Der Ruf der Wellen: Roman (German Edition)
gesagt.«
»Und ich habe dich gehört.« Die unterschiedlichsten Gefühle kämpften in ihm. Er wollte sie, und erkannte an der Art, wie ihr Mund sich auf seinen gepresst hatte, dass er sie haben konnte. Er brauchte sie und las auch ihre Sehnsucht nach ihm in ihren Augen. Wenn es also nur um Willen und Begehren ging, wäre der Kampf schnell vorbei.
Aber er liebte sie, und letztendlich blieb er als Opfer auf seinem eigenen Schlachtfeld zurück.
»Das ging nicht nur von mir aus, Tate. Aber du darfst es dir ruhig einbilden, wenn du dich dann besser fühlst.«
»Ich brauche mir gar nichts einzubilden. Lass mich los.«
Das hatte er längst getan! Und es gelang ihm, vage zu lächeln. »Du hältst mich fest, Süße.« Er streckte seine Hände mit den Handflächen nach oben vor sich aus.
Mit einem Fluch löste Tate ihre Arme, die sich unbewusst um ihn gelegt hatten. »Ich kenne das Verfahren, Lassiter, aber diesmal wird sich die Geschichte nicht wiederholen. Wir arbeiten zusammen, wir tauchen zusammen, mehr läuft nicht.«
»Du hast die Wahl, Rotschopf. So war es schon immer.«
»Dann ist ja alles klar.«
»Von mir aus.« Träge schwamm er auf dem Rücken. »Es sei denn, du hast Angst, dass du mir nicht widerstehen kannst.«
»Das schaffe ich schon«, rief sie hinter ihm her.
Er hätte sich darüber gefreut, noch einmal die Falte zwischen ihren Augenbrauen zu sehen. Doch Tate murmelte
leise vor sich hin, dann tauchte sie zur Abkühlung unter und schwamm in die entgegengesetzte Richtung.
»Du tauchst erst wieder, wenn du die schriftliche Prüfung bestanden hast.« Matthew hielt LaRue die Blätter unter die Nase. »So läuft das nun mal.«
»Ich bin kein Schuljunge.«
»Du bist in der Ausbildung. Ich bin dein Ausbilder, und du musst eine schriftliche Prüfung ablegen. Wenn du bestehst, darfst du tauchen, wenn du durchfällst, bleibst du an Bord. Beim ersten Teil geht es um die Ausrüstung.« Matthew beugte sich vor. »Weißt du noch, wozu der Regler dient?«
»Er befördert die Luft von der Sauerstoffflasche zum Taucher.« LaRue schob die Papiere beiseite. »Richtig?«
Matthew gab sie ihm zurück. »Und er besteht aus?«
»Besteht aus, besteht aus!« Wütend griff LaRue nach seinem Tabakbeutel. »Dem, äh, Mundstück, dem Schlauch und dem – wie heißt das noch gleich – Druckmesser?«
»Was ist ein Druckmesser?«
»Ein Teil, das den Druck reguliert. Warum nervst du mich mit diesem Kram?«
»Weil du erst tauchst, wenn du die Ausrüstung in- und auswendig kennst und ich mich davon überzeugt habe, dass du Physik und Physiologie kapiert hast.« Er reichte LaRue einen Bleistift. »Lass dir so viel Zeit, wie du willst, aber vergiss nicht, dass du erst unter Wasser gehst, wenn du fertig bist. Buck, hilf mir auf Deck.«
»Bin gleich da.«
LaRue betrachtete die Prüfungsfragen und sah dann Matthew nach, der durch die Tür verschwand. »Was ist das Boylesche Gesetz?«, flüsterte er Buck zu.
»Wenn der Druck …«
»Nicht mogeln«, rief Matthew. »Also wirklich, Buck.«
»Was soll ich sagen, LaRue, du bist auf dich allein
gestellt.« Reumütig folgte Buck Matthew an Deck. »Ich wollte ihm nur einen kleinen Tipp geben.«
»Und wer gibt ihm einen Tipp, wenn er in zwanzig Meter Tiefe die Grundlagen vergisst?«
»Du hast ja Recht – aber er macht sich doch ganz gut. Du hast gesagt, dass er Talent zum Tauchen hat.«
»Unter Wasser verhält er sich wie ein verdammter Fisch«, bestätigte Matthew grinsend. »Trotzdem kann er sich nicht vor den Details drücken.«
Er zog den Reißverschluss seines Taucheranzugs zu. Noch einmal überprüfte er seine Sauerstoffflaschen und die Regler, dann ließ er sich von Buck beim Anlegen helfen.
»Wir sehen uns nur ein wenig um«, bemerkte er, während er seinen Bleigürtel zuschnallte.
»Klar.«
Buck wusste, dass sie sich über der Marguerite befanden. Er und Matthew hatten jede Diskussion über das Wrack oder die Ereignisse vor acht Jahren vermieden. Buck wich Matthews Blick aus. Sein Neffe setzte sich hin, um seine Flossen anzulegen.
»Tate will Bilder machen«, erklärte Matthew, weil ihm nichts Besseres einfiel. Beiden war klar, dass sie sich ansehen wollten, was VanDyke zurückgelassen hatte.
»Ich weiß. Sie war schon immer ganz wild auf Bilder. Ist nett herangewachsen, nicht wahr?«
»Nicht übel. Und sag LaRue nicht mehr vor.«
»Und wenn er mich auf Knien anfleht.« Als Matthew seine Maske aufsetzte, verschwand Bucks Grinsen. Panik stieg in ihm auf.
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