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Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Galbraith
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geöffnet hatte, und faltete nun ihre Zeitung mit der Ungeduld einer Person zusammen, die man zu lange hatte warten lassen. Sie war fast so groß wie Bristow, hatte einen massigen Körperbau, einen verdrießlichen Gesichtsausdruck und breite, männlich wirkende Hände.
    »Also haben Sie sich geeinigt, ja?«, fragte sie, als hätte sie Strike im Verdacht, sich an ihrem wohlhabenden Lebensgefährten bereichern zu wollen. Womit sie nicht ganz unrecht hatte.
    »Ja, John hat mich engagiert«, antwortete Strike.
    »Na schön«, sagte sie unwirsch. »Bist du jetzt zufrieden, John?«
    Der Anwalt lächelte sie an, woraufhin sie mit einem Seufzer seinen Arm tätschelte wie eine leicht entnervte, aber duldsame Mutter den Kopf ihres Kindes. John Bristow hob die Hand zum Gruß und folgte seiner Freundin durch die Tür. Ihre Schritte entfernten sich mit hallendem Klang die eisernen Treppenstufen hinunter.

5
    Strike wandte sich Robin zu, die sich wieder vor den Computer gesetzt hatte. Sein Kaffee stand neben der ordentlich aufgestapelten Post auf dem Schreibtisch.
    »Danke«, sagte er und nahm einen Schluck. »Und vielen Dank für die Informationen. Warum arbeiten Sie als Aushilfe?«
    »Wie meinen Sie das?«, fragte sie argwöhnisch.
    »Sie beherrschen sowohl Rechtschreibung als auch Zeichensetzung. Sie sind nicht auf den Kopf gefallen. Und Sie zeigen Initiative – woher kommen eigentlich die Tassen und das Tablett? Und der Kaffee und die Kekse?«
    »Die habe ich von Mr. Crowdy ausgeborgt. Ich muss die Sachen bis Mittag zurückbringen.«
    »Mr. wer?«
    »Mr. Crowdy, der Grafikdesigner von unten.«
    »Und das alles hat er Ihnen einfach so überlassen?«
    »Ja«, sagte sie leicht defensiv. »Ich dachte mir, wenn wir unserem Klienten schon Kaffee anbieten, sollten wir ihm auch wirklich einen bringen.«
    Dass sie das Personalpronomen im Plural verwendete, wirkte wie Balsam auf seine angeschlagene Moral.
    »Nun, ein solches Engagement hat noch keine andere Aushilfe von Temporary Solutions an den Tag gelegt, das können Sie mir glauben. Entschuldigen Sie im Übrigen, dass ich Sie Sandra genannt habe. Das war der Name Ihrer Vorgängerin. Wie heißen Sie wirklich?«
    »Robin.«
    »Robin«, wiederholte er. »Wie das Rotkehlchen. Leicht zu merken.«
    Er wollte schon eine launige Bemerkung über Batman und seinen zuverlässigen Helfer machen, doch der platte Scherz blieb ihm im Halse stecken, als er ihr hochrotes Gesicht bemerkte. Zu spät begriff er, dass seine unschuldigen Worte auf fatale Weise missverstanden werden konnten. Robin drehte den Bürostuhl wieder in Richtung Bildschirm, sodass Strike nur noch den Rand einer feuerroten Wange sehen konnte. Der Moment des peinlichen Schweigens schien den Raum auf die Größe einer Telefonzelle schrumpfen zu lassen.
    »Ich werde mal frische Luft schnappen«, sagte Strike, stellte den praktisch unberührten Kaffee ab, schlich im Krebsgang zur Tür und nahm den Mantel vom Haken. »Wenn jemand anruft …«
    »Mr. Strike, bevor Sie gehen, sollten Sie hierauf vielleicht einen Blick werfen.«
    Robin, deren Wangen immer noch gerötet waren, nahm ein Blatt hellrosa Briefpapier samt zugehörigem Umschlag von dem Stapel geöffneter Post neben dem Computer. Sie hatte beides in eine durchsichtige Plastikhülle gesteckt, die sie ihm jetzt entgegenhielt. Strike bemerkte ihren Verlobungsring.
    »Eine Morddrohung«, sagte sie.
    »Ach ja? Keine Sorge. Die kommen fast jede Woche.«
    »Aber …«
    »Ein verärgerter Exklient. Ein bisschen durchgeknallt. Er glaubt, dass er mich mit dem Briefpapier auf eine falsche Fährte locken kann.«
    »Natürlich, aber … Sollten Sie das nicht der Polizei zeigen?«
    »Damit die was zu lachen haben?«
    »Das ist nicht lustig, das ist eine Morddrohung!«, sagte sie.
    Erst jetzt begriff Strike, weshalb sie den Brief samt Umschlag in die Plastikhülle gesteckt hatte. Er war gerührt.
    »Legen Sie sie einfach zu den anderen«, sagte er und deutete auf den Aktenschrank in der Ecke. »Wenn er mich wirklich umbringen wollte, hätte er das schon längst versucht. Irgendwo da drinnen sind die Briefe der letzten sechs Monate. Können Sie hier die Stellung halten, solange ich weg bin?«
    »Wird schon gehen«, sagte sie. Ihr nüchterner Tonfall amüsierte ihn ebenso wie ihre offensichtliche Enttäuschung darüber, dass niemand die kätzchenbedruckte Morddrohung auf Fingerabdrücke untersuchen würde.
    »Sollten Sie mich brauchen – meine Handynummer steht auf den Visitenkarten in der

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