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Der Rote Mond Von Kaikoura

Der Rote Mond Von Kaikoura

Titel: Der Rote Mond Von Kaikoura Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Laureen
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wusste, dass das Holz kommen würde? Warum hatte er Großvater nichts gesagt? Bevor Lillian ihre Verwunderung darüber äußern konnte, nahm Georg sie bei der Hand und zog sie mit sich.
    »Ich glaube nicht, dass der Mann, mit dem wir gesprochen haben, den Auftrag hatte, dich zu benachrichtigen«, wisperte ihm Lillian zu, als sie sich ein Stückchen entfernt hatten.
    »Ganz gewiss nicht«, entgegnete Georg. »Aber er wird es seinen Kameraden erzählen, und falls es jemand verschwitzt hat, kann er sich jetzt mit einem schlechten Gewissen herumplagen.«
    »Caldwell hätte es dir trotzdem sagen können.«
    »Er war mit uns im Busch, wahrscheinlich hat er selbst erst heute davon erfahren. Vielleicht ist auch gerade ein Telegramm zu uns unterwegs. Aber wir waren schneller. Und jetzt komm, lass uns diese Pracht anschauen!«

16
    Das Fest rückte schneller heran, als es Lillian lieb war. Zwischendurch schwankte sie immer wieder zwischen Verwirrung und unterschwelliger Freude. Außerdem fürchtete sie sich, und das in zweierlei Hinsicht. Zum einen war da der unverschämte Jason Ravenfield, der sich wahrscheinlich immer noch über ihre Sprachlosigkeit bei der Teestunde amüsierte. Und dann war da noch die Sache mit der Sternwarte. Wie Moskitos schwirrten die Gerüchte immer noch durch die Straßen. Wenn sie einkaufen ging, hatte sie ständig das Gefühl, dass die Leute nur ihretwegen die Köpfe zusammensteckten – auch wenn sie schwerlich wissen konnten, dass sie die Enkelin des seltsamen Deutschen war.
    Allerdings würde Samantha sie auf dem Ball mit einigen Leuten bekannt machen. Wenn sie in sich hineinhörte, meinte sie die Stimme ihrer Freundin Adele zu hören, die ihr riet, sich ins Vergnügen zu stürzen. »Du kannst doch nicht immer nur über deinen Büchern brüten«, schien sie ihr vorzuhalten. »Wie willst du denn je einen Bräutigam finden?«
    Früher war ihr der Einwand, dass sie keinen Mann brauchte, leicht über die Lippen gekommen, doch in diesem Augenblick, als sie ruhelos durch die Küche ging, ohne zu wissen, was sie tun sollte, fiel es ihr schwer, so zu reden. Nein, auch eine Wissenschaftlerin konnte verheiratet sein. Sie musste nur einen Mann finden, der ihre Arbeit tolerierte oder vielleicht sogar unterstützte.
    Sie brauchte einen Rat!
    Adele wäre dafür genau die Richtige gewesen, doch sie war Tausende von Meilen entfernt, so weit, dass bisher nicht einmal ein Brief von ihr eingetroffen war.
    Also marschierte sie schnurstracks zum Arbeitszimmer ihres Großvaters, der noch immer so ruhig war, als würde es das Gerede in der Stadt nicht geben.
    »Hast du schon gehört?«, begann sie, während sie auf den Schreibtisch zuging, hinter dem ihr Großvater Platz genommen hatte. Es war ein schweres Möbelstück mit verzierten Beinen und intarsienverzierter Tischplatte, an dem die Männer vom Fuhrunternehmen schwer zu schleppen gehabt hatten. Die schönen Verzierungen wurden allerdings von zahlreichen Papierrollen verdeckt, von denen einige bereits zu Boden gerollt waren.
    »Was soll ich gehört haben, Lilly?«
    »Die Leute in der Stadt … sie wissen Bescheid über die Sternwarte.«
    »Hm. Mach dir nichts draus, irgendwann musste es ja so kommen«, bemerkte ihr Großvater leichthin, während er sich über seine Konstruktionszeichnung beugte, die ein befreundeter Architekt aus Düsseldorf für ihn angefertigt hatte. »Mich erstaunt, dass es so lange gedauert hat. Immerhin sind wir doch deswegen hier, warum sollten wir uns also verstecken?«
    Lillian blickte ihren Großvater erstaunt an. Natürlich hatte er recht, aber dennoch …
    »Und wer hat es deiner Meinung nach herumerzählt?«
    »Die Männer, die das Holz angeliefert haben, ist doch klar! Wahrscheinlich haben sie erfahren, wofür das Holz ist. Mr Caldwell macht in Blenheim auch keinen Hehl aus unserem Vorhaben. Also sollten wir es auch nicht mehr tun.«
    Jetzt legte Georg die Zeichnung beiseite und sah sie an. »Ich mache mir nichts aus dem Tratsch, und du als angehende Wissenschaftlerin solltest das auch nicht tun. Solange die Leute von einem reden, ist man interessant.«
    »Aber ich möchte nicht, dass sie über dich spotten. Du arbeitest so hart für deine Forschung, dass es mir wehtut, wenn sie abfällige Bemerkungen machen.«
    »Das ist sehr lieb von dir, Lilly, aber du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Mich berührt das Geschwätz gar nicht. Und ich vertraue darauf, dass du uns schon gegen die Tratschmäuler verteidigen wirst, sollten sie die

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