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Der Ruf des Kookaburra

Der Ruf des Kookaburra

Titel: Der Ruf des Kookaburra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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einer Sturmflut. Sie gab einen erstickten Laut von sich.
    Carl strich ihr bekümmert übers Haar. »Willst du es mir nicht erzählen?«
    Mehr an Aufforderung bedurfte es nicht.
    »Ach, Carl, es war schrecklich!«, brach es aus ihr heraus. »Sie wollen Purlimils zweites Baby töten! Und sie sagen, dass ich es bin, die den Tod bringt … ich … und alle haben Angst vor mir … dabei könnte ich doch niemals jemandem etwas antun, das weißt du doch, du vertraust mir, nicht wahr? Damals in Stuttgart … meine Mutter … du weißt, dass es nicht meine Schuld war, und das Baby … die Fehlgeburt …«
    »Schschsch«, machte er beruhigend. »Das alles ist Vergangenheit, Emma. Es ist lange vorbei.«
    Sie presste sich an ihn und versteckte ihr Gesicht an seinem Hals.
    Carl schien zu spüren, dass seine Worte ihr nicht gereicht hatten. Also sagte er: »Es ist Vergangenheit, und nichts davon war deine Schuld. Du weißt das seit dem Eukalyptusfeuer, nicht wahr? Erinnere dich daran, Emma. Du hast niemandem den Tod gebracht! Du nicht.« Er lächelte. »Und natürlich tust du auch in der Zukunft niemandem etwas an. Was für ein hanebüchener Unsinn!«
    Die tröstliche Gewissheit, dass Carl ihr so rückhaltlos vertraute, vertrieb langsam, ganz langsam ihre Angst.
    Carl kannte sie besser als jeder Mensch sonst; er wusste um ihre Vergangenheit, um die zerstörerische Beziehung, die Emma in Stuttgart geführt hatte. Zu einem Mann, der ihre Zuneigung mit Füßen getreten hatte. Carl wusste auch um den Tod, der aus dieser giftigen Liebe erwachsen war, und um die Fehlgeburt, die Emma schließlich erlitten hatte.
    Wenn Carl ihr dennoch vertraute, war alles gut.
    Außer dass ich keine Kinder mehr bekommen kann.
    Sie umschlang ihren Mann noch fester.
    Es ist nicht mein Schicksal, anderen den Tod zu bringen. Das ist Unsinn. Alles ist gut.
    Carl zog sie hoch, bis sie aufrecht neben ihm saß. Er umfasste ihre Schultern mit seinen großen, warmen Händen, sah ihr fest in die Augen und sagte: »Ich bin immer bei dir, Emma. Vergiss das nie: Solange ich lebe, wird dir nichts geschehen.«
    Sie schluckte hart. »Und wenn es stimmt, was sie sagen? Dass ich gar nicht das Opfer bin, sondern die Gefahr? Für wen auch immer?«
    Carl schüttelte den Kopf. »Haben sie dich so sehr durcheinandergebracht, Liebste, dass du das wirklich glaubst?«
    »Ich weiß es nicht. Ich will es nicht glauben. Aber …«
    »Emma«, sagte er bestimmt. »Halten wir uns doch einfach an die Tatsachen: Du bist Forscherin und hast ein Ritual der Eingeborenen beobachtet. Sie haben dich, Gott weiß aus welchen Gründen, in ihre abergläubischen Prophezeiungen eingebunden, aber das ändert nichts daran, dass es Aberglauben bleibt. Es – ist – nicht – wirklich! Wir sollten das Ganze analysieren, für unsere Berichte verwerten und dann einfach ruhen lassen.«
    Sie klammerte sich an seine nüchterne Selbstsicherheit, redete sich ein, dass er recht hatte. »Du vertraust mir, ja? Immer, Carl? Ganz egal, was die anderen sagen?« Ihr Herz klopfte schmerzhaft in ihrer Brust.
    Carls Antwort kam ohne jedes Zögern. »Ich vertraue dir absolut.«
    Aufatmend schloss sie die Augen und überließ sich Carls Wärme. Es stimmte ja: Sie hatte sich verunsichern lassen, und das war dumm von ihr gewesen. Eine weiße Forscherin sollte keine Angst vor magischen Prophezeiungen haben, sondern sie mit freudigem wissenschaftlichem Interesse zur Kenntnis nehmen.
    Weiter nichts.
    Als Emma die Augen wieder öffnete, sagte sie verlegen: »Oh weh. Deine Frau gibt ein recht klägliches Bild ab, oder?«
    »Ach was. Selbst Amazonen fühlen sich manchmal schwach«, behauptete Carl. »Das ist ganz normal.«
    Emma lächelte. »Und woher willst du das wissen?«
    »Ich bin mit einer verheiratet«, sagte Carl und grinste.
    Obwohl Emma am nächsten Morgen wenig Lust verspürte, Gunur und den anderen Frauen zu begegnen, ließ es sich nicht vermeiden.
    Carl, dem sie noch in der Nacht alles Restliche über das Ritual erzählt hatte und der nun ihr Unbehagen spürte, legte ihr beschützend den Arm um die Schultern, als sie durch das Lager zum Bach wanderten. Purlimil war nirgends zu sehen; nur Yileen saß vor der gemeinsamen Hütte und bearbeitete mit grimmiger Miene ein Stück Holz.
    Als er Emma und Carl kommen hörte, hob er den Kopf. Ohne in seiner Tätigkeit innezuhalten, sagte er: »Haben die Geister dich also wieder freigegeben, Emma.«
    Seine Worte gefielen ihr nicht. »Wenn du damit meinst, dass ich

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