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Der Rabbi schoss am Donnerstag

Der Rabbi schoss am Donnerstag

Titel: Der Rabbi schoss am Donnerstag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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man sie richtig fest zuzieht.»
    «Und deswegen haben Sie zu ihm gesagt …»
    «Deswegen und wegen des Streits, den wir hatten. Wenn ich jemandem einen Auftrag gebe, erwarte ich, dass er ihn ausführt, genau wie ich ihn selbstverständlich dafür bezahlen werde. Er behauptet, ich habe ihm aufgetragen, die Tür abzuhobeln, und ich hielt ihm entgegen, ich habe ihm aufgetragen, die Tür zu richten. Und das bedeutet, dass sie funktionieren muss.»
    «Nun, ich kann nur sagen, ein Glück für Sie, dass ich hier war. Er war fürchterlich in Rage und wäre womöglich über Sie hergefallen.»
    «Ach, mit dem wäre ich schon fertig geworden», behauptete Billy überheblich.
    Beide Männer lachten, und Jordon sagte: «Du, Billy? Was hättest du schon tun können? Doble ist stark wie ein Bulle. Der könnte dich mit einer Hand hochheben.»
    «Ja, aber ich hab das bessere Argument.» Billy zerrte an seinem Gürtel und brachte mit einer geschickten Bewegung einen Revolver zum Vorschein.
    «Leg das verdammte Ding weg!», schrie Gore.
    «Bist du verrückt geworden?», brüllte Jordon. «Woher hast du den?»
    «Aus der Bank», gestand Billy zerknirscht. «Mr. Gore hat mich gebeten, als bewaffneter Begleitschutz mitzufahren, wenn er nachher das Silber ins Museum bringt.»
    «Du Idiot! Ich brauche keinen Schutz!» Gore wandte sich entschuldigend an Jordon. «Ich habe das nur aus Spaß gesagt, als ich ihn bat, heute Abend mitzufahren. Jeder weiß schließlich, dass das nichts weiter bedeutet, als einfach neben dem Fahrer zu sitzen.»
    «Weißt du nicht, dass du in diesem Staat ein Jahr Gefängnis kriegst, wenn du mit einer Kanone erwischt wirst, und dass keiner dich da rausholen kann?», tobte Jordon. Und verächtlich fuhr er fort: «Jedes Mal, wenn ich mir einbilde, du bist langsam erwachsen und wirst ein Mann, kommst du auf so eine Schnapsidee wie diese, und dann merke ich, dass du immer noch ein unreifer Bengel bist. Und jetzt leg den Revolver hier auf den Tisch und verzieh dich auf dein Zimmer. Ich schließe dich ein.»
    «So’n Mist!» Trotzdem legte der junge Mann die Waffe gehorsam auf den Tisch und trottete mit gesenktem Kopf, ohne die beiden Herren anzusehen, in sein Zimmer, wo er die Tür hinter sich zuzog.
    Ruhig drehte Ellsworth Jordon den Schlüssel im Schloss und kehrte dann zu seinem Lehnsessel zurück. Gore musterte ihn unsicher, ging ebenfalls zu Billys Tür und lauschte einen Moment. Dann gesellte er sich wieder zu dem Älteren.
    «Das war aber ziemlich hart», meinte Gore.
    «Hart? Ich hätte den Rohrstock nehmen sollen!»
    «Vielleicht wäre das besser gewesen, statt ihn wie ein Kind auf sein Zimmer zu schicken – vor allem in meiner Gegenwart. Schließlich sind Sie ja nicht sein Vater.»
    Der Alte schwieg. Der Schatten eines Lächelns spielte um seine Lippen. Dem Bankier, der das bemerkte, schoss plötzlich ein ganz wilder Gedanke durch den Kopf. «Oder doch?», fragte er. «Ist Billy Ihr Sohn?»
    Jordon lehnte den Kopf an das Polster seines Sessels und schloss die Augen.
    «Ist es das? Und wollten Sie, dass er bei mir in der Bank arbeitet, damit er den Umgang mit Geld erlernt?»
    «Sie werden lästig, Larry», murmelte der Ältere, ohne die Augen aufzumachen. «Verschwinden Sie. Die Schüssel liegt in der Schachtel neben der Tür. Nehmen Sie sie und verschwinden Sie. Dies ist meine Zeit für die Transzendentale Meditation.»
    «Und Billy? Wollen Sie ihn da drin lassen?»
    Immer noch mit geschlossenen Augen lächelte Jordon, ohne ein Wort zu sagen.
    Gore erhob sich und blickte unsicher auf das jetzt friedliche Gesicht seines Gastgebers hinab. Jordon atmete sehr langsam und regelmäßig, seine Lippen bewegten sich kaum wahrnehmbar beim Rezitieren seines Mantra. Schließlich griff Gore nach dem Paket.

18
    Lawrence Gore lenkte den Wagen langsam die Einfahrt hinunter und sah dabei aufmerksam von einer Seite zur anderen. Als er die Straße erreicht hatte, fuhr er zu seinem Haus am Stadtrand, um die Kartons mit dem Peter-Archer-Silber zu holen.
    Um acht Uhr befand er sich auf dem Highway nach Boston. Während des Fahrens überdachte er die Ereignisse des Abends. Er war jetzt fast sicher, dass Billy der Sohn von Jordon war. Und fragte sich nur, ob Billy es auch wusste, ob das der Grund für seine Fügsamkeit war. Er versuchte sich vorzustellen, wie er in Billys Alter gewesen war. Hätte er sich eine so strenge Behandlung gefallen lassen, wenn er bei einem Freund seiner Eltern zu Besuch gewesen wäre? Oder hätte er

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