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Der Ring

Der Ring

Titel: Der Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Margroff und Piers Anthony
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Manchmal war es am besten, wenn man den Beringten nicht alles sagte, weil sie den falschen Leuten gegenüber und zum falschen Zeitpunkt damit herausplatzten. Vielleicht entwickelte die Gerichtsmedizinische A.G. eines Tages eine Ringsorte, die besser auf manche Vorhaben zugeschnitten war. Zwangsweise Ehrlichkeit war ja schön und gut, aber gelegentlich war sie allen nur im Wege. Nur, wie konnte man die Abstufungen der Ehrlichkeit definieren?
    „Sie werden diesen Ring fünf Jahre lang tragen“, sagte der Richter, und seine Gedanken kehrten zu seinem eingegangenen Rosenstrauch zurück. Wenn nur diese unerwartet zermürbende Tag erst vorbei wäre! „Nach diesen fünf Jahren können Sie in einen Laden gehen und sich einen neuen Finger anpassen lassen, oder Sie können auch einfach Ihren Ring wieder aus diesem Finger da herausnehmen lassen. Das ist nicht schmerzhafter als das Einsetzen.“
    „Aber was tut dieser Ring?“ fragte der junge Jeff Font kläglich. Der Junge begriff noch immer nicht.
    „Wir wollen ihn gerade einschalten“, sagte der Richter. „Ich glaube, seine Beschaffenheit wird Ihnen in ein paar Augenblicken klar.“
    Webster hielt ein Instrument über die beringte Hand und preßte es darauf. Ein kurzes Summen war zu hören. „Jetzt ist er eingeschaltet“, sagte er und nahm den Kasten weg.
    „ Was ist eingeschaltet?“ fragte Jeff unwirsch. „Au!“
    „Bleiben Sie nur ruhig sitzen und seien Sie vorsichtig, was Sie sagen“, warnte ihn der Richter. „Was Sie eben gespürt haben, war der erste milde Tadel. Sie sind jetzt an etwas angeschlossen, was manche gern das Übergewissen nennen. Jenes Gewissen, das sich jetzt immer bei Ihnen meldet, fünf Jahre lang jedenfalls; und hinterher werden Sie es vermutlich nicht mehr brauchen. Wissen Sie, warum der Ring Ihnen gerade einen Schock beigebracht hat?“
    Der junge Mann sah verwirrt seine Hand an. „Ich nehme an, wegen meines respektlosen Tons“, sagte er und zuckte zusammen.
    „Sie lernen schnell. Der Ring, oder vielmehr das Gewissen, das er verkörpert, verlangt, daß Sie in dem richtigen Ton zu der richtigen Person sprechen – und in der richtigen Anrede. Genaugenommen, wird der Schaltkreis von dem aktiviert, was in Ihnen vorgeht; der Ring gibt diesen Vorgängen nur Klauen und Zähne.“
    Jeff sah wieder seine Hand an. „Ich verstehe nicht, Euer Ehren. Wie kann ein Stück Metall meine Gedanken lesen?“
    „Das ist ein häufiges Mißverständnis. Der Ring selbst ist nicht das Übergewissen, wie ich ja auch schon erläutert habe. Er ist nur seine äußerliche Erscheinungsform. Bevor dieser Prozeß begann, sind Sie unter Drogeneinfluß gründlich befragt worden; es waren spitzfindigere Drogen als Wahr-Wahr. Das geschah nicht, um aus Ihnen belastende Informationen herauszuholen, da die Erlangung solcher Informationen in den Bereich des Prozesses fällt – sondern um Ihre moralische Haltung zu ergründen. Moral ist von Mensch zu Mensch etwas Verschiedenes, müssen Sie wissen – manche haben strenge Maßstäbe, während andere überhaupt kein Anstandsgefühl besitzen. Wieder andere haben grob verzerrte Werte, Geisteskranke etwa. Würde der Ring einfach dem unvorbereiteten Einzelmenschen angesteckt, wäre das Ergebnis gleich null. Nicht jeder glaubt zum Beispiel, daß Diebstahl etwas Unrechtes ist.“
    Er beobachtete den Mann – bereit, seinen Vortrag abzubrechen. Aber Font schien ehrlich interessiert zu sein. Das war ein gutes Zeichen. „Ich erinnere mich nicht …“
    „Sie waren bewußtlos“, sagte Crater. „Der Computer wandte sich direkt an Ihr Unterbewußtsein. Er brauchte keine Antworten aus der Oberflächen-Region Ihres Gehirns. Er vergewisserte sich Ihrer grundlegenden ethischen Beschaffenheit und verglich sie mit dem mutmaßlichen Ideal der gegenwärtigen Gesellschaft. Dann machte er Sie mit den Abweichungen – Ihren Abweichungen – von diesem Ideal bekannt. Das heißt, wenn Sie glaubten, daß eine Entführung in gewissen Fällen gerechtfertigt sei, so brachte er Ihnen bei, daß solche Fälle heutzutage nicht anerkannt werden. Er stellte sicher, daß Ihr Gehirn den Unterschied begriff, ob Sie nun bereit waren, mit dem Ideal übereinzustimmen oder nicht. Daß Sie diesem Ideal nacheifern, war noch nicht erforderlich.“
    Der Beringte war immer noch verwirrt. „Dann setzt also der Ring gar nicht …“
    „Der Ring setzt nicht die Maßstäbe, nein. Er erzwingt lediglich die Befolgung jenes Ihnen aufgeprägten Ideals. Der Ring ist der

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