Der Rausch einer Nacht
loyal, daß Diana am liebsten gleichzeitig gelacht und geweint hätte. »Sie haben ja recht«, sagte sie dann aber nur und trank rasch einen Schluck, um ihn nicht ansehen zu müssen.
»Als wir hörten, daß Sie tatsächlich heute abend hier auftauchen wollten, waren wir alle sehr aufgeregt. Alle im Saal sind ganz versessen darauf, Ihnen vorgestellt zu werden. Und auch ich möchte Ihnen am liebsten tausend Fragen stellen. Wo haben Sie die ganzen Jahre gesteckt, und wie ist es Ihnen in all der Zeit ergangen? Ach, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.«
»Dann beginnen wir doch am besten mit der allerwichtigsten Frage«, unterbrach er sie, und Diana fühlte sich wieder wie ein Mädchen, das vor einem viel älteren und viel klügeren Mann steht. »Wie wollen Sie das alles heute abend durchstehen?«
Diana glaubte, er meine die Gerüchte über ihre aufgelöste Verlobung, die überall im Saal die Runde machten. »Ach, es wird schon irgendwie gehen«, antwortete sie und ärgerte sich über das leise Zittern in ihrer Stimme. Plötzlich glaubte sie, schon wieder die Tür zu hören, und sie fügte für den Fall, daß noch jemand auf den Balkon herausgetreten war, leise hinzu: »Ich glaube, ich werde das schaffen.«
Cole schien ebenfalls etwas gehört zu haben, denn er warf einen Blick über die Schulter. An der Tür stand ein Mann in einem rotweiß karierten Hemd, der sich sofort in das Halbdunkel zurückzog, als Cole in seine Richtung schaute. Diana sah ihm an, daß er am liebsten auf den Fremden losgegangen wäre, doch dann kam ihm eine neue Idee, und er lächelte. Er hob mit der freien Hand Dianas Kinn an und sagte leise: »Hören Sie mir jetzt bitte genau zu, und rühren Sie sich nicht vom Fleck.«
Diana erstarrte in plötzlichem Schrecken.
»Hinten steht ein Fotograf von einem Schmierenblatt, der unbedingt ein Bild von Ihnen schießen will. Ich würde meinen, wir verhelfen ihm zu einer Aufnahme, die morgen ganz groß auf der Titelseite zu sehen sein wird.«
»Wie? Was?« stammelte sie. »Sind Sie verrückt geworden?«
»Nein. Ich habe vermutlich nur etwas mehr Erfahrung als Sie im Umgang mit negativer Presse und allzu aufdringlichen Paparazzi. Der Bursche wird erst dann verschwinden, wenn er ein Bild im Kasten hat.« Während Cole ihr das mitteilte, beobachtete er den Mann aus dem Augenwinkel.
»Sie haben jetzt die Wahl«, fuhr er fort. »Entweder soll die Welt Sie als verstoßene Verlobte sehen, oder Sie lassen sich von mir küssen, und dann werden sich alle fragen, ob Penworth Ihnen je etwas bedeutet hat und ob Sie nicht längst einen Neuen haben.«
In Dianas Kopf ging es drunter und drüber. Panik, Entsetzen und Freude wirbelten durcheinander, und das Ganze wurde von den zwei Gläsern Champagner verstärkt, die sie heute abend auf leeren Magen zu sich genommen hatte.
In dem kurzen Moment, in dem sie nicht in der Lage war, eine Entscheidung zu treffen, ergriff Cole die Initiative. »Helfen Sie mir, das Ganze überzeugend aussehen zu lassen.« Er nahm ihr das Glas ab, stellte es zusammen mit seinem auf die Brüstung, legte einen Arm um ihre Hüfte, zog sie an sich und küßte sie.
Zuerst ging alles viel zu schnell, und dann viel zu langsam, als Dianas Oberschenkel gegen die seinen preßten, ihr Busen an seine Brust drückte und seine warmen Lippen sich auf die ihren legten.
Er hob ihren Kopf ein Stück, sah ihr tief in die Augen, und sie hatte das Gefühl, er wolle sie loslassen. Doch er verschob nur seine Hände. Die eine wanderte ihren nackten Rücken hinauf, und die andere zog sie noch enger an sich. Dann beugte er sich zu ihr hinab.
Dianas Herz hämmerte wie wild und immer unregelmäßiger, als sie erneut den Druck seiner Lippen spürte und er die Konturen und Schwünge ihres Mundes mit seinem abtastete. Als seine Zungenspitze ihren Mund teilte, reagierte sofort ihr ganzer Körper darauf. Ein Teil ihres Verstandes verlangte, daß sie sich sofort von diesem Mann entfernen sollte. Aber eine viel stärkere Stimme weigerte sich, so unfair auf seine galanten Bemühungen zu reagieren.
Auf seine zärtlichen Bemühungen.
Auf seine Kunst, sie zu überreden.
Abgesehen davon, sagte sie sich, hatte der Pressefotograf vielleicht noch nicht die richtige Einstellung für die Aufnahme gefunden; oder er wollte noch mehr Bilder schießen, weil er sich nicht sicher war, ob das erste etwas geworden war. Natürlich durfte sie auch Cole nicht allein die ganze Arbeit tun lassen. Ihre Hände wanderten an seinem Rücken
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