Der rauchblaue Fluss (German Edition)
göttergleichen Leichtigkeit, in der Körper und Geist von jeglicher Erdenschwere befreit waren.
Der Nebel hüllte ihn nun ganz ein, und sein schwereloser Körper schien auf einer Wolke zu schweben. Er schloss die Augen und ließ sich forttragen.
Wie lange er so lag, wusste er nicht, aber irgendwann merkte er, dass er nicht mehr allein war: Jemand saß zu seinen Füßen – eine Frau. Sie musste vom unteren Deck heraufgeschickt worden sein, und im ersten Moment empfand er deutlichen Ärger darüber, dass Allow seine Anweisungen missachtet hatte. Wäre sie eines der üblichen Sing-song-Mädchen gewesen, parfümiert, bemalt und mit billigem Schmuck behängt, hätte er sie augenblicklich fortgejagt; vielleicht wäre er sogar in Zorn geraten und hätte sie beschimpft. Aber solch eine Frau war sie nicht. Sie war mit grauen Hosen und einer Tunika denkbar einfach gekleidet und gab sich alles andere als kokett oder verführerisch. Über ihren Kopf hatte sie ein Tuch gezogen, als wollte sie sich gegen den dichten, rauchigen Nebel schützen, der vom Wasser aufstieg. Sie machte auch keinerlei Anstalten, sich Bahram zu nähern; reglos saß sie vor dem Diwan auf dem Boden, die Füße angezogen, die Arme um die Knie geschlungen. Ihre Gegenwart hatte etwas seltsam Beruhigendes, und Bahrams anfänglicher Ärger über Allow verwandelte sich nach und nach in Dankbarkeit; Allow war zwar ein Schlitzohr, im Grunde aber ein guter Kerl und auf seine Art sehr fürsorglich.
Die Frau schien vollkommen zufrieden damit, zu Bahrams Füßen zu kauern, und am Ende winkte er sie selbst heran. Da sie nicht reagierte, setzte er sich auf und fasste nach ihrer Hand. Erfreut stellte er fest, dass es nicht die Hand eines Sing-song-Mädchens war; die rauen Schwielen verrieten, dass sie schwere Arbeit gewohnt war. Ihr Ärmel war nass, und er schob ihn zurück und hob die Innenseite ihres Handgelenks an seine Nase. Kein noch so schwacher Hauch eines Parfüms war an ihr wahrzunehmen; sie roch wie der Flusslauf, nach Holzrauch und schlammigem Wasser. Etwas regte sich in Bahram, ein tiefes Verlangen, ein Sehnen, das so lange Zeit unerfüllt geblieben war, dass er es ganz vergessen hatte. Er zog sie am Arm, und als sie zu widerstreben schien, drehte er sich herum und lehnte seinen Kopf an ihren. Fast war es, als sei er wieder mit Chi-mei zusammen, in jener Luftblase unmöglicher Absurdität, die sie damals umgeben hatte, als sie Seite an Seite in jenem Coracle dahingetrieben waren, das keinen richtigen Namen hatte, das nicht Liebe war, aber auch nicht ganz »lob-pidgin«.
»Komm«, sagte er. »Komm. Ich gebe cumshaw. So viel cumshaw.«
Sie regte sich noch immer nicht, und ihn packte die Angst, dass sie ihn zurückweisen könnte. Um sie auf die Probe zu stellen, streifte er mit den Lippen ihre Brustwarze. Der Stoff, der sie bedeckte, war feucht, und Bahram wunderte sich darüber, war aber froh, dass die Frau ihn nicht weggeschoben hatte, und dachte sich weiter nichts dabei. Er knöpfte ihre Tunika auf, legte sein Gesicht zwischen die festen kleinen Brüste und holte tief Atem, sog den Geruch nach Rauch und Wasser ein.
Ihre Hände waren nun auch auf ihm und wanderten mit geübter Leichtigkeit durch die Falten seiner Kleider, sie öffneten seinen choga, lösten die Bänder seines angarkha, zogen sanft den sedre unter den Schnüren der kusti hervor, lösten den Bund seiner Hose, glitten abwärts und berührten ihn an seinen geheimen Stellen. Nahezu mühelos zog sie ihn in sich hinein und drehte ihren Körper so, dass ihr verschleiertes Gesicht von ihm abgewandt war und seine Wange an ihren feuchten Nacken gepresst wurde.
Noch nie hatte er einen Liebesakt erlebt, der von so langer Dauer, so geschmeidig und so vollkommen war. So rein war diese Vereinigung, dass es schien, als wären sie beide mit nichts Körperlichem beschwert; Haut, Fleisch, Muskeln, Schweiß – nichts von alldem trennte sie, und als es endete, war ihm, als glitte er über die Kante eines Wasserfalls und schwebte auf einer Gischtwolke ganz langsam in die Tiefe.
Die Frau jetzt gehen zu lassen war unmöglich, und er hielt sie an sich gedrückt, seine Wange noch an ihrem Nacken. Er spürte, dass das Boot die Richtung änderte, und hob den Kopf gerade lange genug, um zu sehen, dass sie die Mündung des Wasserlaufs erreicht hatten. Vor ihnen lag der Perlfluss, und der Rauch der Kochfeuer auf den Tausenden von Booten an den Ufern verschmolz mit dem Nebel, der von der Wasserfläche aufstieg. Der
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