Der Rausch einer Nacht
offene und direkte, aber stets ehrliche Art immer als erfrischend empfunden. So etwas erlebt man nämlich nur selten, und in meinem Gewerbe so gut wie nie.«
Byers begab sich zum Ausgang, drehte sich dort aber noch einmal um. »Wenn Sie meine Meinung hören wollen, ich halte Sie für unschuldig. Unglücklicherweise kann ich mich von nun an nicht mehr mit Ihnen treffen. Das verstehen Sie doch hoffentlich, oder?«
»Natürlich«, entgegnete Harrison, ohne sich etwas von seinen Gefühlen anmerken zu lassen.
Doch in seinem Innern brodelten die Emotionen. Als er sich den Inhalt des Umschlags vornahm und die Vorladung sah, auf der sein Name stand, verspürte er eine Wut, wie er sie noch nie erlebt hatte. Normalerweise hätten ihm Vorladungen, Prozesse oder falsche Anschuldigungen wenig ausgemacht, aber dank der Macht, die sich auf der Gegenseite zusammengefunden hatte, würde sein Name in zwei Tagen gleichbedeutend mit Betrug sein.
Und Dianas Name würde, weil sie mit ihm in Verbindung gebracht wurde, ebenfalls in den Dreck gezogen werden.
Ein Lachen des Zorns kam ihm aus tiefster Kehle. Diana hatte ihn geheiratet, um ihren Stolz und ihre Würde zu retten. Und jetzt geriet sie vom Regen in die Traufe. Cole Harrison würde ihr Leben mehr ruinieren, als das Penworth je vermocht hätte.
Letzte Woche hatte Diana ihn geliebt und an ihn geglaubt.
Nächste Woche würde sie ihn hassen und verachten.
Cole lehnte sich auf der Couch zurück, schloß die Augen und zermarterte sich das Gehirn nach einem Weg, Diana aus allem herauszuhalten ... und sie nicht zu verlieren. Als ihm nichts einfallen wollte, zog sich alles schmerzhaft in ihm zusammen.
Kapitel 52
Diana sah auf ihre Uhr, starrte dann das Telefon an und versuchte, es per Willenskraft zu bewegen, endlich zu klingeln. Inzwischen dürfte Coles Treffen in Washington doch längst beendet sein, und er mußte sich auf dem Rückflug befinden. Aber er hatte sich noch nicht bei ihr gemeldet, und instinktiv wußte sie, daß etwas nicht stimmte. Schließlich schaltete sie das Fernsehgerät ein, um die Stille zu vertreiben, aber sie konnte sich nicht recht darauf konzentrieren.
»Und jetzt zu den Wirtschaftsnachrichten. Die Börse schloß heute unterschiedlich...«
Natürlich glaubte sie felsenfest an Coles Unschuld, aber ihre überhitzte Fantasie ließ ständig neue Schreckensbilder vor ihrem geistigen Auge entstehen. Cole vor Gericht, verfolgt von Reportern und Fotografen und der schlimmsten Dinge angeklagt. Er hatte ihr versprochen, daß es nie dazu kommen würde, aber das entsetzliche Gefühl beschlich sie, daß die Dinge diesmal seiner Kontrolle entglitten.
Cole hatte so hart darum gerungen, das Stigma seiner Jugend loszuwerden, und nun erwartete ihn doch das Schicksal seiner Familie ... nur würde der Skandal, den er hervorrief, weltweit Beachtung finden.
»Der größte Verlierer des heutigen Tages war Unified Industries, dessen Kurs auf den tiefsten Stand seit zweiundfünfzig Wochen fiel. Börsenanalytiker führen diesen Sturz auf Gerüchte zurück, nach denen der Vorstandsvorsitzende des Konzerns, Cole Harrison, in den nächsten Tagen vor ein Gericht des Bundesamtes für Börsenaufsicht vorgeladen werden soll. Gewöhnlich gut unterrichtete Kreise meinen dazu, die dortige Anhörung sei eine bloße Formalität, und Mr. Harrison müsse sich vor einem ordentlichen Gericht verantworten...«
Von irgendwoher kam Diana plötzlich in den Sinn, Doug anzurufen und ihn um Hilfe zu bitten. Nein, im Grunde wollte sie ihn anflehen, seinen Einfluß einzusetzen und diesem Treiben ein Ende zu machen...
Aber er würde ihr nicht helfen, und schon gar nicht, wenn es um Cole ging. Sein vollkommen irrationales Verhalten neulich hatte ihr das bewiesen. Diana dachte an seine haßerfüllten Worte. Er hatte sie dringend aufgefordert, sich sofort von Cole zu trennen, und ihr vorgeworfen, daß er jede Frau, gleich welchen Alters, um den Finger wickeln könne, sogar sie.
Gleich welchen Alters ... Diese Bemerkung brachte sie ins Grübeln. Hatte Cole etwa damals das Herz einer ihrer Freundinnen erobert, in die Doug bis über beide Ohren verliebt gewesen war? Auf jeden Fall war sein Haß auf Cole so riesengroß, daß er selbst Diana darin einschloß, bloß weil sie ihn geheiratet hatte. Nein, sie würde auf taube Ohren stoßen, wenn sie Doug jetzt um Hilfe bat. Immerhin hatte er sie gewarnt und im Grunde das vorhergesagt, was jetzt eingetreten war.
Diana richtete sich langsam auf, als ihr eine
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