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Der Ruf Der Walkueren

Der Ruf Der Walkueren

Titel: Der Ruf Der Walkueren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Kunz
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ihre Verachtung. So verachtete er sich selbst für seine Schwäche und die Unfähigkeit, sich aus seiner Abhängigkeit von ihr zu lösen. Er sollte sie verstoßen. Vermutlich wäre sie sogar froh darüber. Aber er konnte nicht. Nach ihr würde es nie wieder eine Frau für ihn geben, sie war alles, was er vom Leben wollte.
    Als das Kind in ihr heranreifte, war es für kurze Zeit anders gewesen. Eine seltene Sanftmut lag über allem, was sie tat, hin und wieder fand sie gar ein freundliches Wort für ihn. Er hatte das Kind schon geliebt, bevor es geboren wurde, allein aus dem Grund, weil es die Frucht seiner Liebe zur Svawenkönigin war. Als er Brünhilds wache Augen in dem kleinen Gesicht entdeckte, betete er seine Tochter an. Diesen kostbaren Schatz wieder zu verlieren, hatte ihm die Seele aus dem Leib gerissen. Und die Tür zum Herzen seiner Frau, die sich einen Spalt breit geöffnet hatte, schlug fester zu als je zuvor. Brünhild wollte nicht einmal die Trauer um das Kind mit ihm teilen, als habe er keinerlei Anteil an seiner Geburt gehabt, als sei er ein Fremder.
    Es hatte lange gedauert, bis er wieder den Wunsch empfand, ihr beizuliegen. Aber das Begehren war stärker und hatte seinen Widerstand hinweggefegt wie ein Blatt im Wind. Er zahlte einen hohen Preis dafür. Nie fühlte er den Schmerz unerfüllter Liebe so stark, wie in den Momenten wenn er ihr beiwohnte. Wenn er sie hungrig nach ihrer Wärme im Arm hielt und sie es kühl über sich ergehen ließ wie eine lästige Pflicht. Und ihm zugleich das verwehrte, was er am meisten von ihr begehrte: einen Kuss. Es war demütigend, Sklave seiner Leidenschaften zu sein. Unerwiderte Liebe war eine bittere Frucht. Sie stillte den Hunger nicht, im Gegenteil. Oft nahm er sich vor, seine Gefühle vor seiner Frau zu verschließen und nicht länger um ihre Gunst zu betteln, doch es funktionierte nie. Es gab eine Art Wahnsinn, die einen Mann wider besseres Wissen dazu treiben konnte, mit offenen Augen auf den Abgrund zuzugehen.
     
    Hagen beobachtete die Veränderungen im Königshaus mit Sorge. Gunter war kaum noch er selbst. Was immer in seinem Schlafgemach vorging, es belastete sein Königsheil. Es gab bereits Stimmen, die darüber nachdachten, Gislher ungeachtet seiner Jugend zum König zu machen. Hagen kniff zornig die Augenbrauen zusammen. Konnten die Leute denn nicht sehen? Gislher würde einmal ein großer Krieger werden, womöglich ein besserer als sein Bruder. Aber er war kein König. Gunter hingegen besaß eine unschätzbare Eigenschaft, die Hagen noch bei keinem anderen Gefolgsherrn gefunden hatte: Er sah sich selbst in nüchternem Licht. Er kannte seine Stärken und Schwächen und war in der Lage, Fehler zuzugeben und Ratschläge anzunehmen.
    Hagen hatte auch Brünhild schätzen gelernt. Sie war eine fähige Herrin und machte ihre Sache weit besser als es die meisten Frauen an ihrer Stelle gekonnt hätten. Außerdem liebte auch sie unglücklich. Er wusste es, weil er seinen eigenen Schmerz in ihr wiedererkannte. Vermutlich hatte sie den Mann ihres Herzens in Svawenland zurücklassen müssen, als sie ihre Wünsche zugunsten der Sicherheit ihres Reiches hintanstellte und sich entschied, Gunters Werbung anzunehmen, wie es eine gute Königin tun würde.
    Aber die Zeit heilte alle Wunden, dafür war er selbst das beste Beispiel. Zuerst hatte Grimhild sich in jedem weiblichen Lächeln, jeder anmutigen Bewegung verborgen gehalten, um ihn mit jäher Plötzlichkeit anzuspringen. Doch in zähem Kampf war es ihm gelungen, die Erinnerung an sie niederzuringen und seine qualvolle Liebe zu überwinden. Er sah der kommenden Begegnung nicht gerade frohen Herzens entgegen, aber er hatte auch keine Angst davor.
     
    Stimmengewirr war zu hören, Pferdewiehern und Kettenklirren. Brünhild schreckte aus ihren Gedanken, Gunter horchte auf, Hagen drehte sich zum Tor um. Sigfrid und Grimhild waren angekommen.
2
    Oda schloss ihre Tochter als Erste in die Arme. Wohlgenährt, gesunde Gesichtsfarbe   – es musste ihr gut gehen! Gislher wirbelte seine Schwester herum und rief sie bei jedem Kosenamen, den er sich je für sie ausgedacht hatte. Irmgard traten Tränen in die Augen, als sie ihre einstige Herrin begrüßte. Mit Grimhilds Launenhaftigkeit war sie besser zurechtgekommen als mit Brünhilds Kälte. Grimhild genoss es, im Mittelpunkt zu stehen. Wie ein aufgeregter Vogel flatterte sie von einem zum anderen und ließ sich von den Gefolgsmännern ihres Bruders umwerben.
    Hagen stand wie

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