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Der Rausch einer Nacht

Titel: Der Rausch einer Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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sonst so, als sei überhaupt nichts Bemerkenswertes daran, daß Diana nicht nur zu spät, sondern auch am Arm eines Mannes erschienen war, der sich so aufführte, als habe er einige Anrechte auf sie.
    Dianas Mutter und ihr Großvater hatten als einzige am Tisch keine Ahnung, um wen es sich bei diesem Gentleman handelte, aber auch sie befolgten die erste Grundregel.
    Die Großmutter hingegen, die ungefähr seit ihrem siebzigsten Geburtstag damit aufgehört hatte, ihre Zeit mit gesellschaftlichen Ritualen und Geboten zu verplempern, scherte sich folglich auch nicht um diese eiserne Regel. Sie starrte Harrison unverhohlen hinterher, beugte sich dann vor und verlangte von Diana zu erfahren, wer dieser Mann gewesen sei - und das zwar flüsternd, aber dennoch in einer Lautstärke, daß die Gäste am Tisch hinter ihr alles mitbekamen.
    Diana hatte natürlich kein Interesse daran, die ganze dritte Reihe zu unterhalten, und antwortete rasch und knapp: »Cole Harrison, Omi. Du weißt doch, der Mann, der den Klineman gestiftet hat - die Skulptur, die dir vorhin so gut gefallen hat.«
    Rose Britton nötigte das einigen Respekt ab, aber nicht genug. Denn in ihrem fortgeschrittenen Alter hatte sie die verstörende Eigenschaft entwickelt, nur noch die Wahrheit gelten zu lassen, und das ungeachtet aller Konsequenzen. »Ich habe sie nicht bewundert«, entgegnete sie laut flüsternd und fand nun auch das Interesse eines weiteren Tisches, »sondern gesagt, daß das Kunstwerk mir unheimlich sei.«
    Die Großmutter sah sich in der Runde um und hoffte, Zuspruch oder Einwände zu hören. Aber die anderen am Tisch unterhielten sich lieber miteinander oder schauten demonstrativ in eine andere Richtung. »Und das ist sie auch«, unterstrich Mrs. Britton schließlich ihre Meinung. »Das Ding sieht aus wie ein zu groß geratener Rohrreiniger!«
    Diana hätte ihr so gern erklärt, daß es sich bei diesem Cole um denselben handelte, der damals bei den Haywards als Pferdepfleger gearbeitet hatte - aber daran war jetzt natürlich kein Denken mehr. Wer konnte schon ahnen, welche Erinnerungen der alten Dame dann in den Kopf kommen würden. Niemand hier im Saal brauchte zu erfahren, daß die Familie Foster den jungen Mann zu jener Zeit mehr oder weniger durchgefüttert hatte. Schließlich hatte Cole sich heute abend galanterweise zu ihrer Rettung eingefunden, und Diana war fest entschlossen, ihn vor einer solchen Blamage zu bewahren.

Kapitel 22
    Zu Dianas großer Erleichterung ließ die allgemeine Unruhe über ihr verdächtiges Zuspätkommen am Arm des Ehrengastes rasch nach. Die Kellner trugen nun den ersten Gang des Menüs auf, das im Preis von eintausend Dollar pro Eintrittskarte enthalten war. Die junge Frau fand jetzt Gelegenheit, die Ereignisse der letzten halben Stunde Revue passieren zu lassen.
    Sie konnte noch immer kaum fassen, daß es sich bei dem so selbstbewußt auftretenden und vornehmen Mann in dem eleganten Frack, der wie aus dem Nichts auf dem Balkon aufgetaucht war, tatsächlich um denselben Studenten in Jeans und Baumwollhemd handelte, der in ihrer Jugend bei den Haywards die Pferde versorgt hatte; mit dem sie endlos lange Gespräche geführt hatte; der beim Kartenspiel mit ihr gemogelt hatte; der sich über jedes Freßpaket sehr gefreut hatte, das sie ihm mitbrachte.
    Diana griff gedankenverloren nach einem Brötchen, brach es auf und vergaß, es mit Butter zu bestreichen und zu essen ... Cole war immer hungrig gewesen, erinnerte sie sich mit einem warmen Gefühl im Herzen. Ein Lächeln breitete sich auf ihren Lippen aus. Wenn sie den Cole von damals mit dem von heute verglich, hatte er einiges zu sich nehmen müssen, um die jetzige Statur zu erreichen.
    Eine freundliche Stimme neben ihr drang in ihre Träumereien und hielt ihr zwei Weinflaschen hin. »Rot oder weiß, Miß?«
    »Ja«, antwortete sie geistesabwesend.
    Der Kellner sah sie verwirrt und hilflos an, bis Spence ihm und ihr zu Hilfe kam. »Lassen Sie doch beide Flaschen hier.«
    Ein weiterer Kellner tauchte in ihrem Blickfeld auf und stellte eine kleine Schale mit überbackenen Shrimps vor sie hin. Überall unterhielten sich die Menschen, hier und da brach man in Gelächter aus, und dazu ertönte das Klirren von Besteck an Porzellan. All dies drang nur wie durch einen dicken Nebel an Dianas Ohr.
    Cole hatte sich deutlich verändert, sagte sie sich, bestrich endlich das Brötchen und ließ die beiden Hälften dann achtlos auf dem Teller liegen. Statt dessen nahm sie das

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