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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Möglichkeiten, Tante Claire«, murmelte er mir ins Ohr. »Gieß ihnen einen Topf kaltes Wasser über den Kopf, oder komm mit mir und laß sie es ausfechten. Ich habe ein paarmal gesehen, wie Onkel Jamie und meine Mama sich gestritten haben.
Glaub mir, du solltest zwei aufgebrachten Frasers lieber nicht im Weg stehen. Papa sagt, er hat es ein- oder zweimal versucht, und er trägt heute noch die Narben zum Beweis.«
    Ich warf einen letzten Blick auf die Situation und gab auf. Er hatte recht; sie standen Nase an Nase, das rote Haar gesträubt, die Augen geschlitzt wie ein Paar Rotluchse, die sich spuckend und fauchend umkreisten. Ich hätte das Heu in Brand setzen können, ohne daß es einer von ihnen auch nur einen Augenblick lang beachtet hätte.
    Draußen kam es mir bemerkenswert still und friedlich vor. Ein Ziegenmelker sang im Espenhain, und der Wind kam von Osten und trug das schwache Rauschen des Wasserfalls zu uns. Als wir an der Haustür anlangten, konnten wir nicht mehr hören, wie sie sich anbrüllten.
    »Mach dir keine Sorgen, Tante Claire«, sagte Ian tröstend. »Früher oder später bekommen sie Hunger.«
     
    Letztendlich war es doch nicht nötig, sie auszuhungern; Jamie kam ein paar Minuten später den Hügel heruntergestampft, holte ohne ein Wort sein Pferd von der Koppel, zäumte es auf, sprang auf und ritt ungesattelt im Galopp in die Richtung von Fergus’ Haus. Während ich seine Gestalt verschwinden sah, trat Brianna schnaufend wie eine Dampfmaschine aus dem Stall und kam auf das Haus zu.
    »Was heißt nighean ma galladh ?« wollte sie wissen, als sie mich an der Tür sah.
    »Ich weiß es nicht«, sagte ich. Ich wußte es wohl, hielt es aber für sehr viel klüger, es nicht zu übersetzen. »Ich bin sicher, er hat es nicht so gemeint«, fügte ich hinzu. »Äh… was auch immer es heißt.«
    »Ha«, sagte sie, stürmte wutschnaubend ins Haus und erschien einige Augenblicke später wieder mit dem Eierkorb über dem Arm. Wortlos verschwand sie im Gebüsch und rauschte dabei wie ein Hurrikan.
    Ich holte ein paarmal tief Luft und ging nach innen, um mit dem Kochen anzufangen. Dabei verfluchte ich Roger Wakefield.
    Die körperliche Erschöpfung schien zumindest einen Teil der negativen Energie im Haushalt zerstreut zu haben. Brianna verbrachte eine Stunde im Gebüsch und kehrte mit sechzehn Eiern und einem ruhigeren Gesicht zurück. In ihrem Haar hingen Blätter und Kletten, und dem Aussehen ihrer Schuhe nach hatte sie auf den einen oder anderen Baum eingetreten.
    Was Jamie getrieben hatte, wußte ich nicht, doch er kehrte zur Essenszeit zurück, verschwitzt und vom Wind zerzaust, aber äußerlich ruhig. Sie ignorierten sich gegenseitig bewußt, ein einigermaßen
schwieriges Unterfangen für zwei große Menschen, wenn sie auf fünfzig Quadratmetern zusammen eingesperrt sind. Ich warf Ian einen Blick zu, und er verdrehte die Augen und half mir, die große Servierschüssel zum Tisch zu tragen.
    Während des Abendessens beschränkte sich die Konversation auf Bitten um das Salz, danach räumte Brianna den Tisch ab, setzte sich ans Spinnrad und bearbeitete das Fußpedal mit unnötigem Nachdruck.
    Jamie erwiderte ihren zornigen Blick, ruckte dann mit dem Kopf in meine Richtung und ging hinaus. Er wartete auf dem Pfad zum Abort, als ich ihm einen Augenblick später folgte.
    »Was soll ich tun?« fragte er ohne Umschweife.
    »Dich entschuldigen«, sagte ich.
    »Mich entschuldigen?« Ihm schienen die Haare zu Berge zu stehen, obwohl es wahrscheinlich nur vom Wind kam. »Aber ich habe doch nichts Falsches getan.«
    »Was macht das denn für einen Unterschied?« sagte ich entnervt. »Du hast mich gefragt, was du tun sollst, und ich habe es dir gesagt.«
    Er atmete kräftig durch die Nase aus, zögerte einen Augenblick, drehte sich dann um und stapfte zum Haus zurück, die Schultern zum Märtyrertum oder zum Kampf hochgezogen.
    »Ich entschuldige mich«, sagte er, nachdem er sich vor ihr aufgebaut hatte.
    Vor Überraschung ließ sie fast das Garn fallen, fing es aber geschickt auf.
    »Oh«, sagte sie und errötete. Sie nahm den Fuß vom Pedal, und das große Rad verlangsamte sich ächzend.
    »Ich hatte unrecht«, sagte er mit einem schnellen Blick auf mich. Ich nickte ihm ermutigend zu, und er räusperte sich. »Ich hätte nicht -«
    »Ist schon gut.« Sie redete schnell, denn sie war darauf versessen, ihm entgegenzukommen. »Du hast nichts - ich meine, du wolltest mir ja nur helfen.« Sie blickte auf den Faden

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