Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Puzzlemoerder von Zons

Der Puzzlemoerder von Zons

Titel: Der Puzzlemoerder von Zons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Shepherd
Vom Netzwerk:
Zollturm, von manchen auch Rheintor genannt, erhalten war. Das Feldtor auf der Westseite, das Südtor und das östliche Tor an der Burg Friedstrom gab es heute nicht mehr. Aber im 15. Jahrhundert waren diese vier Tore der einzige Zugang zur Stadt Zons. Emily schloss daraus, dass Zons eigentlich eine besonders sichere Stadt gewesen sein müsste, jedenfalls nach den damaligen Maßstäben.
    Der alte Archivar erklärte ihr, dass die unterschiedlichen Längen der Stadtmauer im Verhältnis 6 zu 7 zu 8 zu 9 gebaut wurden und somit geometrisch betrachtet kein Rechteck, sondern ein Trapez ergaben. Genauer gesagt ein rechtwinkliges Trapez.
    „Was bedeutet die umgekehrte Waage hier unten auf dem Plan?“, fragte Emily den alten Archivar.
    Er runzelte die Stirn und rückte seine Brille zurecht.
    „Die umgekehrte Waage steht für das Umgedrehte.“
    Mit diesen Worten drehte er den Stadtplan auf den Kopf.
    „Sehen Sie, jetzt liegt der Norden im Süden.“
    „Ja“, antwortete Emily.
    „Doch welche Bedeutung soll das haben?“
    „Es wird vermutet, dass der Baumeister der Stadt Zons die Grundrisse der Mauern nach dem Sternbild des Raben oder Corvus errichtet hat. Dieses Sternbild ist eines der ursprünglichen Sternbilder aus der Liste von Ptolemäus. Der Rabe soll nach der griechischen Mythologie mit dem Becher des Apollo in Verbindung stehen. Sehen Sie mal hier“, erklärte ihr der Alte und holte eine zweite Karte heraus, auf der Sterne verzeichnet waren.
    „Das Sternbild des Raben grenzt südlich an das Sternbild der Wasserschlange, östlich an das Sternbild des Bechers und westlich an die Jungfrau.“
    Er strich mit den Fingern über die Karte.
    „Aufgrund der Gegebenheiten am Rhein, konnte man die Stadtmauern jedoch nicht ganz eins zu eins wie das Sternbild des Raben errichten, sondern man musste das Ganze um 180 Grad drehen. Also den Norden in den Süden. Dafür steht die umgekehrte Waage, hier am unteren Rand des Stadtplans.“
    „Das ist ja sehr beeindruckend!“, staunte Emily und der Alte strahlte über das ganze Gesicht.
    Er beugte sich noch ein wenig weiter zu Emily vor und fuhr fort:
    „Der alten griechischen Mythologie zufolge, schickte Apollo für eine Opfergabe an seinen Vater Zeus den Raben mit seinem Becher los, um von einer Quelle Wasser zu holen. Der Rabe kehrte allerdings nicht pünktlich zurück, sondern fraß sich unterwegs an einem Feigenbaum satt, bevor er Apollo das Wasser brachte. Um nicht bestraft zu werden, ergriff der Rabe an der Quelle eine Wasserschlange und brachte sie mit dem Wasserbecher zurück zu Apollo. Er belog Apollo, indem er behauptete, die Wasserschlange hätte ihm den Weg zur Quelle versperrt und deshalb hätte er so lange gebraucht. Apollo jedoch durchschaute diese Lüge und verbannte den Raben samt Becher und Wasserschlange an den Sternenhimmel. Warum er ihn neben das Sternbild der Jungfrau in den Himmel verbannte, ist nicht so ganz klar. Dazu gibt es viele Geschichten.“
    Emily war sichtlich beeindruckt vom Vortrag des Archivars und dieser rollte nun mit stolz geschwellter Brust die beiden Karten wieder zusammen. Er drehte sich um und ging in den Gang zurück, aus dem er die Karten hervor geholt hatte. Emily spürte plötzlich einen kühlen Luftzug und mit einem lauten Knall fiel die Tür des Archivs hinter ihr zu. Für einen Moment glaubte sie, vor Schreck einen Herzanfall zu bekommen. Erschrocken drehte sie sich um. Doch es war nichts zu sehen. Mit einem Mal spürte sie seinen feuchten Atem in ihrem Nacken. Panisch drehte sie sich wieder zurück und das hässliche Gesicht des alten Archivars war nun nur noch wenige Zentimeter von ihrem eigenen Gesicht entfernt.
    „Keine Angst, junge Dame. Wir haben neue Besucher bekommen, da fällt diese Tür schon einmal zu“, flüsterte ihr der alte Archivar fast sabbernd ins Ohr.
    Er hatte sich offenbar blitzschnell von hinten an sie herangeschlichen und ihr Herz schlug ihr nun bis zum Hals. Schnell sprang sie von ihrem Stuhl auf und ging in Richtung Tür. Der Alte lachte amüsiert und blickte sie aus lüsternen Augen an.
    „Vergesst Eure Kopien nicht, junge Dame.“
    Mit diesen Worten hielt er Emily zwei Blätter hin. Unsicher ging sie einen Schritt auf ihn zu und streckte ihre rechte Hand aus. Er gab ihr die Blätter und legte im letzten Augenblick, bevor sie ihre Hand wieder zurückziehen konnte, seine Hände auf die ihren. Emily zuckte zurück. Er grinste und kam einen Schritt näher.
    „Wenn Sie noch weitere Fragen haben,

Weitere Kostenlose Bücher