsgeschäfte aufgrund seiner kürzlichen und andauernden Erkrankung von seinem Sohn Comma übernommen werden sollen und dieser bis zum Erreichen seiner Mündigkeit in allen Angelegenheiten durch Lord Hairstreak beraten wird, dem die Funktion des Reichsverwesers zu übertragen ist.« Hamearis zog eine Schriftrolle aus der Tasche seines Umhangs und hielt sie Pyrgus hin. »Ich bin beauftragt, Kronprinz, Euch eine Abschrift dieses Vertrages auszuhändigen, die mit dem Kaiserlichen Siegel versehen und von Eurem Vater, dem Regierenden Purpurkaiser, eigenhändig unterzeichnet worden ist, in der sicheren Gewissheit und Erwartung, dass Ihr und sämtliche Mitglieder der Kaiserlichen Familie nebst Haushalt sich an die darin ausgeführten Regelungen halten werdet und Prinz Comma und Lord Hairstreak jedwede Hilfe und Unterstützung angedeihen lasst, derer sie in der Ausübung ihrer Pflichten bedürfen.« Als Pyrgus keine Anstalten machte, die Rolle entgegenzunehmen, ließ Hamearis sie ihm vor die Füße fallen.
    »Herzog!«, entfuhr es Blue, »unser Vater ist tot!« Was dieser Mann da gerade gesagt hatte, war grausam, makaber, verletzend, abscheulich –
    Hamearis leckte sich die Lippen. »Durchlauchtigste Hoheit«, sagte er feierlich, »es ist mir eine angenehme Pflicht, Euch davon in Kenntnis zu setzen, dass Euer glorreicher Vater durchaus am Leben ist.« Er machte eine Handbewegung.
    Die verhüllte Gestalt hinter ihm trat drei Schritte vor und warf die Kapuze zurück.
     

Dreiundzwanzig
     
    » D as war nicht Papa!«, sagte Blue heftig.
    Pyrgus schwieg.
    »Das kann nicht unser Vater gewesen sein – Papa ist tot! Ich hab selbst gesehen, dass er nicht mehr am Leben war!« Sie konnte nicht still stehen und lief erregt im Nebengemach auf und ab. Sie hatte Tränen in den Augen. »Das war nicht Papa! Das kann nicht sein! Es kann einfach nicht sein!« Sie zögerte. »Er war es nicht, Pyrgus, oder?«
    »Er sah aber aus wie Papa«, sagte er matt.
    Sie sah es immer noch vor sich: wie die Kapuze zurückglitt, sich in Falten legte. Sie sah immer noch die Augen ihres Vaters vor sich, die auf sie gerichtet waren. Sie sah die hastigen Wiederherstellungsmaßnahmen, mit denen man versucht hatte, die schlimmsten Verwüstungen in seinem Gesicht, verursacht durch die Waffe aus der Gegenwelt, zu beheben.
    »Es könnte ein Doppelgänger sein«, sagte sie. Ihr fiel auf, dass ihre Hände zitterten. »Irgendjemand, der ihm ähnlich sieht. Oder ein Illusionszauber. Irgendetwas, das Hairstreak und Hamearis miteinander ausgeheckt haben. Ihnen ist so was zuzutrauen. Hairstreak würde alles tun

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