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Der rauchblaue Fluss (German Edition)

Der rauchblaue Fluss (German Edition)

Titel: Der rauchblaue Fluss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amitav Ghosh
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jedenfalls nicht, soweit Fitcher und Paulette wussten; einzige Zugtiere waren die Ochsen und Büffel auf den Feldern. Eine andere Möglichkeit wäre gewesen, Fitcher in einer Sänfte zu befördern, doch davon wollte er nichts wissen: »Botanisieren in einem Tragsessel? Das soll doch hoffentlich ein Scherz sein, Paulette … «
    Die Rettung kam mit Robins nächstem Brief. Überbracht wurde er von einem Dschunkenführer, der nicht viel anders aussah als die übrigen lederhäutigen kantonesischen Schiffer, die diese Gewässer befuhren. Er war von stämmiger Statur und hatte den krummbeinigen Gang und den wettergeschärften Blick eines erfahrenen Seemannes. Bekleidet war er mit den üblichen Schifferhosen und einer wattierten Tunika. Er hatte einen kurzen, grau melierten Zopf, und auf dem Kopf trug er wie alle Schiffer einen spitzen Sonnenhut.
    Doch als er den Mund aufmachte, verschlug es Paulette die Sprache. » Namashkar « , sagte er auf Bengali und legte die Hände aneinander. »Sind Sie Miss Paulette? Ihr Freund, Mr. Chinnery, schickt Ihnen einen Brief aus Kanton.«
    Paulette brauchte einen Moment, um sich wieder zu fassen. Dann dankte sie ihm überschwänglich und fragte: »Apni ke – wer sind Sie? Wo haben Sie Bangla gelernt?«
    »Ich habe lange in Kalkutta gelebt«, antwortete er lächelnd. »Ich kam als Matrose dorthin und habe abgeheuert, um zu heiraten. Man nennt mich dort Baburao.«
    »Und jetzt leben Sie in Kanton, Baburao-da?«
    »Ja – das heißt, wenn ich nicht mit meinem Boot unterwegs bin.«
    Er wandte sich um, zeigte auf das Boot, das nahebei vor Anker lag, und erklärte, er fahre regelmäßig zwischen Kanton und Macao hin und her und stelle entlang seiner Route auch häufig Briefe und Pakete zu.
    »Wenn Sie irgendetwas brauchen, lassen Sie es mich wissen, vielleicht kann ich helfen.«
    Paulette merkte ihm an, dass er sich mit diesem Angebot nicht wichtigmachen wollte. Er wirkte wie jemand, den man auf Bengali jogaré nannte – ein einfallsreicher Improvisator, der die Nase in den Wind hielt.
    »Sagen Sie, Baburao-da, meinen Sie, man könnte hier auf der Insel ein paar Pferde finden?«, fragte sie.
    Baburao kratzte sich am Kopf und überlegte einen Moment. Dann hellte sich seine Miene auf. »Aber ja«, sagte er. »Ich kenne hier einen Mann, der Pferde hat. Möchten Sie ihn treffen?«
    Und so wurde es abgemacht: Am nächsten Tag kam Baburao in einem Sampan wieder und ruderte Paulette und Fitcher zu einem malerischen kleinen Dorf an einer schmalen Bucht. Der Pferdebesitzer wurde sogleich gefunden, die Pferde wurden begutachtet, und schnell war auch ein angemessener Preis ausgehandelt. Doch als alles schon so gut wie geregelt war, tauchte ein unvorhergesehenes Problem auf. Der Besitzer besaß nur zwei Sättel, beide chinesischer Bauart, mit hohem Vorder- und Hinterzwiesel.
    Fitcher warf einen Blick darauf und schüttelte den Kopf. »Das geht mit Ihren Röcken nicht, Miss Paulette.«
    Paulette hatte bereits eine Lösung im Sinn, aber sie musste mit Bedacht vorgehen.
    »Nun, Sir«, sagte sie, »Röcke sind nicht die einzigen Kleidungsstücke, die ich besitze.«
    »Hm?« Fitcher runzelte die Stirn.
    »Sie erinnern sich sicher, dass ich ein Hemd und Männerhosen anhatte, als wir uns in Pamplemousses kennenlernten. Die hatte Mr. Reid mir geliehen, und ich habe sie noch immer.«
    »Was?«, blaffte Fitcher. »Sie wollen sich als Mann verkleiden? Verstehe ich Sie richtig?«
    »Bitte, Sir, das ist doch das einzig Vernünftige. Oder nicht?«
    Fitchers Gesicht verfinsterte sich und zog sich zu einem so festen Knoten zusammen, dass sich seine Bartspitze bis auf wenige Zentimeter seinen zuckenden Brauen näherte. Doch nachdem er gründlich über die Sache nachgedacht hatte, entspannte sich sein Kiefer wieder.
    »Da Sie sich’s nun mal in den Kopf gesetzt haben – wir probieren’s morgen aus.«
    Am nächsten Tag erschienen sie also wieder, Paulette in Zacharys Kleidern, und selbst Fitcher musste zugeben, dass das eine gute Lösung war. Die Pferde trugen sie auf über dreihundert Meter Höhe, wo sie weitere Orchideen fanden: blassrosa Bambusorchideen – Arundina chinensis – und einen kleinen primelgelben Epiphyten, der in einem ausgetrockneten Flussbett wuchs. Die erste Art war Fitcher bereits bekannt, die zweite nicht.
    »Tja, Miss Paulette, da könnten Sie was Neues entdeckt haben. Wie möchten Sie’s nennen?«
    »Also, wenn es nach mir ginge«, antwortete sie, »ich würde die Orchidee Diploprora penrosii

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