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Der Purpurkaiser

Titel: Der Purpurkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbie Brennan
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es Pyrgus. »Bitte verzeihen Sie, Madame Cardui.«
     

Neununddreissig
     
    D ie Frau auf dem Stuhl bei der Tür war schlank und sehr dunkelhäutig und Henry war sich bewusst, dass sie ziemlich gut aussah, bis auf ihre Augen vielleicht, die sehr merkwürdige Pupillen hatten. Sie saß dort mit einer Seelenruhe, die ihm total unheimlich war. Sie musste schon die ganze Zeit dort gesessen und ihn beobachtet haben – während er bewusstlos gewesen war, während er zu sich gekommen war, während er schwankend aufgestanden war und versucht hatte nicht wieder umzufallen. Sie beobachtete ihn auch jetzt, mit Augen so dunkel wie Schlehen, und er fühlte sich wie ein Kaninchen vor der Schlange.
    Dann lächelte sie und Henrys Angst verschwand. Ihr Gesicht erhellte sich von einer Freude, die er fast mit Händen greifen konnte. »Du musst einer von Blues jungen Freunden sein«, sagte sie.
    »Geht es ihr gut?«, fragte Henry sofort.
    »Sie sollte mittlerweile sicher in Haleklind angekommen sein«, erklärte die Frau verträumt. »Du musst ein sehr enger Freund von ihr sein, wenn ich dich hier in ihrem Gemach antreffe.«
    Henry wurde knallrot. »Eigentlich bin ich ein Freund von Pyrgus«, sagte er rasch. Was stimmte. Er fragte sich, ob er versuchen sollte, ihr das mit dem Portal und dem fehlenden Filter und der Spinne zu erklären, entschied sich aber dagegen. Besser die Sache nicht so kompliziert machen. »Ich, äh, wollte zu seinen Gemächern und… dann war ich auf einmal hier.« Was fast die Wahrheit und nicht einmal gelogen war.
    »Dann bringe ich dich doch am besten zu Pyrgus’ Gemächern. Es ist nur ein Stück weiter, ein kleines Stück weiter. Gar nicht so weit.« Sie stand auf und wartete, sah ihn an.
    »Ja. Danke. Ja, das wäre… gut.« Er versuchte, sich darüber klar zu werden, wer die Frau sein mochte. Vielleicht eine Bedienstete oder eine Hofdame – Blue hatte einiges an Personal, das wusste er –, aber so, wie sie angezogen war, sah sie nicht gerade wie eine Bedienstete aus und eigentlich auch nicht wie eine Hofdame. Ihr Gewand sah nach Seide aus, jedenfalls nach schrecklich viel Geld, und es war purpurfarben. Er war sich nicht ganz sicher, aber er glaubte, dass die Farbe Purpur den Mitgliedern der Kaiserlichen Familie vorbehalten war. Auf eine plötzliche Eingebung hin sagte er: »Ich glaube, wir kennen uns noch nicht. Ich heiße Henry Atherton.« Er streckte die Hand vor und wartete.
    »Ich bin Quercusia«, sagte die Frau. Sie nahm ihn bei der Hand und zog ihn sanft aus dem Zimmer. »Die Elfenkönigin.«
     
    Henry hatte gar nicht gewusst, dass es eine Elfenkönigin gab. Und selbst jetzt konnte er sie nicht so recht einordnen. Die Mutter von Pyrgus und Blue war tot, das wusste er, also konnte sie nicht die Frau des alten Kaisers sein. Und dessen Mutter schon gar nicht, dafür war sie definitiv zu jung. Wer war diese Frau? Vielleicht war sie eine Tante, die über einen Teil des Elfenreiches herrschte. Oder vielleicht war es so eine Art Ehrentitel, der eigentlich gar nichts weiter bedeutete.
    Henry kam sich blöd vor, wie er so an der Hand herumgeführt wurde.
    Quercusias Hand war klein und schmal und sehr, sehr kühl. Tatsächlich war sie sogar richtig kalt, als ob Quercusia gerade aus einem Schneesturm ins Haus gekommen wäre.
    Sie passierten einen Durchgang, neben dem zwei mürrisch dreinblickende Wachen zackig Haltung annahmen und vor Quercusia salutierten. Was ihr Titel auch zu bedeuten hatte, sie kannte sich jedenfalls im Palast aus. Henry warf einen Blick zurück zu den Wachen und sah gerade noch einen merkwürdigen Ausdruck auf ihren Gesichtern. Wenn er es nicht besser gewusst hätte, hätte er schwören können, dass sie sich fürchteten.
    Pyrgus benutzte jetzt die Räumlichkeiten, die vor dem Attentat sein Vater bewohnt hatte. Sie waren ebenfalls bewacht und die Dienst habenden Männer salutierten ebenso zackig, aber ihre Gesichter waren ausdruckslos. Quercusia schob die Tür auf und führte ihn hinein. Henry sah sich nach Pyrgus um, aber er war nirgendwo zu sehen.
    Henry zog seine Hand zurück und ging zum Kaminsims hinüber, wo er so tat, als betrachtete er die Dekorationsstücke. Das kleine, gerahmte Bildnis einer Biene kam ihm merkwürdig vor; es sah nicht aus wie bemalte Leinwand, sondern wie tätowierte Menschenhaut. Henry war froh, etwas Abstand zwischen sich und Quercusia gebracht zu haben. Irgendwie fühlte er sich unwohl in ihrer Gegenwart.
    Er sah sich um und stellte fest, dass sie ihn gütig

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