Der Ruf des weißen Raben (German Edition)
bringen?«
»Ich habe keine Ahnung. Aber wir müssen uns etwas einfallen lassen!«
Chad hielt direkt vor den beiden Frauen an, die vor dem Eingang des Restaurants standen und sich unterhielten. Er ließ das Fenster hinunter.
»Heather!«
»Oh, Chad!«, rief Heather und wandte sich an die andere Frau. »Meghali, dies ist mein Neffe, Chad, von dem ich gesprochen habe. Es ist wunderbar, dass ich die Möglichkeit habe, euch einander vorzustellen!«
Während sie Chad und Myra mit Meghali Mazumdar bekannt machte, stellte Myra bewundernd fest, dass Meghali noch hübscher war als in der Zukunft. Sie war schlanker, ihr Gesicht mädchenhaft, obwohl sie Ende zwanzig sein musste, und sie strahlte eine beinahe königliche Würde aus, die Myra irgendwie bekannt vorkam.
»Heather, entschuldige, wenn ich unterbreche. Aber wir haben einen kleinen Notfall, erinnerst du dich?«, drängte Chad.
»Oh, natürlich!«, rief Heather und öffnete die hintere Tür des Wagens.
Sie drehte sich um, um sich von Meghali zu verabschieden, doch diese trat plötzlich näher an den Wagen.
»Entschuldigen Sie«, meinte sie und blickte an Chad vorbei zu Myra. »Haben wir uns irgendwo schon einmal getroffen? Ihr Gesicht kommt mir sehr bekannt vor.«
»Nicht hier«, antwortete Myra gedankenverloren.
Ihre Worte ließen Meghali aufhorchen.
»Wo denn sonst?«, fragte sie mit ihrer sanften Stimme.
Myra und Chad sahen sie lange an.
»Der Notfall, von dem Chad gesprochen hat … Er hat etwas mit einem gewissen Simon Morris zu tun«, begann Myra zögernd.
»Morris …«, wiederholte Meghali überrascht.
»Ich glaube, Sie können uns helfen«, unterbrach Myra sie. Sie wusste keinen anderen Weg, um Meghali dazu zu bringen, mit ihnen zu kommen, als ihr die Wahrheit zu sagen.
Meghali überlegte. Dann ging sie um den Wagen herum und setzte sich hinter Myra auf den Rücksitz. »Also los«, sagte sie nur.
Chad fuhr vom Parkplatz hinunter und lenkte den Wagen in Richtung Highway. Er fühlte, dass sie am besten dort aufgehoben waren, wo es weniger Menschen gab: in der Wildnis.
Heather sah ihn eine Zeitlang schweigend an.
»Darf ich die Einzelheiten erfahren?«, fragte sie schließlich.
Myra und Chad entschuldigten sich.
»Es wird eine Weile dauern, alles zu erzählen, aber ich denke, es ist wichtig, dass ihr beide alle Einzelheiten kennt«, erklärte Myra.
»Wir berichten einfach, während wir fahren«, meinte Chad. »Solange wir unterwegs sind, wird Morris Schwierigkeiten haben, uns zu finden.«
»Morris sucht euch?«, fragte Meghali erstaunt.
Myra nickte.
»Am besten wird es sein, wenn wir ganz am Anfang beginnen«, sagte Chad und begann mit der Zeremonie, an der auch Heather teilgenommen hatte.
Als er fertig war, breitete sich Stille im Wagen aus. Myra blickte Meghali fragend an, aber diese schien in Gedanken versunken zu sein.
»Sollten wir nicht die Polizei verständigen?«, fragte sie Chad.
»Die Polizei ist nicht unbedingt ein Freund der Indianer. Denk an all die spurlos verschwundenen Menschen in unserer Region. Fast alle waren Indianer, und die Polizei rührt keinen Finger, um die Sache aufzuklären. Außerdem – was willst du denen denn erzählen? Die werden denken, wir sind verrückt, und wir bekommen noch mehr Probleme, als wir ohnehin schon haben. Nein, wir müssen uns selbst etwas einfallen lassen.«
»Chad, wir können ihn nicht umbringen!« Myra erschrak, als sie seinen verbissenen Gesichtsausdruck sah. »Man wird uns ins Gefängnis stecken!«
»Hast du eine bessere Idee?«
»Ich denke, wir sollten einen Ort suchen, wo Myra sich konzentrieren kann«, warf Heather ein. »Einen Ort, wo sie Zeit hat, so oft wie möglich in die Geisterwelt zu reisen und die Informationen zu sammeln, die uns weiterhelfen.«
Chad lachte auf.
»Ich hoffe, du hast schon einen bestimmten Ort im Kopf, Heather.«
»Die alte Jagdhütte.«
Chads Gesicht wurde schlagartig ernst.
»Natürlich!«
»Moment mal«, fiel Myra ein. »Ich habe es Chad schon einmal erklärt. Ich kann nicht einfach irgendwo hingehen und in die Geisterwelt überwechseln. So funktioniert das nicht! Ich brauche die Säulen, sie sind mein Tor! Und bisher habe ich sie nur oben am Thunder Mountain gesehen und einmal, als wir im Wagen über den Highway gefahren sind.«
»Ich glaube, du besitzt die Fähigkeit, die Säulen zu dir zu rufen«, warf Heather ein. »Du spürst es noch nicht, aber deine Kräfte wachsen und entwickeln sich. Du musst Vertrauen zu dir selbst haben und
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