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Der Rebell - Schattengrenzen #2

Der Rebell - Schattengrenzen #2

Titel: Der Rebell - Schattengrenzen #2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Meurer
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Geschwindigkeit, um von der Sonnenberger Straße in die Wilhelmstraße abzubiegen.
    Nachdem die Allee der breiten, ziemlich verstopften Prunkstraße gewichen war, fiel wesentlich mehr Licht in den Wagen. Der Streifen Morgenrot stach unangenehm in die Augen. Oliver klappte die Sonnenblende herab.
    »Was meinst du, was Walter von mir will?«
    Daniels Mimik wurde ernst. »Ich weiß nicht. Irgendwie kann ich mir auch nicht erklären, warum er plötzlich gesteigertes Interesse an Gesprächen hat, nachdem er dich vor ein paar Tagen wie den letzten Dreck behandelt hat.«
    »Vielleicht will er mir sagen, was sich hinter all den eigenartigen Begebenheiten im Haus verbirgt, oder er will mir erklären, wer am Tod der sieben Menschen im Keller schuld ist. Das heißt, wenn er bereit ist, endlich mal die Karten auf den Tisch zu legen.«
    Oliver zweifelte daran. Was immer Walter wollte, er bezweckte damit etwas, das ihm half.
    »Daran glaubst du doch selbst nicht?«
    Wie recht er doch hatte. Oliver zuckte mit den Schultern.
    Langsam fuhren sie am »Warmen Damm« entlang, nur um an der nächsten Ampel wieder stehen zu bleiben. Die Parkanlage mit der klassizistischen Villa Clementine im Hintergrund bot einen eigenartigen Anblick. Möglich, dass es auch an dem roten Feuerrand unter den Wolken lag, aber die Szenerie wirkte mit ihren langen Schatten und dem in Rot getauchten Teich bedrohlich.
    An der eisernen Umfassung, jenseits der großen Fontäne, lehnte ein Mann. Trotz der Entfernung bohrte sich sein Blick in Olivers. Er verzog das Gesicht, während er winkte. Unmöglich, oder? Immerhin besaß der Jeep verspiegelte Scheiben. Niemand, der nicht direkt davor stand, konnte in den Wagen schauen. Der Moment zerriss, als Daniel sacht Gas gab und die Villa passierte.
    Rasch drehte Oliver sich im Sitz um. Die Bäume und Sträucher hatten den See bereits verschluckt.
    »Was ist?«
    Er setzte sich wieder hin. »Nichts. Ich habe nur einen Toten winken sehen.«
     
    Daniel lenkte den Jeep aus der Stadt hinaus auf die Autobahn Richtung Frankfurt. Irritiert betrachtete Oliver ihn. »Wohin wollen wir?«
    Ohne den Blick von der überfüllten A66 zu nehmen, antwortete er: »JVA Frankfurt, warum?«
    »Ich dachte, Walter sei in Wiesbaden untergebracht.«
    »Nein. Walter ist über 21, demnach muss er nach Frankfurt I.« Er blinzelte Oliver zu. »Die JVA Wiesbaden nimmt nur Minderjährige und Jugendliche auf, das gilt für Vollzug und U-Haft.«
    Nachdenklich nickte Oliver. Aus irgendeinem Grund hatte er nicht damit gerechnet, Wiesbaden zu verlassen.
    »Und wie ist die JVA in Frankfurt?«
    Daniel zuckte die Schultern. »Modern, hässlich, ein elender Betonschuppen. Die U- und Abschiebungshaft macht es den Gefangenen leicht, sich auf eine andere JVA zu freuen.«
    So schrecklich? Walter würde ohne seine geliebten Bücher, die antike Atmosphäre des alten Hauses und die Erinnerungen eingehen. Ein schreckliches Gefühl nistete sich in ihm ein. Mal ziehend, mal stechend bohrte es, strahlte nach außen.
    War das sein schlechtes Gewissen? Diese Art von Haft hatte er für Walter nie gewollt.
    Er lehnte sich an Tür und Scheibe. Draußen zog die eintönige Landschaft vorbei. Rotgoldenes Licht fiel unter der Brücke am Wiesbadener Kreuz auf die Strecke. Es wirkte fast wie ein Tor in eine schönere, hellere Welt. Über der Autobahnbrücke türmten sich dunkle Wolkenberge.
    Welchen Ausblick mochte Walter haben?
     
    Daniel hatte nicht untertrieben. Die JVA lag recht weit ab in Praunheim. Der Komplex konnte noch nicht sehr alt sein. Die Anlage wirkte weder verlebt noch heruntergekommen, aber unerträglich kalt und abweisend. Meterhohe Mauern, um die Maschendrahtzäune und Stacheldrahtbarrieren errichtet worden waren, ragten um entsetzlich unwirtlich graue Blöcke, deren Attika giftgrün gestrichen worden war. Der im Kastell gelegene Sportplatz verdeutlichte den Eindruck absoluter Hoffnungslosigkeit.
    Auf dem Besucherparkplatz wartete Bernd Weißhaupt. Er lehnte an der Motorhaube seines roten Audis, die Arme vor der Brust verschränkt, den Kopf gesenkt. Er hob erst den Blick, als Oliver ausstieg.
    »Morgen.« Er klang nicht mehr sonderlich gut gelaunt, im Gegensatz zu seinem Anruf.
    »Hallo, Herr Weißhaupt.«
    »Hi, Bernd.«
    Weißhaupt nickte Daniel zu. Ohne ein weiteres Wort wandte sich der Kommissar zur Anmeldung um. Was hatte er? Oliver zog es vor, die Frage für sich zu behalten. Die Antwort würde bei Weißhaupt ohnehin nicht lang auf sich warten lassen.

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