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Der Ring

Der Ring

Titel: Der Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Margroff und Piers Anthony
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wollte. Was er brauchte, war die normale Ausfahrt weiter vorn, nicht eine überfüllte Behelfsrampe. Er verlangsamte weiter seine Fahrt.
    Andere Wagen bremsten, blinkten, zogen ärgerlich um ihn herum und fädelten sich in die Umleitungsrampe ein. Der Ring warnte ihn; er mußte sich der Geschwindigkeit der anderen wieder angleichen und weiter im Strom mitschwimmen.
    TUUUUUUUT!
    Ein ungeheuer riesiger Duo raste von hinten auf ihn zu. Aus diesem Blickwinkel ragte er ebenso hoch wie ein Vielrad-Transporter, obwohl Jeff wußte, daß es eine grobe perspektivische Übertreibung war. Er hatte zu lange gezögert. Das war kein Gesetzesverstoß, aber sicherlich schlechte Beurteilung der Situation. Und er hielt sich für einen guten Fahrer!
    Jetzt saß er in der Klemme. Vom direkten Fluß des Verkehrs war er abgeschnitten, denn vor ihm lag die Sperre, und eine sichere Art, sich wieder einzufädeln, gab es nicht mehr.
    Nur noch Sekunden. Keine Zeit für Debatten mit dem Übergewissen und seiner Version, was richtig und was falsch war. Wenn er jetzt zu der Umleitungsspur hinüberfuhr, riskierte er, umzukommen und andere zu gefährden. In dem schnellen Strom gab es augenblicklich keine Lücke: Die Umleitung drängte alles zusammen. Er mußte durch die Sperre – ein Vergehen, aber der einzig vernünftige Weg.
    Schock!
    Der Ring verbot es. Er durfte absichtlich kein Gesetz mißachten.
    Aber sonst …
    Schock! Schock! Schock!
    Keine Zeit. Keine Wahl.
    SCHOCK!
    Und er fuhr über das Straßenband ohne Geländer. Seine Hand war ein Inferno. Die Sperre hinter ihm war umgestürzt. Er erinnerte sich nicht, eine Entscheidung getroffen zu haben; offensichtlich hatte das Paradox der widerstreitenden ethischen Gebote es ihm ermöglicht, in einer Explosion des Schmerzes zu tun, was, wie er wußte, in dieser Lage das beste war. Was er für das beste hielt, nicht das Übergewissen. In Ausnahmesituationen gab es keinen Ersatz für menschliche Urteilskraft.
    Paradoxa waren die tödliche Schwäche des Ringes. Er hatte gehört, daß viele Ringträger sterben mußten, weil sie sich als unfähig erwiesen, die Anpassung an ein rigoros gesetzestreues Leben zu vollziehen. Aber wahrscheinlicher war, daß sie sich angepaßt hatten – nur ihre Ringe nicht. Selten waren menschliche Angelegenheiten derart einfach beschaffen, daß es nur die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten gab, die eine richtig, die andere falsch. Setzte man einen starren Entweder-Oder-Aufpasser in einen Menschen hinein, der mehr Möglichkeiten sah …
    Immerhin war der Ring auch an die Wertvorstellungen des Trägers gebunden, die zu den Standardwerten in Beziehung standen. Der Ring besaß Differenzierungsvermögen. Er teilte für ein kleines Vergehen auch nur einen kleinen Schock aus, und einen starken Schock für ein großes Vergehen. Die Gerechtigkeit nach dem Motto Auge-um-Auge, Zahn-um-Zahn mochte zuzeiten fehlgehen, aber sie war etwas Durchgängiges. Sein Ring hatte seinen Versuch, den alten Dave Paxton zu retten, nicht völlig unmöglich gemacht. Es wurde von einem Menschen erwartet, einem anderen, in Not geratenen zu helfen – und dem Tod des Opfers nicht einfach seinen eigenen hinzuzufügen. Ein begrenzter Kompromiß war möglich.
    Konnte es auf ähnliche Weise eine Teillösung des Problems McKissic geben?
    Warum sollte er eigentlich nicht den Versuch machen, mit dem Mann zu reden? Es konnte doch Faktoren geben, von denen er nichts wußte.
    Aber die unmittelbare Gefahr war noch nicht vorüber. Er hatte den Wagen verlangsamt. Seine Gedanken hatten sich in adrenalingesättigte Sekunden gedrängt. Die Fahrspur vor ihm, auf der er hatte wenden wollen, war zu schmal. Er war über hundertundzwanzig gefahren, als die Gefahr drohte, und hatte die Geschwindigkeit offenbar erhöht, um durch die Absperrung zu kommen. Jetzt sah er, daß doch mehr als nur die Sicherheitsgeländer repariert wurde. Die Straßendecke war entfernt worden, und nun lagen die durchgerosteten Streben darunter frei. Nur derjenige Teil der Straßendecke, der als Gehsteg für die Arbeiter gebraucht wurde, war geblieben – kaum einen Meter achtzig breit. Die anderen Abfahrtspuren, unter und seitlich von ihm, waren ähnlich kahl. Kein Wunder, daß die Strecke abgesperrt war.
    Immerhin, ein Meter achtzig, das war für einen kleinen Wagen ausreichend Fahrspur. Jetzt, da die Würfel gefallen waren, fuhr er wohl besser weiter, statt einen gefährlichen Wendeversuch zu unternehmen – und einen ebenso gefährlichen Versuch,

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