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Der Ring des Sarazenen

Der Ring des Sarazenen

Titel: Der Ring des Sarazenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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erfüllen würden, aber sie konnte nicht anders, als diese Bitte zu äußern. Noch immer hatte sie den Blick des sterbenden Mannes vor Augen, den sie beim Ausbruch aus ihrem Zimmer so gnadenlos überrumpelt hatte, und wahrscheinlich würde sie seinen fürchterlichen Todeskampf ihr ganzes Leben lang nicht vergessen. Dabei war das vielleicht nur eine Anzahlung auf den Preis gewesen, den sie für ihren verzweifelten Fluchtversuch bezahlen musste. Sie war nicht nur aus ihrem Gefängnis ausgebrochen, sondern hatte mit ihrer Bluttat eine Lawine aus Gewalt und Tod losgetreten, die möglicherweise noch viele Unschuldige unter sich begrub.
    Sie schüttelte diese düsteren Gedanken ab, drückte die Klinke vorsichtig herunter und öffnete dann schwungvoll die Tür, um im selben Moment auf den Hof hinauszutreten. Zuerst sah sie im unsteten Licht der Fackeln nur tanzende Schatten. Dann nahm sie rechts von ihr eine Bewegung wahr, und als sie in die entsprechende Richtung blickte, erkannte sie die beiden Wächter, die ihre Posten verlassen und es sich auf dem Podest des Sklavenverkäufers gemütlich gemacht hatten. Das Geräusch der Tür ließ sie ihr Gespräch unterbrechen und neugierig, aber auch ein bisschen alarmiert, die Köpfe in ihre Richtung drehen.
    »Omar Khalid schickt mich«, sagte sie. »Ich soll euch Wasser und Essen bringen.«
    Einer der beiden Männer sah sie mit einem Ausdruck an, der vermutlich nichts anderes als gelangweilt war, in den Robin in ihrer Angst aber Misstrauen hineindeutete. Der andere richtete sich dagegen ein wenig auf und lachte leise. »Omars Geschäfte müssen gut gelaufen sein, wenn er sich so ungewohnt großzügig zeigt«, sagte er.
    »Bring es nur her.«
    Robin deutete ein Nicken an, trat wieder in den Schatten des Hausflures zurück und rief: »Das Tablett ist schwer. Könnt Ihr mir helfen?«
    Mit leeren Händen trat sie wieder auf den Hof hinaus und stellte mit Erschrecken fest, dass sich nur einer der beiden Männer erhob, um ihrer Bitte nachzukommen, während der andere nun doch ein wenig misstrauisch wirkte; zumindest aber überrascht. Sie war plötzlich sehr froh, den Schleier wieder angelegt zu haben, und das nicht nur, weil ihre helle Haut und ihre abendländischen Züge sie sonst sofort verraten hätten. Damit der Krieger nicht an ihr vorbei in den Gang hineinsehen konnte, trat sie rasch vor ihm ins Haus zurück und presste sich dann mit einer hastigen Bewegung an die Wand. Der Wächter blieb mitten im Schritt stehen und sog überrascht die Luft ein, aber das war auch alles, wozu er kam. Drei, vier starke Hände griffen aus der Dunkelheit heraus nach ihm, rissen ihn in den Gang hinein und zerrten ihn zu Boden. Robin hörte ein Ächzen, dann das dumpfe Klatschen von drei oder vier Schlägen.
    »Was ist da los?«, drang die Stimme des zweiten Kriegers vom Hof herein.
    Robins Herz machte einen Sprung. »Lasst das!«, rief sie. »Nein, habe ich gesagt! Ich will das nicht!«
    Ein dumpfes Poltern, dann das Geräusch schneller Schritte, die die kurze Treppe herabkamen. »Muhamed, lass das sein!«, rief der Krieger. »Du weißt, dass Omar es nicht schätzt, wenn…«
    Einer der Männer, die den Wächter zu Boden gezerrt hatten, sprang an Robin vorbei durch die Tür. Metall blitzte auf, und sie hörte den Ansatz eines Schreies, der aber nicht lange genug währte, um jemanden alarmieren zu können. Dann folgte der schreckliche, nur zu vertraute Laut, mit dem Stahl durch Fleisch schnitt. Robin schloss entsetzt die Augen. War es der dritte oder schon der vierte Tote? Und wie viele Leben würden noch auf ihrem Gewissen lasten, bis dieser Albtraum endlich vorüber war? Sie vermied es ganz bewusst, in die Richtung zu blicken, aus der das Keuchen und das Geräusch eines zu Boden stürzenden Körpers zu ihr gedrungen waren, als sie neben Saila und ihrer Tochter auf den Hof hinaustrat.
    Zwei der Fischer waren mittlerweile bereits am Tor und machten sich an der schweren Kette zu schaffen, die auf Omars Geheiß hin vorgelegt worden war. Robin fuhr erschrocken zusammen, als sie das Klirren der eisernen Glieder hörte, einen Laut, der in der Stille der Nacht weithin zu hören sein musste. »Hört auf!«, befahl sie im scharfen Flüsterton. Sie beschleunigte ihre Schritte, stieß einen der Sklaven, der ihre Worte missachtete und ebenso sinnlos wie lautstark weiter an der Kette herumzerrte, grob beiseite und hob den Schlüsselbund des toten Wächters, den sie mitgenommen hatte. »Vielleicht passt einer

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