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Der Ruf des weißen Raben (German Edition)

Der Ruf des weißen Raben (German Edition)

Titel: Der Ruf des weißen Raben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sanna Seven Deers
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Nachdem Chad eine dünne Schicht Erde, Zedernlaub und Moos darauf verteilt hatte, konnte niemand mehr erkennen, dass sich ein tiefes Loch darunter befand. Myra beobachtete, wie Chad nun eine dünne Stahlschnur aus der Tasche nahm und sie dicht am Boden, unmittelbar vor der Grube, zwischen zwei Bäume spannte. Als Letztes verwischte er sorgsam alle Spuren.
    »Gib mir den falschen Talisman«, sagte er.
    Sie reichte ihm eine etwa zehn Zentimeter große grobgearbeitete Vogelskulptur aus Stein, die sich seit langer Zeit in Chads Besitz befand und die für Morris durchaus als Talisman gelten könnte. Chad ließ sie in seiner Jackentasche verschwinden.
    »Nun zum nächsten Teil unseres Plans«, sagte er zufrieden. Er steckte seinen Revolver hinten in den Bund seiner Jeans und ließ seine Jacke darüberfallen. Die Waffe war nicht mehr zu sehen.
    »Lass uns alles noch einmal durchgehen«, flüsterte Chad. »Morris kommt mit seinem Auto auf den Parkplatz. Er hat Emma bei sich. Du erwartest sie dort und bringst sie hierher. Ich werde Morris aus der Entfernung unseren falschen Talisman zeigen. Morris ist zufrieden. Er lässt Emma zu dir gehen, und ihr beiden bringt euch in Sicherheit. Morris macht einen Schritt auf mich zu, um den Talisman in Empfang zu nehmen. Er stolpert über die Schnur und fällt in unsere Grube … Für den Notfall habe ich den Revolver.«
    »Oh, Chad!«, flüsterte Myra und strich sich nervös durch das kinnlange Haar. »Ich hoffe, alles läuft so, wie du es sagst.«
    »Mach dir keine Gedanken«, meinte Chad zuversichtlich und warf ihr einen letzten liebevollen Blick zu. »Es wird Zeit. Du gehst besser zum Parkplatz. Meghali wird mit unserem Wagen schon dort sein und dir das verabredete Zeichen geben, sobald die Luft rein ist. Warte dort, bis Morris auftaucht.«
    »Sei vorsichtig, Chad!« Sie sah ihn flehend an.
    »Du auch. Ich liebe dich sehr, Myra.«
    »Ich liebe dich auch.«
    Dann trennten sie sich. Chad blieb im Dunkel des Waldes zurück, während Myra zum Parkplatz ging.
    Der Parkplatz am Nordeingang war nur eine große Lichtung im Wald, auf der ein Schild stand, das auf den Yellow Pine Provincial Park hinwies. Myra blieb am Waldesrand stehen und sah sich vorsichtig um. Nicht weit von ihr entfernt parkte ihr Wagen. Sie konnte Meghalis Gestalt erkennen und atmete erleichtert auf.
    Meghali ließ das Seitenfenster hinunter. Das war das verabredete Zeichen. Die Luft war rein!
    Myra schlenderte so unbefangen wie möglich zu ihr hinüber und lehnte sich an die Wagentür.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Meghali.
    »Ja«, entgegnete Myra, aber ihre Hände zitterten.
    Meghali streckte ihre Hand durch das offene Fenster und legte sie beruhigend auf Myras Arm. Sie sagte kein Wort, aber irgendetwas an ihrer Geste kam Myra seltsam bekannt vor und ließ sie ruhiger werden. Sie atmete tief durch.
    »Es ist Zeit«, sagte Meghali schließlich, nachdem sie einen Blick auf ihre Uhr geworfen hatte. »Sie müssten jeden Augenblick kommen.«
    Myras Kopf schien vor Nervosität zu zerspringen. Aber sie hatte keine Zeit für Selbstmitleid, denn in diesem Augenblick rollte Morris’ schwarzer Chrysler mit den abgedunkelten Scheiben auf den Parkplatz und hielt an.
    Morris stieg auf der Beifahrerseite aus und nahm seine dunkle Sonnenbrille ab.
    Den beiden Frauen stockte der Atem. Morris war nicht allein gekommen!
    »Mrs Blue Knife!«, rief er zu ihnen herüber. »Ich wusste, dass Sie den Talisman finden würden, wenn Sie sich genügend konzentrieren!«
    »Wo ist Emma?«, entgegnete Myra. Sie versuchte, ihre zittrige Stimme unter Kontrolle zu bringen. »Ich will sie sehen!«
    »Zuerst will ich sicher sein, dass Sie haben, wonach ich suche«, sagte Morris.
    »Und ich muss sicher sein, dass Emma lebt und dass sie bei Ihnen im Wagen ist«, gab Myra zurück.
    Morris ging um den Wagen herum. Dann öffnete sich das hintere Seitenfenster.
    »Sag deiner Mutter kurz hallo, aber rühr dich nicht von der Stelle!«
    Emmas Stimme drang aus dem Wagen. »Mom, es geht mir gut!«
    »In Ordnung, mein Schatz. Mach dir keine Gedanken, alles wird gut!«, antwortete Myra mit Tränen in den Augen.
    Morris verzog verächtlich das Gesicht. »Also los!«
    »Mein Mann hat den Talisman. Er ist gleich dort drüben«, gab Myra zurück.
    Morris forderte sie auf, vor ihm herzugehen.
    Ein kalter Schauer lief über Myras Körper. Ihr Plan würde nicht aufgehen! Morris war nicht allein gekommen, und er hatte auch nicht vor, Emma aus dem Wagen aussteigen zu

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