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Der Rote Wolf

Der Rote Wolf

Titel: Der Rote Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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Etablierung des amerikanischen Senders für sie war.
    »Wenn ich den Respekt der Verlegergemeinde genießen möchte, setzt dies voraus, dass ich der Eignerfamilie gegenüber in jeder denkbaren Situation kritisch und unabhängig bleibe«, sagte er.
    »Natürlich«, erwiderte Herman Wennergren, stand ebenfalls auf, nahm seine Aktentasche und knöpfte seinen Mantel zu. »Unabhängig, völlig klar, jedenfalls nach außen. Aber Sie sind doch nicht dumm, Schyman. Sie werden ja wohl nicht vergessen wollen, für wen Sie arbeiten, oder?«
    »Für den Journalismus«, erklärte Anders Schyman, und sein Unmut wuchs. »Die Wahrheit und die Demokratie.«
    Herman Wennergren seufzte müde.
    »Ja, ja«, sagte er. »Aber so begreifen Sie doch, was auf dem Spiel steht. Wie zum Teufel werden wir TV Scandinavia los?«
    »Sorgen Sie dafür, dass sie keine Sendelizenz bekommen«, antwortete Schyman.
    »Das wäre natürlich eine Lösung«, sagte er. »Aber wie sollen wir das anstellen?
    Wir haben alle Hebel in Bewegung gesetzt, aber vergeblich. Die Regierung lässt sich einfach nicht erweichen. Dieses amerikanische Konsortium erfüllt alle Kriterien, um die Erlaubnis zum digitalen Sendebetrieb zu bekommen. Die Bestimmungen werden nächsten Dienstag dem Parlament vorgelegt. Das Kultusministerium wird die in dem Papier genannten Bedingungen nicht ändern, nur weil wir es gern hätten.«
    »So bald schon?«, fragte Schyman. »Dann muss das Ganze ja sogar schon gedruckt sein.«
    »Die Beratungen sind seit langem abgeschlossen, aber Sie wissen ja, wie Frau Ministerin Björnlund ist. Es fällt ihr schwer genug, überhaupt etwas auf den Weg zu bringen, geschweige denn pünktlich. Wir haben bei der Parlamentsdruckerei nachgefragt, aber die entsprechende Druckvorlage ist dort noch nicht eingegangen.«
    Schyman sah auf seinen Schreibtisch hinab, und sein Blick fiel auf die Worte, die er auf eine Ecke der letzten Bilanz gekritzelt hatte, während er darüber nachdachte, wie hart er mit Annika Bengtzon umspringen sollte.
    Karina Björnlund verlobt mit Terrorist Ragnwald, sprengte Flugzeug auf F21????
    Er starrte die Worte an und spürte den Druck, der auf ihm lastete.
    Wie wollte er selbst die Situation der Medien im Schweden von morgen sehen?
    Wollte er, dass die schwedischen Medien von verantwortungsvoll und seriös agierenden Besitzern mit einer langen Tradition in der Bewahrung von Demokratie und Meinungsfreiheit verwaltet wurden? Oder konnte er zulassen, dass sie von einem global operierenden, dollarstinkenden Unterhaltungsriesen erstickt wurden? Konnte er vorsätzlich das
Abendblatt,
die
Tageszeitung,
die Buchverlage, die Rundfunk- und Fernsehsender in Gefahr bringen, nur um eine stereotype ethische Position zu vertreten? Noch dazu, wenn niemand erfuhr, welchen Preis er dafür zahlte, dass er diese Position vertrat?
    Und schließlich: War er bereit, hierfür seine eigene Karriere zu opfern?
    Anders Schyman griff nach der Bilanz mit der Notiz und sah den Aufsichtsratsvorsitzenden an.
    »Ich denke, es gibt da etwas, von dem Karina Björnlund nur sehr ungern sähe, wenn es ans Licht käme«, sagte er.
    Herman Wennergren hob interessiert die Augenbrauen.
    Schnee stob ihr ins Gesicht, und sie musste nach Luft schnappen. Hinter ihr schlossen sich die Türen des Zeitungsgebäudes, und sie hob die Hand über die Augen, um sich vor dem Licht des hell erleuchteten Zeitungslogos über ihrem Kopf zu schützen. Vor ihr lagen massiv und undurchdringlich die Straße und die Welt. Wie sollte sie nur die Kraft für einen einzigen Schritt finden? Wie sollte sie nach Hause kommen?
    Das war der größte Bockmist, den ich je gehört habe. Sie haben diese Spinnereien doch hoffentlich niemandem erzählt?
    In ihrem Kopf begannen die Engel zu singen, aber keine Worte, sondern nur Töne, die sie durch eine weite Leere hindurch zu erreichen schienen.
    Von jetzt an werden Sie sich nicht mehr mit dem Thema Terrorismus beschäftigen. Sie widmen sich keine Minute mehr Karina Björnlund oder diesem verdammten Ragnwald.
    Wie hatte sie sich nur so irren können? Wurde sie allmählich verrückt? Was war mit ihrem Kopf passiert? Lag es an dem Tunnel? War dort etwas in ihr kaputtgegangen, das sich nicht mehr reparieren ließ? Sie presste die Hände gegen die Ohren und schloss die Augen, um die Engel auszusperren, aber stattdessen fing sie die Schar auf diese Weise ein, und nun setzten sie sich erst recht in ihrem Gehirn fest, drangen in ihr Bewusstsein und fomulierten ihren

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