Der Rache Suesser Klang
fragen.
»Nein, die schläft wahrscheinlich nur. Piks sie mal. Ich würde gerne eure Wiedervereinigung miterleben.« Dann lachte Sue. »Ach ja, geht ja nicht. Deine Fesseln sind etwas hinderlich. Dann mache ich es.« Sie griff nach hinten und tastete in der Luft, während Dana die Erkenntnis mit einer Wucht traf, die ihr beinahe den Atem raubte.
Evie war fort.
Entkommen.
Es war noch dunkel gewesen, als sie den Wagen gewechselt hatten, und Sue hatte es eilig gehabt. Hatte nicht nachgesehen. Evie war weg.
In Sicherheit.
Ein Gefühl des Triumphs überwältigte sie, aber sie kämpfte es zurück. Zog ein wütendes Gesicht. »Fass sie nicht an!«
Du sollst nicht merken, dass sie weg ist. Noch nicht.
Amüsiert zuckte Sue die Achseln und legte ihre Hand wieder aufs Lenkrad. »Ich werde bald viel mehr machen, als sie nur anfassen. Und du auch.«
Was eigentlich Entsetzen hätte sein müssen, wurde heißer Zorn, und wieder kämpfte Dana ihn nieder. Und ließ ihre Stimme ängstlich klingen. »Wovon sprichst du?«
»Das wirst du schon früh genug erfahren.«
»Wo ist Erik, Jane? Geht es ihm gut?«
»Durchaus«, sagte Sue fröhlich. »Ich würde mir an deiner Stelle eher Sorgen um mich selbst machen.« Sie wandte sich ihr zu, ihre Miene plötzlich verärgert. »Aber das tust du ja nicht, nicht wahr? Du bist viel zu sehr damit beschäftigt, dich in das Leben anderer einzumischen.«
Dana betrachtete Sues braun gefärbtes Haar.
Sie will Beverlys Ausweis noch immer benutzen,
dachte sie und spürte einen neuen Schub Wut. »Du hast dein Haar verändert.«
Sue wandte sich ihr wieder zu und klimperte mit den Wimpern. So dass ihre braunen Augen zu sehen waren, die einen Optiker das Leben gekostet hatten. »Auch die Augen. Ein ganz neues Ich.«
»Was hast du mit mir vor?«
Sue lachte. »Frag mich lieber, was ihr zwei euch gegenseitig antun werdet. Dein Mündel wird mit deiner Waffe erschossen, und man wird ein viertel Kilo bestes Kokain bei ihr finden. Du wirst mit aufgeschlitzter Kehle neben ihr liegen. Wenn man dann deine kleine Fälscherwerkstatt findet, können die Behörden bestimmt eins und eins zusammenzählen. Dana Dupinsky, Fälscherin und Dealerin, die ein Frauenhaus als Tarnung benutzt. Du und Evie habt euch die ganze Woche in den Haaren gelegen – deine ›Klientinnen‹ werden es bezeugen. Und ich denke, Scarface wird versuchen, dir das Gesicht zu zerschneiden, bevor sie dich umbringt. Sie will sich natürlich rächen. Du wirst wütend, und – bamm! – ist sie tot.«
Dana starrte sie entsetzt an. »Evie würde mir niemals etwas antun.«
Sue zeigte die Zähne. »Sie nicht, nein. Aber ich schon. Und ich freue mich drauf. Ich weiß übrigens, wie man jemandem die Kehle so durchschneidet, dass er überlebt. Und wenn du es tust, wirst du in Handschellen im Krankenhausbett aufwachen.« Sie seufzte lustvoll. »Die Wachen im Knast werden dich lieben, Herzchen. Drogenhandel, Fälscherei, Mord. Wenn du überlebst, wirst du eine lange Zeit sitzen.«
»Du hast dir ziemlich viele Gedanken darüber gemacht«, sagte Dana ruhig, und Sue grinste zufrieden.
»Nicht so viele wie über andere Dinge«, sagte sie. »Aber genug.«
Chicago
Freitag, 6. August, 6.15 Uhr
Mia schlug die Wagentür zu und hörte Abe dasselbe tun, während sie auf den weißen Wagen zurannte. Leer. Dahinter stand ein Auto der örtlichen Feuerwehr, daneben ein Officer. »Nichts drin«, sagte er. »Aber wir haben jemanden gefunden.«
Mias Herz stieg in ihre Kehle.
Dana.
»Tot?«
»Bewusstlos. Sie hat sich wahrscheinlich den Kopf aufgeschlagen, als sie die Böschung hinunterrollte. Der Notarzt ist schon informiert.« Mia stolperte bereits den Abhang hinunter, rutschte mehr, als dass sie kletterte. Der Partner des Polizisten kniete am Boden und versperrte ihr die Sicht. Dann war sie neben ihm, ließ sich auf die Knie sinken und spürte gleichermaßen Erleichterung wie Schock.
»Abe«, schrie sie. »Es ist Evie.«
Mit ernster Miene, und etwas vorsichtiger als sie, kam er herunter.
»Die eine wieder da, die andere fort«, sagte er ohne eine Spur von Humor. »Ich habe gerade einen Anruf von Sergeant Elliot bekommen. Sie haben den Feuerwehrmann von Lawndale gefunden. Er ist auf dem Weg zum County mit einer neun Millimeterkugel in der Brust.«
»Aber Buchanan hat doch gesagt, sie habe Danas Pistole.«
Abe ließ sich auf ein Knie nieder und strich Evie sanft Schmutz und Steinchen aus dem Gesicht. »Wie du selbst gesagt hast, Mia, sie hält
Weitere Kostenlose Bücher