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Der Ruf des Abendvogels Roman

Titel: Der Ruf des Abendvogels Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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fühlte sich auf dem Pferderücken sehr viel wohler als auf dem Kamel. »Wann warst du zum letzten Mal in der Stadt, Tante Victoria? Und wie lange ist es her, dass du Besucher hier gehabt hast?«
    »In Wombat Creek bin ich schon mehr als ein Jahr nicht mehr gewesen, und ich habe monatelang keinen Besuch mehr gehabt. Bis das Funkgerät kaputtging, habe ich mich damit wenigstens auf dem Laufenden gehalten.«
    »Du musst dich sehr einsam gefühlt haben, nicht wahr?«
    »Ja, das muss ich zugeben. Ich liebe zwar die Ruhe und den Frieden hier draußen, aber es tut immer gut, mit anderen Menschen zu sprechen und zu erfahren, was auf der Welt passiert.«
    »Wombat Creek ist zwar nicht gerade der Nabel der Welt, aber ich werde trotzdem in der kommenden Woche hinreiten«, meinte Tara. Ferris behauptet, das Hotel sei am Wochenende manchmal regelrecht überfüllt; ich bin nicht sicher, ob ich ihm glauben soll, und habe beschlossen, es mir selbst anzusehen. Sie lachte. »Du hättest Ferris’ und Percys Gesichter sehen sollen, als ich ihnen vorschlug, am Wochenende doch einmal mit Lottie und den Mädchen ein Fest zu feiern.«
    Auch Victoria musste lachen. »Du hattest immer schon so verrückte Einfälle, Tara!«
    »Es ist schlimm, wie die Männer sie behandeln, und so scheinheilig! Ethan geht ab und zu hin, Ferris war regelmäßig dort, bevor er Charity geheiratet hat, und ich vermute, dass Percy die Mädchen auch ab und zu besucht, weil Belle mir eine Uhr gegeben hat, die ich ihm wiedergeben sollte.«
    Victoria war erstaunt. »Wie falsch er ist! Seinem Benehmen nach müsste man ihn für einen Ausbund an Tugend halten!«
    »Sie wussten alle drei, dass ich die Frauen besuchen wollte, aber keiner von ihnen hatte den Mut, mir zu sagen, dass sie Prostituierte sind. Für mich hätte es keinen Unterschied gemacht, ich wäre trotzdem hingegangen – aber dass ich es nicht wusste, hat Lottie in die peinliche Lage gebracht, es mir selbst erzählen zu müssen. Ich war so wütend, weil es demütigend für sie war, und deshalb habe ich mir nach meiner Rückkehr ins Hotel einen kleinen Scherz mit den Männern erlaubt.«
    »Und wie?«
    »Ich habe ihnen erzählt, ich hätte die Frauen hierher zum Tee eingeladen. Ich glaube, Ethan hat meine Absicht durchschaut, aber du hättest Ferris’ und Percys Gesichter sehen sollen – einfach unbezahlbar!«
    »Das kann ich mir vorstellen – aber auch wenn Lottie wirklich eine bemerkenswerte Frau ist und ein Herz aus Gold hat, wirst du die Haltung der Männer nicht ändern können.«
    »Ich habe die Frauen gefragt, ob ihr befreundet seid, aber sie haben Nein gesagt.«
    Victoria seufzte. »Das war Lotties Entscheidung, Tara. Ich mag sie und bewundere ihren Mut. Für mich ist sie ein Mensch wie jeder andere auch, und ganz bestimmt ehrlicher als Percy Everett. Sie bietet bestimmte ... Dienstleistungen an, aber wie sie ihr Geld verdient, interessiert mich nicht. Als sie herkam, hat sie in einem winzigen Zelt hinter dem Hotel campiert.«
    »Das hat sie mir erzählt – es muss schrecklich gewesen sein.«
    »Unglücklicherweise hatten wir in jenem Jahr auch noch ganz außergewöhnlich viel Regen. Sie tat mir so Leid, dass ich ihr angeboten habe, hier zu wohnen, aber sie wollte nichts davon hören. Sie ist so eine stolze Frau – aber im umgekehrten Fall hätte sie mich sicher gegen ihren Willen in ihre Haus gezerrt!«
    »Sie erzählte, jemand habe ihr das Geld für den Hausbau geliehen.«
    Victoria nickte. »Hat sie auch gesagt, wer es war?«
    »Nein.« Plötzlich kam Tara ein Gedanke, der sich durch Victorias nächste Worten bestätigte.
    »Das waren Tom und ich, aber niemand wusste davon. Wir hatten gerade unser Haus gebaut, als sie in Wombat Creek ankam, und es schien so prunkvoll im Vergleich zu den furchtbaren Verhältnissen, in denen sie lebte. Und trotz ihrer Situation hat Ferris ihr nicht geholfen. Er hat ihr sogar noch Geld für die Benutzung seines Bades und für Trinkwasser abgenommen, und wenn sie kein Geld hatte, musste sie irgendwie ohne zurechtkommen.« Victoria seufzte in Erinnerung daran, wie wütend sie damals gewesen war. »Wir hatten große Mühe, sie zu überreden, das Geld für ihr Haus anzunehmen, vor allem, weil wir es nicht zurückhaben wollten. Als sie schließlich einwilligte, tat sie es nur unter der Bedingung, dass es ein Darlehen war und sie es mit Zinsen zurückzahlen würde. Nach einigem Hin und Her haben wir uns darauf geeinigt.«
    »Ich hatte nicht angenommen, dass Percy oder

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