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Der Ramses-Code

Der Ramses-Code

Titel: Der Ramses-Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Klonovsky
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Präfekt ist im Augenblick zu beschäftigt, um sich …«
    »Lassen Sie nur«, unterbrach ihn Fourier. »Die Herren kennen sich? Mein Junge« – er legte Jean-François die Hand auf die Schulter –, »ich habe ein paar Stücke aus Ägypten mitgebracht, die ich dir bei Gelegenheit zeigen kann. Du kommst mich einfach einmal besuchen. Dein Bruder und der Herr Bürgermeister, ich meine: der Bürger Renauldon, werden mich daran erinnern. Einverstanden? Das Schnupftuch kannst du behalten. Also, adieu!« Er machte kehrt und schritt, gefolgt vom um die Hälfte seiner Rede gebrachten Renauldon, die Rathaustreppe hinauf, wo er sich noch einmal umwandte und den Menschen zuwinkte. Dann gingen die Herren ins Haus.
    Die Menge zerstreute sich. Jean-François war außer sich vor Glück. »Er wird mir seine Schätze zeigen«, jubelte er und boxte den Bruder in die Seite. »Was für ein Tag! Ich danke dem Dicken, der mich vor seine Füße geschubst hat. Sieh einmal das Tuch, was für ein feiner Stoff! Ist das Batist? Er hat mich zu sich nach Hause eingeladen. Ich bin der erste Bürger von Grenoble, der den Präfekten besuchen wird. Wenn das Mama wüßte!«
    An jenem Abend schlief der kleine Champollion erst sehr spät ein. Er träumte, daß er durch eine große Flügeltür in einen hellerleuchteten Saal eintrat, der mit erlesenen Kostbarkeiten aus dem alten Pharaonenreich gefüllt war, und ihm schien, als bildeten all die Skulpturen, die er wegen des gleißenden Gegenlichtes nur in Umrissen wahrnehmen konnte, ein Empfangskomitee für ihn, genau wie die Bürger Grenobles eines für Fourier gebildet hatten.
    Wenige Tage nach Fouriers Ankunft hatten einige Bürger, unter ihnen Renauldon, Gustave Gualieu, der Besitzer des Handelshauses Rif, in dessen Diensten Jacques-Joseph stand, sowie der Abbé Dussert, dem die beste Privatschule der Stadt gehörte, beim neuen Departementschef angefragt, ob er einverstanden sei, wenn man ihm zu Ehren einen Empfang ausrichte. Nach kurzem Zögern hatte Fourier eingewilligt.
    Jean-François erfuhr davon durch den Bruder, der sich nach getaner Arbeit wieder in der Rue Neuve einfand, wo die Champollions zur Pension wohnten.
    Als Jacques-Joseph eintrat, fand er Jean-François auf dem Fußboden im vorderen der beiden möblierten Zimmer sitzend, das den Wohn- und Arbeitsraum darstellte. Um ihn verteilt lagen Bücher, aus denen er offenbar Seiten herausgetrennt hatte, und die wiederum hatte er nach irgendeinem System arrangiert. »Was machst du da, Lion?« rief Jacques-Joseph erstaunt.
    »Bitte schimpf nicht mit mir«, antwortete der Bruder, der den Eintretenden anfangs nicht bemerkt hatte und zusammengeschreckt war.
    Jacques-Joseph kauerte sich zu ihm und durchstöberte dieBücherstapel. »Herodot, Diodor, Strabo, Plinius, Plutarch, Plato, Juvenal, Flavius Josephus …«
    »Ich habe alle Stellen ausgerissen, die von Ägypten handeln. Bist du mir böse?«
    Der Bruder wiegte den Kopf. »Schade um die schönen Bücher. – Hast du übrigens die Stelle bei Tacitus, wo er beschreibt, wie der römische Feldherr Germanicus bei Theben die Memnonkolosse besichtigt?«
    »Tacitus habe ich. Ich würde zu gern einmal diese beiden Kolosse mit eigenen Augen sehen. Sie sollen so groß wie Häuser sein.«
    »Und wo sind Clemens von Alexandrien, Porphyrius und Horapollo?« fragte Jacques-Joseph, der offensichtlich Feuer gefangen hatte.
    »Clemens liegt hier. Die beiden anderen hast du nicht in deiner Bibliothek.«
    »Skandal! Du mußt natürlich unbedingt Horapollo lesen. Das ist Pflichtlektüre für Hieroglyphenkundler.«
    »Wer ist denn dieser Horapollo?«
    »Ein Grieche – vielleicht auch ein Ägypter –, jedenfalls ein Autor, der im 5. Jahrhundert nach Christus gelebt und ein Buch über die Hieroglyphen geschrieben hat.« Jacques-Joseph ließ sich nun vollends auf dem Fußboden nieder.
    »Vielleicht auch ein Ägypter, sagst du?«
    »Sein Buch ist auf griechisch abgefaßt. Der Text war tausend Jahre verschollen und ist erst Anfang des 15. Jahrhunderts auf der Insel Andros wiederentdeckt worden. Es ist ziemlich sicher, daß Horapollo griechischer Herkunft war. Er führt in einigen Handschriften den Namenszusatz Neilóos, lateinisch Niliacus, also etwa: ›Der-vom-Nil-Stammende‹ oder ›Mann vom Nil‹. Seit Alexander der Große Ägypten eroberte, siedelten dort viele Hellenen. Jedenfalls ist sein Name eine Kombination aus dem ägyptischen Gott Horus und dem griechischen Gott Apollo, und Horapollo schreibt von den

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