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Der Rebell - Schattengrenzen #2

Der Rebell - Schattengrenzen #2

Titel: Der Rebell - Schattengrenzen #2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Meurer
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Kunststoffgehäuse an, das sich langsam über die Ablage bewegte. In all den Wochen hatte niemand angerufen, immer nur Daniel. Gab es überhaupt jemanden, der diese Nummer besaß?
    Auf dem Display leuchtete Keine Nummer .
    Er verzog die Lippen. Kopfschüttelnd nahm er das Gespräch an.
    »Hoffmann.«
    »Olli, du musst ganz schnell herkommen.«
    Michaels helle Kinderstimme überschlug sich. Sie steigerte sich zu einem Kreischen. Er war vollkommen außer sich, so, wie Oliver den Kleinen gar nicht kannte. Angst – nein, nackte Panik – schwangen mit.
    »Was ist denn passiert?«
    »Ich weiß nicht … Chris … Irgendwas, ich weiß es einfach nicht.« Das Gehäuse knackte unter dem schrillen Ton.
    Olivers Herz schlug schneller. Angst kroch in ihm auf. Was war passiert? Er musste sofort in die Innenstadt. Mit dem ORN-Bus würde das ewig dauern, zumal er bezweifelte, dass die Ärzte ihn einfach so gehen lassen würden. Die Gedanken halfen nicht. Sie zeigten ihm nur seine Hilflosigkeit. Ruhig werden, dann konnte er auch helfen.
    »Was genau ist passiert, Micha?«, fragte er mühsam beherrscht.
    Unterdrücktes Schluchzen drang durch die Sprechmuschel.
    »Ich weiß nicht … Als ich aufgewacht bin, war so ein Mann im Zimmer, der Chris’ Hals umklammert hielt …«
    »Was?« Scheiß auf den Ärger mit Frau Richter und den Ärzten. Er stürzte zu seinem Schrank und zog die Jacke heraus. »Geht es ihm gut? Hast du Opa Bescheid gesagt und Herrn Roth oder einem der anderen Polizisten?«
    Großer Gott, er stand selbst kurz davor, in Panik zu geraten. Mit einem Fuß drängte er in seinen Springerstiefel.
    »Der Mann war weg. Er hat sich aufgelöst.«
    Wie vom Donner gerührt hielt Oliver inne. In seiner Brust zogen sich Stahlbänder um Herz und Lungen zusammen. Unmöglich …
    »Was?« Seine Stimme klang nach einem heiseren Krächzen.
    »Er sah so unheimlich aus – genau wie die Frau auf der Treppe.«
    Mann, Frau, Erscheinungen?
    Du weißt es doch, du Arsch. Verdräng es nicht. Sie kommen durch die Spiegel!
    Er presste die Kiefer aufeinander. Ach halt die Klappe.
    Der Druck auf seine Brust nahm zu. »Wie geht es Chris?«
    »Ich weiß nicht … komm her!«
    »Hol einen Notarzt und sag Opa Bescheid. Ich bin auf dem Weg.«
    Rasch drückte er das Gespräch weg.
    Er schnappte sich seine Jacke und kramte das bisschen Geld in seinem Portemonnaie zusammen. Es reichte gerade für den Bus und der brauchte Stunden … Oliver presste die Lippen aufeinander. Ob Daniel ihn abholen würde, wenn er ihm entgegenging?
     
    Der Regen durchweichte seine Kleidung, während er an der Hauptstraße entlanglief. Die Wagen, die vorbeifuhren, zogen Spritzwasserfontänen hinter sich her. Nach der ersten Ladung war seine Hose bis zur Hüfte nass und rieb auf der Haut. Die Metallnadeln der Buttons schabten verstärkt. Sie abzunehmen wäre klüger, aber dazu reichte die Zeit nicht.
    Für einen Moment blieb er stehen und sah sich nach einem Wagen um, der sein Tempo verringerte. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er keine Ahnung hatte, was für ein Auto Daniel fuhr. Blieb nur zu hoffen, dass sein Freund ihn sofort erkannte.
    Als er den Ortsausgang erreicht hatte, hielt er an. Immer noch nichts. Wie lang brauchte Daniel wohl von der Innenstadt nach Bad Schwalbach? Bei dem elenden Wetter sicher sehr lang. Immerhin ging es bergauf und bergab. Im Übergang vom Rheingau in den Taunus gab es neben Wäldern und Hügeln ziemlich viele Käffer mit Geschwindigkeitsbegrenzung.
    Er zog das Handy aus der Hosentasche. Nichts. Beinahe rechnete er mit einem weiteren panischen Anruf von Micha oder einer Reaktion von Daniel. Vielleicht, dass das Wetter zu elend war.
    Einige Sekunden betrachtete er das graue Display. Warum half Daniel ihm überhaupt immer so anstandslos?
    Er war ständig für ihn da, um Fragen zu beantworten, zuzuhören oder auch nur Trost zu spenden. Selbst jetzt hatte er versprochen, zu kommen, ohne auf Antworten zu drängen. Eine gewisse Wärme erfüllte ihn. War das seine Art von Freundschaft?
    Oliver strich Regentropfen von dem alten Handy. Daniel war immer da, wenn er ihn brauchte, beinahe wie ein treuer Hund. Wahrscheinlich war er der liebenswerteste Mensch der Welt. Nein, nicht wahrscheinlich. Er war der beste und selbstloseste Mensch der Welt, nur etwas durchgeknallt.
    Ein alter VW-Passat wurde langsamer und steuerte hinter dem Ortsschild auf den Seitenstreifen. Der Wagen hatte mindestens zwanzig Jahre auf dem Buckel, ein bunt getupftes

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