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Der Ramses-Code

Der Ramses-Code

Titel: Der Ramses-Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Klonovsky
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einem der Umstehenden grüßend zunickte und schließlich auf einen kleinen, leicht dicklichen Mann um die Fünfzig zusteuerte, dessen Soutane ihn als Geistlichen auswies.
    »Hochwürden«, richtete Jacques-Joseph das Wort an ihn, »darf ich Ihnen meinen Bruder vorstellen?« Und zu diesem sagte er: »Das ist Abbé Dussert, dein künftiger Schulmeister.«
    »Ich danke Ihnen, Hochwürden, daß Sie mich an Ihre Schule aufnehmen«, murmelte der Junge und senkte den Kopf.
    Der Geistliche lächelte. »So, das wäre also der neue Schüler«, sagte er mit beinahe dröhnender Stimme, »manhört bemerkenswerte Dinge von dir. Du sprichst die alten Sprachen und kennst dich in den Texten der Alten aus? Und du bist sattelfest in der Heiligen Schrift?«
    »Ich lese sie, Hochwürden. Und von den alten Sprachen beherrsche ich nur die gängigen. Mir fehlen leider die Lehrbücher.«
    »So? Wer hat dich denn bisher unterrichtet?«
    »Niemand, Hochwürden, mit Ausnahme meines Bruders, der mir im Lateinischen und Altgriechischen etwas behilflich war.«
    »Und bei wem hast du Hebräisch gelernt? Du liest doch auch hebräische Texte?«
    »Das habe ich mir selbst beigebracht.«
    »Stimmt das?« Der Abbé schob die Brauen hoch.
    »Voll und ganz«, bestätigte Jacques-Joseph, »meine Kenntnisse dieser Sprache sind viel zu begrenzt, als daß ich einen Lehrer abgeben könnte.«
    »Du sagtest gerade«, fuhr Dussert fort, »daß dir die Lehrbücher fehlen, um weitere Sprachen zu lernen. Welche möchtest du denn lernen?«
    »Syrisch, Persisch, Chaldäisch, Armenisch, Phönizisch, Arabisch …«
    »Hoppla, hoppla!« Der Abbé lachte aus vollem Halse und fuhr dröhnend fort: »Mein Junge, wenn deine Talente halbwegs deinem Ehrgeiz entsprechen, werde ich es mir als Ehre anrechnen, dich an meiner Schule begrüßen zu dürfen. Nur mit Chaldäisch und Phönizisch wird es hapern, da fehlen mir die Lehrkräfte.« Etwas ernster setzte er hinzu: »Wie gut ist dein Hebräisch? Liest du das Pentateuch im Urtext?«
    Jetzt gilt’s, dachte Jean-François. »Urtext?« fragte er mit treuherziger Miene. »Die fünf Bücher Mose sind uns nur auf hebräisch überliefert, aber Moses war, wenn es ihn denn wirklich gab, ein Ägypter. Er war nie in Palästina, und er sprach wohl auch nicht hebräisch. Mit den Kindern Israels verständigte er sich über Aaron, seinen Dolmetscher. Ich wüßte selbst zu gern, in welcher Sprache er seine Bücher verfaßte und wie er es geschafft hat, darin seinen eigenen Tod zu vermelden. Nein, den Urtext kenne ich nicht, und wenn erägyptisch niedergeschrieben wurde, dann könnte ihn auch kein Lebender mehr lesen.«
    Der Abbé riß die Augen auf. »Nicht übel«, murmelte er, und während er darüber nachdachte, was er da gerade gehört hatte, nahm er erst einmal Abstand von seinem Vorhaben, den Jungen zur Kommentierung einer hebräischen Bibelstelle zu nötigen.
    Ohnehin kam gerade Bewegung im Saal auf. Alles drängte Richtung Eingang. Ein Name schwirrte durch die Luft, und beim zweiten Hinhören verstand Jean-François, was die Leute erregt tuschelten und einander schließlich zuriefen: »Denon, Denon, Vivant Denon ist da! Der berühmte Denon!«
    Vivant Denon? Das war eine Sensation! Ganz Frankreich wußte, wer Denon war: der Freund Bonapartes und seiner Frau Josephine; der legendäre Zeichner, der den Philosophen Voltaire kurz vor dessen Tod porträtiert hatte; der Salonlöwe, der am Hofe der Zarin Katharina gelebt hatte; der Glücksritter, der während der jakobinischen Schreckenszeit mit einer Bestie wie Robespierre über Fragen der Kunst diskutierte und – anstatt wie andere Männer seines Schlages auf dem Schafott zu enden – den Auftrag erhielt, die Uniformen der republikanischen Streitkräfte zu entwerfen, der zudem die Angeklagten vor dem Revolutionstribunal, darunter den großen Danton, zeichnen durfte; der Hasardeur, der an Bonapartes Ägyptenabenteuer teilnahm, zu den wenigen Privilegierten gehörte, die mit dem späteren Ersten Konsul rechtzeitig aus dem Nilland zurückkehrten, und der über den Ägyptenfeldzug ein Buch geschrieben hatte, über das man nicht nur in Frankreich sprach. Denon in Grenoble? Das war der Einbruch der großen Welt in die Provinz. Sein Erscheinen war weder angekündigt noch von irgend jemandem nur in Betracht gezogen worden. Wer verirrte sich schon von der Hauptstadt hierher an den Alpenrand?
    Das Gedränge am Eingang erlaubte den Brüdern zunächst keinen Blick auf den Ankömmling, aber dann

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