Der Rote Wolf
dem Geruch von Alkohol in seinem Atem zurück, trat dennoch so nah wie möglich an ihn heran und sprach leise.
»Benny ist da möglicherweise auf etwas gestoßen, das er nicht hätte wissen sollen«, flüsterte sie.
Der Mann riss die Augen auf. Sie waren immer noch blutunterlaufen, und sie merkte, dass seine Trauer echt war.
»Geht es um F21?«
Sie zuckte mit den Schultern.
»Das kann ich im Moment noch nicht beurteilen«, sagte sie. »Ich muss erst mal mit Suup sprechen.« »Der geht immer Punkt fünf nach Hause.« »Aber tot ist er deshalb doch nicht, oder?«, meinte Annika.
Sie durfte sich an den Platz des für die Leserbriefe zuständigen Redakteurs setzen und packte ihr Notebook aus, nachdem sie vorsichtig die Stapel thematisch sortierter und handgeschriebener Empörungen zur Seite geschoben hatte. Während der Rechner hochfuhr, rief sie bei der Polizei an. Kommissar Suup war in der Tat um Punkt siebzehn Uhr nach Hause gegangen. »Wie ist sein Vorname?«, fragte Annika.
Der Streifenpolizist wirkte selbst erstaunt über seine Antwort. »Das weiß ich nicht.«
Dann rief er in den Raum hinein: »Hört mal, wie heißt Suup eigentlich mit vollem Namen?«
Gemurmel und Geraschel.
»Er steht als LG im Personalverzeichnis.«
Sie wollte mit dem Telefon auf dem Schreibtisch bei der Auskunft anrufen, musste jedoch feststellen, dass die Nummer gesperrt war. So war es auch beim
Katrineholms-Kuriren
gewesen, die Gespräche waren einfach zu teuer. Rasch schloss sie stattdessen ihr Notebook an das Telefonnetz an und stellte es so ein, dass sie ins Internet kam und den Server des
Abendblatts
anwählen konnte.
Auf der Homepage von Telia stellte sie dann fest, dass es weder in Lulea noch in Räneä, Pitea, Boden, Kalix oder Älvsbyn einen Suup mit den Initialen LG im Telefonbuch gab. Weiter konnte er unmöglich jeden Morgen pendeln, entschied sie. Stattdessen loggte sie sich bei der Dafa ein, der staatlichen Datenbank, die mittlerweile zum Glück im Internet zugänglich war.
Es gab einen Suup, Lars-Gunnar, geboren 1941, wohnhaft auf dem Kronvägen in Lulea.
Wieder auf der Homepage von Telia, gab sie Kronvägen im Adressfeld ein, und voilä! Eine gewisse Aino Suup hatte zwei Anschlüsse unter der Hausnummer 19. Annika ging aus dem Internet und verband das Telefon wieder mit dem Telefonnetz.
Gleichzeitig klingelte ihr Handy, und sie schlug sich an die Stirn. »Ich bin so dermaßen bescheuert«, sagte sie zu Anne Snapphane. »Warum zum Teufel telefoniere ich nicht mit dem Handy?« »Wie?«, sagte Anne.
Der Lärm im Hintergrund ließ auf Alkoholkonsum und eine spartanische Einrichtung schließen. »Wo bist du?«, fragte Annika. Die Verbindung war schlecht.
»Was?«, sagte Anne Snapphane. »Hallo? Störe ich dich gerade?« Annika sprach leise und langsam.
»Ich bin auf einen Journalistenmord gestoßen. Ruf mich gegen Mitternacht an, wenn du dann noch wach bist.«
Sie drückte das Gespräch weg, rief die erste von Aino Suups Nummern an und hörte das Piepen eines Faxgeräts. Daraufhin wählte sie die zweite und landete mitten im Intro der Fernsehnachrichten.
»Sie gehören also auch zu denen, die einen zu Hause belästigen«, sagte der Kommissar, klang jedoch nicht wirklich verärgert.
Wie Benny Ekland, dachte Annika, schloss die Augen und sagte:
»War der Volvo, den Sie im Hafen gefunden haben, ein goldfarbener V70?«
Sekundenlang war allein die feste Stimme des Nachrichtensprechers zu hören, dann wurde der Fernsehton plötzlich leiser gestellt.
»Jetzt machen Sie mich aber richtig neugierig«, sagte der Kommissar, sprach jedoch nicht weiter.
»Es hat keiner was durchsickern lassen«, stellte Annika klar. »Ich habe mit einem möglichen Zeugen gesprochen. Trifft die Information zu?«
»Kein Kommentar.«
»Off the record?«
»Darf ich mal kurz den Apparat wechseln?«
Er legte auf, und Annika musste anderthalb Ewigkeiten warten, bis der Hörer endlich wieder abgehoben wurde, diesmal jedoch ohne störende Fernsehgeräusche im Hintergrund.
»Sie könnten den Diensthabenden dazu überredet haben, Ihnen die Liste der Wagen vorzulesen, die Samstagnacht in Bergnäset gestohlen wurden«, sagte er.
»Dann stimmt es also?«
Sein zustimmendes Schweigen genügte ihr als Bestätigung.
»Ich würde es begrüßen, wenn Sie mir jetzt mal etwas mehr erzählen könnten«, sagte er.
Sie zögerte kurz, allerdings nicht ernsthaft. Ohne eine Stellungnahme des Kommissars hatte sie keine Geschichte.
»Ich habe mit einer
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