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Der Ruf des Abendvogels Roman

Titel: Der Ruf des Abendvogels Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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klar, dass ihre Tante Tadds doppeltes Spiel noch immer nicht durchschaute. »Wir haben sie gerade begraben. Jack ist mit Shellie nach oben gegangen.«
    Victoria wirkte zutiefst bekümmert. Es war schlimm genug, dass sie Mellie verloren hatten, die für sie wie ein Familienmitglied gewesen war – doch noch schlimmer war es, Jack so traurig zu sehen ...
    »Tante Victoria, darf ich dich bitten, Tadd davon abzuhalten, Shellie zu verkaufen? Ich weiß, dass wir das Geld brauchen, aber sie ist Mellie sehr ähnlich und sie scheint auch sehr an Jack zu hängen.«
    »Wenn es Jack glücklich macht, Tara, dann bleibt sie hier. Tadd kann nichts dagegen sagen, weil wir Mellie ersetzen müssen.«
    Tara atmete erleichtert auf. Sie war nicht sicher gewesen, ob ihre Tante sie unterstützen würde.
    Sie gingen zusammen ins Wohnzimmer und setzten sich. Plötzlich sagte Victoria: »Ich habe eine ziemlich überraschende Neuigkeit. Lottie hat sich während eurer Abwesenheit gemeldet und gesagt, die Scherer seien in der Stadt.«
    »Aber das wusstest du doch schon, nicht wahr?«
    »Ja, aber anscheinend ist einer der Männer gestern Abend bei Maddy gewesen und hat behauptet, sie kämen aus dem gleichenGrund nicht hierher, aus dem der Rest der Stadt sich gegen uns gewendet hat ...«
    »Weil ich bei den Zigeunern gelebt habe ...«
    »Ja, aber warte, es geht noch weiter!« Noch immer verblüfft über die Nachricht fuhr Victoria fort: »Lottie ist so wütend geworden, dass sie den Scherer hinausgeworfen hat, bevor er noch seine Hose wieder angezogen hatte – und dann hat sie zum Streik aufgerufen. Kannst du dir das vorstellen?« Victoria sah Tara aus großen Augen an. »Lottie und die Mädchen streiken!« Sie lachte. »Ich habe noch nie etwas Ähnliches gehört. Die allein stehenden Männer auf den Farmern werden Amok laufen, besonders die Scherer und die Viehtreiber. Sie gehen immer zu Lottie, wenn sie in der Stadt sind. Außer vielleicht Wally Sherbourne, der es nicht wagt, weil Dixie ihn umbringt, wenn sie dahinter kommt. Aber ich weiß, dass die anderen regelmäßig dorthin gehen.« Sie verschränkte ihre Hände ineinander. »Gute Lottie – sie sagte, sie wird den Streik nicht eher beenden, als bis die Scherer herkommen und unsere Schafe scheren.«
    »Glaubst du, das könnte funktionieren?«
    »Das wird sich erst mit der Zeit herausstellen.«
    Tara seufzte. »Aber wir haben keine Zeit, Tante Victoria. Charlie, Bluey und Karl haben gesagt, wenn die Männer nicht morgen in aller Frühe hier sind, machen sie sich selbst an die Arbeit.«
    Victoria war ebenso überrascht wie gerührt. »Wir haben leider nur ein paar sehr alte Scheren, und die Männer, Gott segne sie, sind darin nicht sehr geübt.«
    »Sie geben ja auch zu, dass sie langsam sind und kein gutes Werkzeug haben – aber dafür sind sie willig und sogar bereit, es mir beizubringen. Wenn Riordan und Ethan auch helfen, können wir den Liefertermin für die Wolle vielleicht doch einhalten.«
    Victoria wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. »Gut, dass ich euch alle habe«, sagte sie. »Aber wenn die Scherer nicht kommen, haben wir so gut wie keine Chance.«Riordan kam aus dem Haus, gesellte sich zu Tara auf die Veranda und setzte sich neben sie. Sie wollte noch rasch etwas trinken, bevor sie zu den Schererhütten hinüberging. Charlie und Bluey wollten ihr dort das Scheren zeigen. Sie hatte Riordan seit zwei Tagen kaum gesehen und fand, dass er leicht verlegen wirkte, als er sich in den Sessel neben dem ihren fallen ließ. Sie fragte sich, ob er sich Vorwürfe machte, weil das Bild in Wombat Creek angekommen war, oder ob er es nicht ertrug, weil ihr vergangenes Leben als Zigeunerin nun allgemein bekannt war.
    »Du gehörst nicht hierher, Tara«, begann er. »Zumindest nicht mehr als ich. Deine Mutter ist übrigens der gleichen Meinung.« Er hatte zwar Freude am Zusammentreiben der Schafe gefunden, doch er vermisste die Welt der Kunst und die Euphorie nach einem guten Kauf.
    »Um ehrlich zu sein, ich weiß selbst nicht genau, wohin ich gehöre, Riordan, ganz besonders in diesem Moment. Aber ich bin hergekommen, um einen neuen Anfang zu machen und meiner Tante zu helfen. Ich gebe zu, dass ich das Outback zuerst gehasst habe. Die Fliegen und den Staub mag ich noch immer nicht, aber dieses Land hat seine ganz eigene Art, einen gefangen zu nehmen. Ich fange langsam an zu verstehen, warum meine Tante es so lieb gewonnen hat.«
    »Bitte versteh das nicht falsch, aber im Moment wäre es

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