Der Rikschamann
nicht ganz seine Wirkung. Die Polizei kann mir nichts, überlegte Pieter. Es ließ sich zwar nicht leugnen, dass er im Club mit der hübschen Kellnerin geflirtet hatte, aber da lebte sie schließlich noch. Und Nastja hatte den Laden – auch das würden Zeugen sicher bestätigen – eine ganze Zeit vor Pieter verlassen. Pieter beglückwünschte sich nachträglich zu dieser Vorsichtsmaßnahme. Da zahlte sich die jahrelange Routine im Fremdgehen mal aus. Niemand hatte gesehen, wie das Mädchen zu ihm in den Wagen gehuscht war – ebenso wenig gab es Zeugen für ihren Besuch in seinem Penthouse, von dessen Existenz ja ohnehin kaum jemand etwas wusste. Sorry, Herr Kommissar. Tut mir irrsinnig Leid für die arme Kleine, aber ich kann da absolut nicht weiterhelfen. Bei mir sind Sie an der falschen Adresse.
Und was die Erpresser betraf, könnte es ein echter Vorteil sein, dass sich dieser Oleg eingeschaltet hatte. Mit einem bisschen seines ansonsten stets gewohnten Piet-West-Glücks zerfleischten sich die kriminellen Konkurrenten gegenseitig. Vielleicht ließen sie sich gegeneinander ausspielen, darüber sollte man mal nachdenken…
Hoffnungsfroh beseelt schob sich Pieter von der Liege, ging hinüber zur Sauna und prüfte die Temperatur. Heiß und knackig, genau richtig. Er zog sich aus und warf die Sachen über einen Plastikstuhl. Gerade als er die Tür zur Sauna öffnete, quäkte anschwellender Beat aus dem Klamottenhaufen:
»You’re my blood, you’re my bone…«
Sein Telefon! Pieter wühlte es eilig hervor und meldete sich atemlos.
»Ja…?«
»Du hast hoffentlich die Million, Westheim?«
Der verzerrte Donald. Der bedrohliche Unterton untergrub Pieters neu gewonnene Zuversicht sofort. Versuch es, beschwor er sich. Versuch es einfach.
»Nein, hab’ ich nicht. Nicht hier.«
»Willst du lebenslänglich sitzen? Oder bist du einfach nur bescheuert?«
»Weder, noch.«
»Also?«
»Gestern war die Bank schon zu. Und heute ist Sonntag. Nicht mal ein Popstar hat eine Million in bar zu Hause rumliegen. Wenn du das glaubst, bist du bescheuert!«
»Du zahlst nicht, also gehst du in den Knast«, stellte Donald emotionslos fest. »Soweit ich weiß, stehen die Jungs da nicht besonders auf deinen Partysound. Aber bitte, wie du willst.«
»Nicht auflegen!« schrie Pieter – wesentlich lauter als beabsichtigt. »Ich sag’ doch gar nicht, dass ich nicht zahle! Ich komme bloß erst morgen an die Kohle ran!«
»Erzähl’ mir nicht, dass ein Multimillionaro wie du darauf warten muss, bis der Bankschalter öffnet, um an seine Kröten zu kommen. Du hast doch garantiert die Privatnummer vom Oberbanker!«
»Logo. Aber wenn ich dem Mann sonntags mit so was komme, dann merkt der sich das. Und wenn sich dann die Polizei ein bisschen um mich kümmert – und das wird sie leider – dann kriegt die das mit. Dann hab’ ich die richtig auf dem Hals! Das steh’ ich nicht durch! Da spar’ ich die Million lieber gleich für einen guten Strafverteidiger, anstatt sie dir in den Rachen zu werfen.«
Stille. Pieter hielt gespannt die Luft an.
Endlich ließ sich die verzerrte Stimme wieder vernehmen. »Morgen hast du das Geld. Das ist die letzte Ansage. Verarsch’ mich bloß nicht. Es gibt noch Schlimmeres als Knast, das willst du nicht kennen lernen!«
»Morgen, ist klar.« Punktsieg für mich, jubilierte Pieter innerlich. Vielleicht geht sogar noch mehr. »Aber wenn dieser Oleg wieder bei mir aufkreuzt, müssen wir vielleicht neu verhandeln.«
»Der wird schon nicht aufkreuzen.« Donald klang beinahe gemütlich.
»Kannst du mir das garantieren?« fragte Pieter aufmüpfig.
»Möchtest du noch einen Finger für deine Sammlung?« kam es so gelassen zurück, dass es Pieter mehr durch die Knochen fuhr als jede heftige Drohung.
»Scheiße, nein…«
Pieter schluckte vernehmlich. Am anderen Ende lachte es keckernd, dann brach die Verbindung abrupt ab.
»Bist du neuerdings FKK-Freak?«
Pieter fuhr erschrocken herum: An der Tür stand Elena und tat schockiert. Dabei hätte der Anblick ihres winzigen Bikinis jedem FKK-Freak umgehend die Schamröte ins Gesicht getrieben. Sogar nur mit dem Handy in der Hand hatte Pieter noch das Gefühl, vollständiger bekleidet zu sein als seine Frau. Leider ließ ihn das völlig kalt. Er hatte andere Sorgen.
»Wollte gerade in die Sauna, da ging das Handy«, erklärte Pieter und steckte das Handy wieder unter die Klamotten. »War aber nicht so wichtig. Wolltest du auch?« Er deutete auf die
Weitere Kostenlose Bücher