Der Rache kaltes Schwert - Crombie, D: Rache kaltes Schwert - And Justice there is None
mit ihm verabredet. Aber je mehr Zeit verstrich, desto unruhiger war sie geworden, und als sie die Straße zu seinem Haus in der Sackgasse hochgegangen war, hatte sie sich zwingen müssen, ihre Schritte zu verlangsamen. Als sie angekommen war und festgestellt hatte, dass er nicht anders aussah als sonst, hatte sie eine geradezu lächerliche Erleichterung empfunden.
»Kaffee?«, hatte er mit munterer Stimme gefragt. »Ich verzichte lieber auf Alkohol, aber wenn du magst, kannst du gerne ein Glas Wein haben.«
»Nein, Kaffee ist schon in Ordnung.« Sie wusste nicht so recht, wieso er keinen Alkohol trinken wollte, und wollte auch nicht fragen, und er lieferte selbst auch keine Erklärung. Sie stand schweigend da, während er den Kaffee in seiner Maschine zubereitete, und dann sah sie voller Entsetzen zu, wie er eine seiner kostbaren Clarice-Cliff-Teekannen und zwei dazu passende Tassen auf ein Tablett stellte. Um Himmels willen, das waren doch keine Sachen, die man benutzte ! Wenn eine dieser Tassen kaputtging, landeten die Einnahmen eines ganzen Monats im Mülleimer.
»Alex, hast du den Verstand verloren? Du hast doch nicht ernsthaft vor, aus diesen Tassen zu trinken?«
»Warum denn nicht? Ich kann mich noch genau erinnern, wie du bei der Hochzeit deiner Freundin Alicia aus einer georgianischen Schale Bowle serviert hast.«
»Ja, aber das hier ist was anderes. Silber kann man nicht so leicht ruinieren. Aber dieses Material …«
»Wofür soll ich sie denn deiner Meinung nach aufheben? Ist dieser Anlass etwa nicht besonders genug?«
»Ach, komm schon. Wenn mich nicht alles täuscht, haben wir heute Morgen Kaffee aus Styroporbechern getrunken. Seit wann ist es ein besonderer Anlass, mit mir Kaffee zu trinken?«
»Jetzt ist es einer.«
Sie starrte ihn an und sagte: »Okay, Schluss mit dem Quatsch, Alex. Worum geht es hier eigentlich?«
Er wandte die Augen ab. »Das ist kein Quatsch. Ich meine, du kannst es ja schließlich nicht wissen, oder? Wenn vielleicht irgendetwas … Na ja, jedenfalls – da ist etwas, was ich dir sagen wollte, und es … es fällt mir nicht leicht. Ich habe mich noch gar nicht bei dir bedankt für das, was du letzten Samstag für mich getan hast. Ich weiß nicht, was ich gemacht hätte, wenn du nicht … Du hast dich wie eine gute Freundin verhalten, Fern, und ich habe mich abscheulich benommen. Dir und Jane gegenüber.«
Sie dachte darüber nach und sagte langsam: »Ja, da hast du wohl Recht. Aber in Anbetracht der Umstände …«
»Ich wollte nur, dass du es weißt, für den Fall, dass … Also, ich habe gelernt, dass es besser ist, nichts ungesagt zu lassen.«
»Was meinst du damit, ›für den Fall, dass …‹? Für welchen Fall?« Ihr Herz klopfte wie wild.
»Das hab ich nur so gesagt. Ich könnte ja morgen vor einen Bus laufen, das ist alles.«
»Alex, bist du jetzt okay? Ich meine, ist wirklich alles in Ordnung?«
»Ganz ehrlich?« Diesmal erwiderte er ihren Blick. »Ich weiß es nicht. Ich habe so was noch nie erlebt. Ich weiß nicht, wie ich mich fühlen sollte.«
»Vielleicht solltest du mit jemandem darüber sprechen. Du weißt schon … mit einem Fachmann.«
»Mit einem Psychiater?« Er lachte bitter. »Was würde das
denn bringen? Hör mal, da war noch etwas, was ich dich fragen wollte. Hast du jemals davon gehört, dass Karl Arrowood mit Drogen handelt?«
»Was?« Ihre Stimme überschlug sich vor Empörung. »Ich glaub’s einfach nicht, dass ausgerechnet du mir mit diesem Unsinn kommst, von wegen ›sie hat grüne Haare, also muss sie sich mit Drogen auskennen‹!«
»Natürlich nicht! Mensch, Fern, ich wollte dich doch nicht beleidigen. Aber du hast von klein auf in dieser Gegend gewohnt. Du weißt eine Menge über die Leute, du kriegst einfach viel mehr mit als ich.«
»Ja, das stimmt wohl«, antwortete sie, und ihr Zorn legte sich ein wenig. »Na ja, du weißt ja, wie Otto über Karl redet, aber er hat nie direkt was über Drogen gesagt. Aber … ich habe im Lauf der Jahre so das eine oder andere Gerücht gehört. Du weißt schon – dass Karl vielleicht einen Teil seines Geldes unrechtmäßig erworben hat. Aber es ist nicht so, als ob er rumläuft und den Kindern in der Colville-Schule Heroin andreht.«
»Du hast davon gewusst oder es zumindest geahnt, und hast mir nichts gesagt?«
»Als ob du mir geglaubt hättest! ›Ach, übrigens, Alex, der Mann von deiner neuen Freundin ist ein berüchtigter Drogendealer. ‹ Außerdem weiß ich ja gar nicht, ob es
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