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Der Ruf des Abendvogels Roman

Titel: Der Ruf des Abendvogels Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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möglich gehalten hätte.
    Tara hatte Garvies Unzuverlässigkeit immer mit dem Nomadenleben der Zigeuner entschuldigt, ebenso die Tatsache, dass er niemals für sie da gewesen war, wenn sie ihn gebraucht hätte. Das war einfacher gewesen, als sich der Wahrheit zu stellen, die sie zum ersten Mal klar durchschaute: In Wirklichkeit war Garvie ein unverbesserlicher Schurke gewesen, der das Unglück anzog und ohne Skrupel über die Gesetze der Siedler hinweggegangen war. Das hatte er oft getan, mit bitteren Konsequenzen. Tara dachte an Rory und Jasper und einige andere unter den Zigeunern und musste feststellen, dass sie ihre Familien immer unterstützt und ihnen so viel Sicherheit gegeben hatten, wie es ein Leben in ständiger Wanderschaft überhaupt bieten konnte. Verwundert fragte sie sich, warum sie das noch niemals zuvor so deutlich erkannt hatte.
    »Was geht Ihnen durch den Kopf?«, fragte Ethan, der sie aus seinen dunklen, faszinierenden Augen aufmerksam ansah.
    Tara wandte sich halb von ihm ab, plötzlich erfüllt von sehr beunruhigenden Gefühlen. »Ich habe nur über etwas nachgedacht ... und etwas erkannt, das ich nie zuvor so gesehen hatte«, gab sie leise zurück.
    »Und das wäre?«
    »Ich bin selbst überrascht«, meinte sie zögernd, »aber ich glaube, das Leben hier draußen hat mir geholfen, jemanden drüben in Irland im rechten Licht zu sehen.«
    Ethan blieb eine Weile stumm. Tara suchte seinen Blick, doch er starrte hinaus in das weite Land, das sie umgab, über Gräser und Buschland, genau, wie die Aborigines es taten: aufmerksam lauschend und mit offenen Sinnen.
    Tara fielen seine Worte wieder ein, dass dieses riesige Land ihr die Augen öffnen und ihre Sicht des Lebens verändern würde. Sie hatte ihm nicht geglaubt, aber jetzt spürte sie, dass es tatsächlichgeschah. Sie fragte sich allerdings, ob es wirklich der Einfluss des Landes war oder nicht vielmehr dieser eigenwillige Mann.
    »Dieses Land besitzt sehr viel Seele – es ist der ideale Ort, um die Wahrheit zu finden«, meinte Ethan in diesem Moment. Dann erschienen Lachfältchen um seine Augen herum, und er fügte hinzu: »Ich hatte gedacht, in Ihrem Fall würde es viel länger dauern.«
    Erstaunt starrte Tara ihn an, und er lachte laut auf.

19
    G uten Morgen, Tante Victoria«, sagte Tara, als sie das Ess- zimmer betrat. »Wo sind sie denn alle?«
    Es war erst halb sieben Uhr morgens, und das Haus lag so still da wie eine Kirche. Weil es Sonntag war, hatte Tara den Männern gesagt, sie sollten mindestens eine Stunde länger schlafen, bevor sie den Zaun um den Gemüsegarten in Angriff nahmen. Sie hatte angekündigt, das Frühstück für acht Uhr vorzubereiten, wunderte sich jedoch, wo Tadd, Nerida und die Kinder waren.
    »Hannah ist mit Nerida hinausgegangen, um die Hühner- und Gänseeier einzusammeln«, erklärte ihre Tante. »Jack ist bei Tadd – er sieht zu, wie Tadd die Hunde trainiert. Zumindest wissen wir so, dass er eine Weile beschäftigt ist und nicht auf dumme Gedanken kommt. Vorhin habe ich gehört, wie Sanja ihn ausschimpfte, als er mit einem Löffel voller Sirup aus dem Keller kam.«
    »Ich habe das Schloss an der Tür gesehen und dachte, du würdest dir Sorgen machen, dass mehr Wein verschwinden könnte.«
    Victoria schüttelte den Kopf. »Tadd wird ihn nicht mehr anrühren, jetzt, wo er weiß, dass ich darauf achte.« Ihre Miene wurde plötzlich betrübt. »Sag Jack bitte nichts, Tara, aber ich habe Zac draußen in einem Baum entdeckt.«
    »Glaubst du, dass Jack ihn freigelassen hat?«
    »Zumindest weiß ich, dass er die Kette, mit der er an der Stange angebunden war, nicht selbst gelöst haben kann.«
    Tara seufzte. »Es tut mir so Leid, Tante Victoria. Ich weiß, dass du ihn schon viele Jahre lang hattest. Könnten wir ihn nicht wieder einfangen?«
    »Ich bin gar nicht so traurig darüber, Tara. Zac hat sich seine Freiheit redlich verdient. Ich hätte ihn selbst hinausgelassen, aber ich hatte Angst, er würde wegen der Trockenheit sterben. Noch ist er nicht weggeflogen, deshalb habe ich Wasser und Körner auf den Balkon vor meinem Schlafzimmer gestellt.«
    Tara stimmte ihr zu, dass Zac frei sein sollte – doch sie sah, dass ihre Tante sich Sorgen machte. Obwohl der Papagei sehr laut gewesen war, besonders morgens, wenn er seine wilden Artgenossen draußen in den Bäumen gehört hatte, so hatte er doch zur Familie gehört.
    Sie setzte sich an den Tisch und bestrich einen Pfannkuchen mit Marmelade. Aus Begeisterung über

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