Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Rebell - Schattengrenzen #2

Der Rebell - Schattengrenzen #2

Titel: Der Rebell - Schattengrenzen #2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Meurer
Vom Netzwerk:
Mutter ausgezogen war und geheiratet hatte, dürfte hier nichts mehr angerührt worden sein.
    Er verschloss den Schrank.
    Warum gab es keine anderen Hinweise auf die Familie?
    Als die Eltern seines Vaters noch lebten, hingen Familienfotos an den Wänden. Das Kaminsims bog sich unter Andenken und Tinnef. Jedes Bild seiner Geschwister wurde in feine Rahmen gehängt und richtiggehend geschmückt.
    So viel zur Familie Hoffmann. Bei Walter sah es anders aus. An den Wänden hing nichts, lediglich ein neutraler Kunstleder-Kalender, der für alle Jahre galt, weil man ihn einstellen konnte, wie man wollte.
    »Ich kann mir eure Familienfeiern hier vorstellen. Sie dürften einer Trauerveranstaltung geglichen haben«, stellte Daniel fest.
    »Hier hat nie eine Feier stattgefunden. Wir waren manchmal über Nacht hier.« Oliver schob die Glastüren der Vitrine auf. »Das allgemeine Leben fand in der Küche statt. Das Wohnzimmer galt als Tabuzone.«
    Weingläser, Schnapsgläser, Wassergläser und ein vereinzeltes Foto in einem schlichten, schwarzen Metallrahmen.
    Das Glas hatte allen Glanz verloren, die Ecken waren angeschlagen. Der Rahmen fiel fast auseinander.
    »Wow, was Persönliches.« Daniel stützte sich auf Olivers intakter Schulter ab.
    »Spottdrossel.«
    Es handelte sich um eine sehr alte, unscharfe Schwarz-Weiß-Aufnahme. Das Foto zeigte den Eingangsbereich der Buchhandlung mit den drei Stufen zur lackierten Ladentür, die immer im Schatten zu liegen schien. Dicht über dem Rundbogen hing ein schwarzes Schild. Die Schrift konnte nur weiß gewesen sein; Markgraf & Hirsch Bücher .
    Ein massiger, beinahe fetter Mann stand vor der Treppe, die Arme vor der Brust verschränkt. Er wirkte stolz. In seinem kantigen Gesicht mit dem überdimensionierten Walrossbart lag ein fröhlicher, angenehmer Ausdruck. Hinter ihm, etwas erhöht, stand eine zierliche Frau in Trauerkleidung. Sie trug das dunkle Haar zu einem Bob geschnitten. Auch in ihrem Gesicht lag Stolz, aber sie wirkte nicht halb so selbstsicher.
    Der Mann war sicher Walters Vater. Obwohl die beiden unterschiedlicher kaum sein konnten, gab es eine gewisse Familienähnlichkeit.
    Wie lang existierte der Laden schon?
    Mindestens seit damals. Anhand der Mode stammte das Bild aus den zwanziger Jahren. Damals war Walter selbst noch ein Kleinkind – wenn überhaupt schon auf der Welt.
    »Wusstest du, dass der Laden mal zwei Besitzer hatte?«
    Oliver schüttelte den Kopf. »Hirsch könnte ein jüdischer Name sein. Das würde erklären, warum das Geschäft und das Haus heute nur noch in Markgraf-Besitz ist.«
    »Schon richtig. Sie hat schwarzes Haar, er helles, wie du.«
    Oliver nickte. »Ich frage mich, warum Walter ausgerechnet ein Bild des Ladens aufstellt.«
    »Vielleicht hatte dein Großvater seinen Vater sehr gern?«
    Der Gedanke mochte zutreffen, aber Walter zählte nicht zu der Sorte Mensch, die sich rührselig mit Bildern umgab.
    Meist bedeutete es doch etwas, wenn ein einzelnes Bild auftauchte. Möglicherweise verbarg sich etwas hinter dem Bild im Rahmen. Er drehte ihn um.
    Die Rückseite bestand aus einem Metallgitter mit Fuß. Wahrscheinlich kein Serienprodukt.
    Zwei kleine Riegel hielten Scheibe und Bild. Oliver löste sie. Verfärbtes, ausgeblichenes Seidenpapier lag hinter der Aufnahme. Er hob es an, zog das Bild heraus, aber leider gab es keinerlei Besonderheiten, bis auf den dicken Karton des Fotos.
    Lediglich der Name des Studios und die Jahreszahl standen hinten eingeprägt. 1921 also.
    »Doch ein Romantiker?«
    Oliver schüttelte den Kopf. »Walter nicht, nie im Leben.«
    »Vielleicht hat er es wegen des Ladens hier stehen. Er muss doch einen unwahrscheinlichen Bezug dazu haben. Ich meine, er ist um die neunzig und arbeitet immer noch.«
    »Anders kann ich es mir auch nicht erklären.« Oliver zog den Rahmen wieder fest und stellte ihn in die Vitrine zurück. »Er liebt das Geschäft und die Bücher. Wahrscheinlich ist das seine einzige wahre Liebe.«
    Daniel drehte sich um seine Achse. »Wo hat er seinen privaten Schriftverkehr aufbewahrt?«
    »Ich weiß es nicht. Auf der Eckbank in der Küche lagen immer Werbeflyer und ungeöffnete Briefe.«
    Daniel schob beide Daumen durch die Gürtelschlaufen. »Vor zwei Tagen nicht.«
    Trotz allem ging er hinüber. »Nichts.«
    Oliver seufzte. Vielleicht im Schlafzimmer? Ein Büro hatte Walter hier oben nicht, obwohl mehr als genug Platz dafür da gewesen wäre.
    Er ging zum Schlafzimmer. Zögernd legte er die Hand über die

Weitere Kostenlose Bücher