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Der Ruf des Abendvogels Roman

Titel: Der Ruf des Abendvogels Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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daran nie etwas ändern würde. Schreckliche schwarze Fliegen schwirrten ihr um den Kopf. Sie verscheuchte sie mit einer Handbewegung, doch sie kehrten sofort zurück und trieben sie zur Verzweiflung. »Ich kann einfach nicht glauben, dass meine Tante hierher gekommen und geblieben ist, besonders nachdem Tom gestorben war!« Ihre Augen füllten sich wieder mit Tränen.
    Ethan Hunters Züge wurden weicher. »Ich kenne Victoria, seit sie zum ersten Mal nach Tambora gekommen ist. Das Haus war noch nicht einmal gebaut, sie haben in einem offenen Unterstand geschlafen. Damals hat sie sich geschworen, niemals engstirnig zu werden, das muss man ihr lassen – sie ist sich treu geblieben. Mit der Zeit hat sie trotz ständiger Schwierigkeiten die Schönheit dieses Landes schätzen gelernt.«
    Tara verstand das alles nicht. Schönheit? Sie sah nichts davon, und ebenso wenig konnte sie begreifen, dass jemand es erstrebenswert fand, ständig gegen Schwierigkeiten anzukämpfen.
    Ethan bemerkte ihre Verwirrung und schien ihre Gedanken zulesen. »Ich weiß, dass Victoria sich am Anfang oft genauso verloren fühlte, wie Sie es jetzt tun. Aber sie ist eine sehr mutige Frau.« Seine Bewunderung für ihre Tante war offensichtlich. »Alle, die für sie arbeiten, Viehhirten, Schafscherer, Arbeiter, das Hauspersonal, alle respektieren sie. Glauben Sie nicht, dass es einfach war – sie hat sich diesen Respekt erkämpfen müssen. Hier draußen in einem Land, das von unbeugsamen Männern urbar gemacht wurde und noch immer von ihnen beherrscht wird, ist das eine große Leistung!«
    Die ehrliche Zuneigung, die aus seinen Worten sprach, rührte Tara.
    Wegen des grellen Lichts blinzelnd, starrte Ethan hinaus über die schimmernde, leere Ebene, und Tara fragte sich, was er dort sehen mochte. Sie selbst sah absolut nichts.
    »Vielleicht hätten Sie nicht allein kommen sollen«, meinte er.
    Tara blickte zuerst ihn an und dann die Kinder. »Ich bin nicht allein.«
    »Ich meinte, ohne Ihren Mann.«
    In dem Wissen, dass Sie wahrscheinlich sogar die Wahrheit sagte, erwiderte Tara mit nicht ganz sicherer Stimme: »Ich bin Witwe, Mr. Hunter.«
    Jetzt war er verblüfft. »Das ist wirklich schlimm. Es wird nicht einfach sein, die Kinder allein großzuziehen.«
    »Das ist mir vollkommen klar – aber ich schaffe es schon irgendwie.«
    Gegen seinen Willen musste er ihre Entschlossenheit bewundern; doch gleichzeitig stellte er fest, wie naiv sie war. Das Outback schien ihm einer der härtesten Orte dafür zu sein, etwas ›irgendwie zu schaffen‹. Alles, was er tun konnte, war, ihr Mut zuzusprechen. »An einem Ort wie diesem entdeckt man ungeahnte Fähigkeiten an sich selbst. Wenn Sie eine Weile durchhalten, werden Sie wissen, was ich damit meine.«
    Tara blickte ihn unsicher an, und sein Blick wurde sanfter. »Versuchen Sie einfach, Ihre Erwartungen nicht zu hoch zu stecken, und nehmen Sie jeden Tag, wie er kommt.«
    Seine Worte ließen Angst in ihr aufsteigen. Trotz ihrer geringen Erwartungen hatte sie das Gefühl, als warteten große Enttäuschungen auf sie.
    Jack starrte Hannibal schon eine ganze Weile lang mit großen Augen an. Jetzt gab ihm Ethan einfach die Zügel in die Hand und deutete zu den anderen Tieren hinüber. Ehrfurchtsvoll führte der Junge das riesige Kamel zum Hotel hinüber. Bevor sie hineingingen, blieb Ethan stehen und stellte Tara seinen Mitarbeiter vor, der rauchend bei den anderen Kamelen gewartet hatte. In ihrem jetzigen Gemütszustand wünschte Tara sich, er hätte es nicht getan.
    Saladin war ein reinblütiger Afghane. Über weiten Pumphosen trug er einen Kaftan aus leichtem Stoff, und sein Kopf war mit einem beigen Turban umwickelt. Seine schmalen Augen waren schwarz, seine Haut sehr dunkel, und ein dichter Bart verdeckte die untere Hälfte seines Gesichts. Ein sehr starker, würziger Geruch wehte von ihm zu Tara herüber. Sie sah, dass er den Kindern argwöhnische Blicke zuwarf.
    »Saladin begleitet mich schon seit vier Jahren«, erklärte Ethan. »Seit er von Peschawar nach Australien gekommen ist.«
    Tara nickte, ohne ihren Blick von dem Kamelpfleger zu lassen. Etwas an ihm machte ihr Angst. Von ihm schien eine Welle der Feindseligkeit auszugehen.
    Ethan wandte sich an Saladin, um ihm zu erklären, dass er Tara und die Kinder nach Tambora mitnehmen würde. Saladin antwortete in seiner Muttersprache, wobei er erneut finstere Blicke in ihre Richtung warf. Dann folgte ein kurzer Wortwechsel auf Afghanisch.
    Tara verstand nur,

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