Der rote Hahn: Dresden im Februar 1945 (German Edition)
letzten zwei. Dinah Shore sang Together + Always + I’ll Walk alone + There goes that Song Again; die ich gern mag.
Fünfzig Jahre danach
Mitleid und Verständnis in Großbritannien
Gespaltene Gefühle bei den Briten 50 Jahre nach
dem Angriff auf Dresden
Von Reinhart Häcker, London
Stuttgarter Zeitung, 13.2.95
Ein Wort des Bedauerns wird es von offizieller britischer Seite kaum geben, wenn der Herzog von Kent jetzt die Königin bei den Gedenkfeiern zur Zerstörung Dresdens durch britische und amerikanische Bomber vertritt. Auch der Bürgermeister und der Bischof der Schwesterstadt Coventry, mit Dresden durch ein vergleichbares Schicksal verbunden und beide als Gäste geladen, werden von britischer Schuld kaum sprechen: Dazu sind auch 50 Jahre nach all dem Grauen in Europa Recht und Unrecht zu ungleich verteilt. In Großbritannien ist man mit der eigenen Geschichte im reinen. In Deutschland nicht. Aber Mitleid und Verständnis, Ausgleich und Versöhnung – das immerhin ist möglich geworden.
»Die Amerikaner haben Hiroshima«, so kommentierte Jonathan Steele im linksliberalen »Guardian« dieser Tage, »wir haben Dresden. Kein Erinnerungstag ist unbequemer für das britische Volk.« Im nationalkonservativen »Daily Mail« ist hingegen zu lesen, Dresden sei neben dem Falkland-Krieg »das letzte Stück stolzer britischer Außenpolitik« gewesen, »ein bißchen gesunder Bestrafung« und gewiß nichts, was die Nation mit Scham erfülle. Die beiden Kommentarezeigen die Extreme, zwischen denen sich die Briten bei ihrem Gedenken an Dresden bewegen. Man darf nicht vergessen: Dem Jahrestag des verlustreichsten Massenbombardements des Zweiten Weltkriegs ging unmittelbar der Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz voraus.
Doch über den Sinn des Bombenkriegs, über die moralische und militärische Rechtfertigung des Angriffs auf Dresden ist in Großbritannien selbst schon vor Jahren eine bis heute nicht entschiedene Debatte entbrannt. Die Deutschen haben mit den Flächenbombardements ziviler Objekte angefangen, so lauten die Argumente zur Rechtfertigung der britischen Position; deutsche Bomber haben Coventry und Ostlondon zerstört, sie waren nur am Ende nicht so erfolgreich, und es war Stalin, der den Angriff auf Dresden verlangt hat – es war also auch ein Stück Politik. Die Kritiker verweisen indes darauf, die drei Bombennächte von Dresden hätten mit mindestens 30000 Toten mehr Menschenleben gekostet als alle deutschen Angriffe auf Großbritannien zusammengenommen, die Stadt sei im Februar 1945 vollgestopft mit Flüchtlingen gewesen. Die meisten britischen Historiker halten gerade den Angriff auf Dresden militärisch für sinnlos, einige sprechen sogar von einem Verbrechen. Und am »Dresden Trust«, einer von Bürgern ins Leben gerufenen Stiftung zur Wiederaufbauhilfe für die Frauenkirche, haben sich Tausende beteiligt – angeführt von der Königin selbst.
Der Kriegspremier Winston Churchill hat nach Dresden weitere Flächenbombardements auf Deutschland einstellen lassen, und er hat später dem Kommandeur des Bomberkommandos, Luftmarschall Arthur Harris, ebenso wie seiner Truppe die sonst üblichen Ehrungen verweigert: Harris wurde Sir, aber nicht Lord, und seine »Boys« erhielten keine kollektiven Medaillen, obwohl ihre Einheiten die höchsten Verluste aller britischen Waffengattungen zu tragen hatten.
Heinrich Meynert
Dresden 1833: Konditoreien und Kaffeehäuser
Ich habe mich schon oft gewundert und kann es noch in diesem Augenblicke nicht begreifen, wie in Dresden sich eine solche Unzahl von Konditoreien zu erhalten vermag. Diese bestehen hier wirklich in einem fabelhaften Überflusse, und selbst in den ersten Lebe- und Luxusstädten habe ich, im Verhältnisse, kaum die Hälfte derselben vorgefunden. In Dresden, einer Stadt, welche wegen ihrer notorischen Hungerleiderei oft genug ein Gegenstand fremder Spottsucht geworden ist, muß man sich umsomehr wundern, wie dergleichen zuckergebackene Institute, welche in der Regel doch nur auf Kosten eines schon raffinierten Luxus zu bestehen vermögen und mit prosaischer Philisterei, woran es doch in Dresden nicht fehlt, im entschiedensten Streite leben, hier ihre Rechnung finden, ja auch nur dürftig ihr Dasein fristen können. Nach meinen Begriffen läßt sich dies nicht anders erklären, als daß jenes Konditoreiwesen doch nur eine, freilich verfeinerte, vergeistigte Ausgeburt der Dresden tyrannisierenden Kneipensucht
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