Der Ring
diesem abgerichteten Richter also nicht beringen lassen?“
„Nein.“
„Was wolltest du mir sagen?“
„Zweierlei, Pamela. Erstens, Geoffrey Font senior war ein unschuldiger Mann.“
„Das gibst du zu!“
„Ich habe es nie bestritten. Jeff ist auf noch abwegigere Art ebenfalls aufs Kreuz gelegt worden. Da er der Überlebende ist, tue ich, was ich kann, um ihm zu helfen.“
„Indem du ihn zum Beringten machst!“
„Das stimmt, so seltsam es sich auch anhört.“
Sie schüttelte den Kopf, als wolle sie darauf Spinnenweben vertreiben. „Du hast eine komische Art, anderen Leuten zu helfen, Vatilein. Was war das zweite?“
„Daß du meine Tochter bist, daß ich dich als das erkenne, was du bist – und dich liebe.“
Pamela versuchte wieder zu lachen, aber es wollte ihr nicht gelingen. „Du …“
Ein halbes Dutzend kluger Bemerkungen gingen ihr durch den Kopf, aber alle fielen vor der Erkenntnis in sich zusammen, daß er auch das wieder ernst meinte. Er wußte über sie Bescheid – über die obszönen Gespräche, die Lügen, die aufreizenden Verführungen, die allgemeine Wertlosigkeit, die sich hinter der Kameen-Fassade verbarg; er hatte für all das den Beweis – doch er liebte sie.
Vielleicht war er der einzige Mann, der sie je lieben würde. Nur wenige andere blickten hinter die Kameenhaftigkeit, und die es taten, wurden von der Selbstsucht und der Seichtheit abgestoßen, die sie dort vorfanden. Es gab nur einen, der sie weder anbetete noch benutzen wollte. Das war der wichtigste: ihr Vater.
Sie wußte nicht, was sie sagen sollte, also sagte sie nichts. Ihr Blick wurde trüb von Tränen, die ausnahmsweise einmal spontan kamen. „Was … was deine kritische Anmerkung auch sein mag – ich werde mich daran halten.“
McKissic seufzte. „Es wird nicht leicht sein, Pamela. Aber es ist außerordentlich wichtig.“
„Ich werde es tun! Dieses eine Mal werde ich gehorchen. Sag’s mir nur. Soll ich den Beringten heiraten und es an ihm wiedergutmachen? Ich werde …“
„Nein, Pamela. Ganz das Gegenteil. Ich möchte, daß du dich von ihm fernhältst.“
Ihre Augen öffneten sich. „ Das soll ich? Ihn nicht heiraten?“
„Nicht einmal mit ihm sprechen, Pamela. Du mußt völlig aus seinem Leben verschwinden. Alles kannst du sonst tun, aber du darfst mit ihm nicht zusammenkommen.“
Sie starrte ihn an. „Aber du hast doch gesagt, daß er aufs Kreuz gelegt wurde. Wenn du das vor Gericht nicht aussagen willst und auch nicht willst, daß ich …“
„Mit der Zeit wirst du den Grund erfahren. Dann wirst du wissen, was zu tun ist. Bis dahin – geh ihm völlig aus dem Wege. Das ist alles, worum ich dich bitte.“
„Jetzt weiß ich nicht, ob ich das kann“, sagte sie. „Du weißt ja, wie sehr ich immer alles haben will, was ich nicht kriegen kann. Darum war ich auf diese Sekretärinnen von dir so eifersüchtig. Kannst du mir sagen, warum ?“
„Noch nicht. Lenke dich auf jede Art ab, die du dir wünschst, aber triff nicht wieder mit Jeff Font zusammen. Glaube mir, es muß so sein.“
„Ich werde es versuchen“, sagte sie. „Ich weiß nicht, wie ich es anstellen soll, aber versuchen werde ich es.“
Ed Bladderwart blickte aus dem Fenster seiner Bruchbude und setzte noch eine Bierflasche an. Er prostete der Hochstraße ironisch zu. Der Hochstraße und ihren vorbeiblitzenden Lichtern, von denen keines auf der nähergelegenen Fahrspur auftauchte.
Er fragte sich, ob es vielleicht auf der stillgelegten Strecke entlangrannte und nach eßbarem Abfall schnüffelte. Unsinn! Die Jahre waren vergangen, und seine Schwester war längst über den Schock der Ehe-Annullierung und ihrer Sterilisation hinweg, und außerdem war sie in einen anderen Bezirk des Landes gezogen. Sie hatte einen Nervenzusammenbruch erlitten, als das Ding entkommen war, aber es war weiter nichts darauf gefolgt; wahrscheinlich war es einem Kreisel unter das Rad geraten oder in einem Abfluß ertrunken.
Und immer noch geisterte es durch seine Erinnerung. Solch eine Strafe – für eine unter Spray-Einfluß durchfeierte Nacht!
Das hatte der Mediziner ja auch gesagt: Die Droge hinterließ ihre Spur tief drinnen, im Erbfaktorenmuster, wo sie nicht zu sehen war … nicht gleich. Die Entwöhnungskur konnte diese Art von Beschädigung nicht ungeschehen machen, egal, wie schnell sie angewandt wurde. Meist hatte man mit kleinen Dosen Glück – eine Hand oder ein Fuß oder ein Teil des Gesichts –, aber ein allumfassender Rausch
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