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Der Purpurkaiser

Titel: Der Purpurkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbie Brennan
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fragte sich, ob sie für Königin Quercusia arbeiteten, fragte sich, ob sie sich denken konnten, dass er ein entflohener Sträfling war. Schließlich schluckte er und sagte etwas einfältig: »Ich komme mir ein bisschen verloren vor.«
    »Dann sehen wir besser zu, dass du dich wiederfindest«, sagte eine der Frauen und schmunzelte.
     

Sechsundfünfzig
     
    E s war alles irgendwie peinlich, aber auch sehr nett. Die Frauen brachten ihn in ein kleines Zimmer mit einer riesigen eingelassenen Badewanne, die mit herrlich schaumigem, dampfendem, duftendem Wasser gefüllt war, und bestanden darauf, dass er ein Bad nahm. Sie verließen das Zimmer nicht, während er sich auszog, drehten ihm aber den Rücken zu, und als er in den Schaum eintauchte, fragte er sich, ob sie ihm vielleicht auch noch in der Wanne behilflich sein wollten. Irgendwie hoffte er das und hatte zugleich Angst davor. Aber sie nahmen nur seine schmutzigen Sachen mit.
    Henry lag in der Wanne und merkte erst jetzt, wie erschöpft er war. In dem Wasser war irgendetwas – ein Kräuterzusatz vielleicht –, der ihm die Anspannung aus den Muskeln zog. Manche taten ihm weh, was nicht weiter überraschend war, wenn man bedachte, dass er auf die Größe eines Schmetterlings geschrumpft und fast in der Kanalisation ertrunken war, aber auch diese Schmerzen wichen langsam, aber sicher. Er wackelte mit den Zehen und dachte an Blue. Witzig. Als er sie zum ersten Mal gesehen hatte, hatte sie auch in so einem Bad gelegen. Im Beisein ihrer Zofen. Seine Badewanne stand zwar nicht im Freien, aber Zofen hatte er auch, sozusagen. Er fragte sich, wohin sie gegangen waren.
    Er tauchte rasch weiter unter, als eine von ihnen mit einem Stapel Handtücher hereinkam, auf dem etwas Buntes lag. Sie waren sehr unterschiedlich, diese Frauen, unterschiedlich alt, unterschiedlich groß, unterschiedlich in ihrem Aussehen, aber alle gingen sie auf die gleiche Weise, total anmutig, und alle trugen sie diese unglaublichen Kleider – Gewänder nannte man sie wohl –, total unglaublich, wie die sich… hm… anschmiegten und mitbewegten. Und supernett waren die Frauen auch. Alle waren sie supernett zu ihm, auch wenn sie keinen Sinn für Privatsphäre hatten.
    »Hab dir frische Kleider mitgebracht«, sagte die Frau und legte den kleinen Stapel an den Wannenrand. Sie lächelte ihn an. »Komm herüber, wenn du fertig bist. Wir finden bestimmt auch etwas zu essen für dich.«
    Henry sah ihr nach, als sie wieder ging. Ihr letzter Satz hallte in ihm nach. Eben hatte er noch ganz entspannt dagelegen, den Kopf auf dem Wannenrand, und war langsam in den Schlaf hinübergedämmert. Nun war er plötzlich am Verhungern.
    Er stieg aus der Wanne und trocknete sich rasch ab. Es musste irgendetwas im Wasser gewesen sein – oder sie hatten etwas auf die Handtücher gesprenkelt –, denn die Erschöpfung fiel sofort von ihm ab. Der Hunger dagegen blieb.
    Seine eigenen Sachen hatten sie ihm nicht wiedergebracht, sondern ein Outfit aus bunter Seide, das schwer nach einer Gauklerkostümierung aussah. Er suchte nach Unterwäsche, aber es gab keine, nur Hemd, Hose und Socken. Da es hieß, diese Klamotten oder keine, zog er die Hose an, was sich komisch anfühlte ohne Unterhosen, dann das Hemd. Als er nach den Socken griff, war er plötzlich wieder voller Tatendrang und Zuversicht.
    Das Gefühl war ungewohnt, aber eindeutig. Solche Sachen zog er normalerweise nicht an – zu bunt und ein bisschen mädchenmäßig –, aber irgendwie fühlte er sich darin richtig gut. (Er zog den rechten Socken an.) Männlich und heldenhaft. Na ja, jedenfalls so ähnlich… (Er zog den linken Socken an.) Ihm gefiel die Art, wie sich der Stoff mit ihm mitbewegte. Irgendwie fand er, dass er gut darin aussah. Jedenfalls besser als in dem ollen BABE-MAGNET-T-Shirt, wobei er in dem Outfit hier ja vielleicht wirklich ein bisschen was von einem Mädchenschwarm hatte.
    Die Stiefel waren das Merkwürdigste. Sie waren dunkelbraun, gingen bis knapp unters Knie, waren aber komplett aus derselben Seide wie das Hemd und die Hosen. Selbst die Sohle bestand nur aus ein paar zusätzlichen Lagen Seidenstoff, und es fühlte sich an, als hätte er ein Kissen unter den Füßen. Auf Steinboden hielten die wahrscheinlich keine fünf Minuten, aber darüber konnte er sich später den Kopf zerbrechen. Auf jeden Fall waren sie erst mal so bequem wie ein Paar Mokassins.
    Als er aus dem Badezimmer trat, fühlte er sich immer noch gut.
    Die Frauen warteten schon

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