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Der Ruf des Abendvogels Roman

Titel: Der Ruf des Abendvogels Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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meines Freundes steht hinten auf dem Umschlag – er heißt William Crombie.«
    Tara fing an zu suchen, während Victoria weitersprach. »William hat diesen Teppichbetrieb vor ungefähr zehn Jahren gekauft, als Geldanlage. Er war nie knapp an Rupien. Als Tom und ich noch drüben lebten, besaß er mehrere Hotels. Anscheinend war die Teppichherstellung so etwas wie eine Goldmine – William trat immer als eine Art Krösus auf. Als ich das letzte Mal von ihm hörte, hatte er fast zweihundert Angestellte und exportierte die Teppiche in die ganze Welt.« Victoria hörte Papier rascheln. »Was ist los, Tara – kannst du ihn nicht finden?«
    »Nein. Bist du sicher, dass du ihn in diese Schublade gelegt hast?«
    »Ja, ich bin mir ganz sicher.« Victoria stand auf und folgte Tara ins Schlafzimmer.
    »Kann er noch irgendwo anders sein?«, wollte Tara wissen.
    »Nein. Meine Korrespondenz bewahre ich nur dort auf.«
    Tara suchte weiter, aber der Brief war nicht zu finden. »Dann können wir jetzt nur noch eines tun, Tante Victoria: Ich muss einen neuen Brief schreiben.«
    »Es würde aber Monate dauern, bis wir eine Antwort erhalten, und die Zeit haben wir nicht.«
    »Ich weiß – aber was gibt es für eine Alternative? In der Zwischenzeit können wir weiter nach dem Antwortschreiben suchen. Vielleicht hat Nerida es beim Aufräumen irgendwo anders hingelegt.«
    »Das glaube ich nicht«, meinte Victoria sichtlich verwirrt. »Sie rührt meine persönlichen Papiere normalerweise nicht an.«
    »Keine Angst – wir werden den Brief schon finden!«
    Plötzlich hellte sich Victorias Miene auf. »Wir könnten doch ein Telegramm schicken?«
    »Aber von wo aus? Es gibt hier doch keine Telegrafenlinie, oder?«
    »Oh doch – sie führt genau durch Wombat Creek. Percys Laden ist gleichzeitig das Postamt – er kann ein Telegramm für uns abschicken.«
    »Das ist eine gute Nachricht, Tante Victoria. Entweder bitten wir Ethan, dass er eine Nachricht mit nach Wombat Creek nimmt, wenn er das nächste Mal hinreitet, oder ich mache mich selbst auf den Weg.«
    »Ich bin sicher, Ethan wird das für uns erledigen!«
    »Dann fragen wir ihn gleich morgen früh. William Crombie könnte ein Antworttelegramm nach Wombat Creek schicken, und wir hätten seine Nachricht innerhalb kürzester Zeit.« Tara umschloss die Hand ihrer Tante mit ihrer eigenen. »Ich möchte nicht, dass du dir zu große Sorgen machst, Tante Victoria. Gemeinsam werden wir die Farm retten, ganz egal was wir dafür tun müssen, das verspreche ich dir!« Sie hatte zwar im Augenblick keine Ahnung, wie sie das Unmögliche möglich machen sollte, aber sie konnte den Schmerz in den Augen ihrer Tante nicht ertragen. Insgeheim betete sie, William Crombie möge ihnen zu Hilfe eilen.
    »In meinem Abendgebet werde ich dem lieben Gott speziell dafür danken, dass er dich hergeschickt hat«, meinte Victoria.
    Tara lächelte schwach. »Ich muss mich beim lieben Gott dafür bedanken, dass ich eine so großzügige Tante habe, die mich und die Kinder bei sich aufnimmt. Aber wenn du ohnehin mit ihm sprichst, dann frag ihn bitte, ob er nicht ein Wunder für uns übrig hat! Gute Nacht, Tante Victoria – und mach dir nicht zu viele Gedanken.«
    Nachdem Tara in ihr Zimmer gegangen war, setzte sich Victoria noch einmal auf den Balkon und starrte hinaus über das Land, das sie so leidenschaftlich liebte.
    »Ich werde Tambora nicht verlieren«, flüsterte sie. »Jedenfalls nicht, solange noch Leben in mir ist!« Tränen strömten ihr über die Wangen, und sie wischte sie ungeduldig fort. »Jetzt ist es nicht mehr nur mein Zuhause, sondern auch Taras Heimat und die der Kinder. Wir dürfen die Farm nicht verlieren – wir dürfen einfach nicht!«

16
    D ie Schreie der Papageien weckten Tara kurz vor Tagesan- bruch. Sie hatte insgesamt kaum mehr als ein paar Minuten geschlafen, weil die Opossums den Weg in ihr Schlafzimmer gefunden hatten, kurz nachdem sie sich hingelegt hatte. Sie waren über ihre Frisierkommode gehüpft und hatten Gegenstände umgeworfen, hatten die Bettpfosten und die Stangen, an denen das Moskitonetz aufgehängt war, als Klettergerüst missbraucht und waren sogar unter ihr Bett gekrochen. Zum Glück waren sie wenigstens nicht auch noch unter die Decke geschlüpft, aber als sie die Lampe entzündete, um die Tiere zu verjagen, stellte sie verärgert fest, dass diese ihre Hinterlassenschaften im ganzen Raum verteilt hatten. Als sie wieder in die Bäume zurückgekehrt waren und Tara gedacht

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