Der Ruf der Steine
noch unendlich viel zu tun – und die Zeit war so knapp.
Wie würde es enden?
»Peter! Mit Andy stimmt etwas nicht!«
Connie saß neben dem Kleinen unter dem Schirm, und der Junge warf sich unruhig hin und her. Er hatte die Augen geschlossen. Offenbar schlief er, aber gleichzeitig flüsterte er unablässig und wand sich dabei wie eine Schlange auf der heißen Herdplatte.
Peter packte ihn an den Schultern. »Andy! Andy!«
Urplötzlich hörten die Zuckungen auf, und der Junge setzte sich. »Daddy!«
»Ich bin ja da, mein Junge.«
»Daddy.« Seine Augen waren riesengroß und seine Stimme so hoch und zart wie eine Babystimme.
»Was ist denn los?«
»Ich werde Mommy wieder sehen.«
»Was hat er?«, fragte Sparky.
»Ich werde Mommy wieder sehen. Ich werde Mommy wieder sehen!«, wiederholte der Kleine in einem fort.
»Ich glaube, er befindet sich in einer Art Trance«, sagte Sparky. Sofort rannte Jackie zur Kühlbox, um Eiswasser zu holen.
Andy starrte Peter an, aber sein Blick war leer.
»Es ist ja gut, Andy. Alles ist gut.« Peter befeuchtete ein Handtuch mit Eiswasser und kühlte das kleine Gesicht.
Aber es half nichts. Starr sah der Junge vor sich hin. »Ich werde Mommy wieder sehen. Ich werde Mommy wieder sehen.«
Connie befühlte seine Stirn. »Ich glaube, er fantasiert. Er hat Fieber.«
Peter spürte die unglaubliche Hitze, die von dem kleinen Körper ausging. »Himmel, er glüht ja förmlich.«
Er schlang Andy das feuchte Tuch um die Stirn. Im nächsten Moment war sein Kopf völlig klar. Andy hatte schon früher ohne jede Vorwarnung gefiebert, aber nie so stark und auch nie so schnell. Kein Wunder, dass er so lethargisch war. Sein Gehirn konnte Schaden nehmen. Rasch packte er die Flasche und schüttete dem Jungen Eiswasser über das Haar.
»Daddy ist ja da, Andy«, sagte er. Panik erfüllte ihn. »Wir brauchen mehr Wasser.«
Jackie rannte los, um die Kühlbox zu holen.
»Es wird alles gut, Pooch. Es dauert nicht mehr lang.« Jackie brachte die restlichen Flaschen, und Peter begoss Andys Hemd und seinen Kopf.
Keine Reaktion. Nicht das leiseste Zucken der Augen. Nur dieser starre Blick gegen die Unterseite des Schirms. Und ständig formten die Lippen denselben Satz. »Ich werde Mommy wieder sehen.«
»Guter Gott!«, murmelte Peter. Ob er Andy an den Strand tragen und ihn im Meer abkühlen sollte? Im Krankenhaus machte man so etwas, um hohe Temperaturen rasch zu senken und Schädigungen des Gehirns vorzubeugen. Aber dies war kein normales Fieber. Auch keine Besessenheit, denn Andys Augen waren nicht verdreht. Außerdem brabbelte er ständig vor sich hin. O Gott, warum wiederholte er nur immer wieder diesen Satz?
Linda – sie hat dich verlassen und dafür von Andy Besitz ergriffen.
»O Gott, das kannst du doch nicht zulassen!«, schrie Peter. »Andy, wach auf!« Er wollte den Jungen hochheben, als dieser plötzlich verstummte.
»Er wacht auf«, sagte Connie.
Andy zwinkerte einige Male, bis keine Tropfen mehr an seinen Wimpern hingen. Dann drehte er den Kopf und sah Peter an, als ob er ihn zum ersten Mal sähe. Es dauerte nur wenige Augenblicke. Dann sprang er auf und starrte zu den Steinen hinüber.
»Alles okay, Pooch?«
Bevor er die Frage ausgesprochen hatte, rannte Andy bereits zu dem Hügel hinüber.
»Andy!«
Als Peter ihn endlich eingeholt hatte, kniete der Junge schon neben dem Kalkstein und grub wie verrückt im Boden. »Mommy, Mommy …«
Über ihm glänzte Hannahs Wünschelrute im Sonnenlicht.
Peter war so entsetzt, dass er am liebsten laut geschrien hätte. Zu dritt schafften sie es schließlich, den Jungen vom Boden wegzureißen und ihn daran zu hindern, sich immer wieder in das Loch hineinzustürzen, das er in Windeseile gebuddelt hatte. Seine Fingerchen bluteten, und Speichelfäden hingen ihm aus dem Mund.
»Mommy, Mommy …« Die Stimme klang viel zu ernst und zu tief für den kleinen Körper!
Peter hörte kaum, was Connie sagte. »Du musst mit ihm zum Arzt.«
»Ich hole das Boot«, sagte Jackie.
»Mommy, Mommy, Mommy …«
Mit der Kraft eines Erwachsenen wehrte sich Andy gegen Peter, der ihn jedoch nur festhalten wollte. »Mommy …« Diese schreckliche Stimme. Fremd und voller Rauch.
Linda, hör auf! Ich bitte dich!
»Andy, hör auf!«
»Mommy.« Das Gesichtchen verzerrte sich wie bei einem ängstlichen Äffchen.
Peter zog den Jungen zu sich herum und schlug ihm einmal kräftig auf die Wange. Noch nie hatte er bisher die Hand gegen seinen Jungen erhoben,
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