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Der Schaedelschmied

Der Schaedelschmied

Titel: Der Schaedelschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lossau , Jens Schumacher
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Fingerknöchel knacken. Jorge deutete ein Gähnen an, um zu signalisieren, dass er die Kurzfassung der Geschichte bevorzugte.
    »Der folgende Schritt war ein wenig komplizierter«, fuhr Hippolit fort. »Vermittels einer thaumaturgischen Anwendung, die üblicherweise in entgegengesetzter Richtung benutzt wird, nämlich um misslungene Fothaum-Aufnahmen schärfer zu machen, schuf ich zwei Dutzend minimal abweichende Versionen des Ausgangsbildes. Auf jedem schienen sich die Tentakel des Geschöpfs ein Stück weiter zu recken, schien sich sein Leib ein wenig aufzublähen oder zusammenzuziehen.«
    Jorge schielte skeptisch zu dem Motiv auf dem Glas. »Und diese Bilder hast du anschließend alle in diese Platte reingepackt? So, dass sie sich endlos wiederholen, immer in der gleichen Reihenfolge?«
    »Quintessenziell. Ebenfalls eine Technik, die ein wenig Fingerspitzengefühl verlangt. Simpler, da rein mechanisch, wäre die Lösung gewesen, die Einzelbilder in einer Art Karussell anzuordnen, das sich mit hoher Geschwindigkeit um die Lichtquelle dreht. Dazu hätte ich allerdings über zwei Dutzend Glasplatten benötigt, außerdem …«
    »Ein Karussell mit Bildern, das sich um eine Lichtquelle dreht?«, unterbrach ihn Jorge interessiert. »So was hab ich schon mal gesehen! Allerdings war es bedeutend größer als dein Kinderspielzeug hier. In Foggats Pfuhl, in einem Lokal mit dem schönen Namen Schweine-Heiners Bierkoben, werfen sie mit so einem Ding bewegte Bilder an die Wand. Gegen ein ordentliches Eintrittsgeld natürlich.«
    »Natürlich.« Hippolit seufzte. »Lass mich raten: Man führt damit Aufnahmen leichtbekleideter junger Damen vor?«
    »Wo denkst du hin?« Jorge schüttelte spöttisch den Kopf, überlegte kurz, nickte dann. »Hmm, vielleicht doch. Es waren nackte Weiber, bei Batardos! Aber nicht nur! Einmal gab es auch Ennah-Rinder zu bewundern, die es auf einer Weide miteinander …«
    »Danke, ich will es nicht wissen! Das Prinzip rotierender Einzelbilder, die sich, auf einen beliebigen Hintergrund projiziert, zu einer flüssigen Bewegung zusammensetzen, wird jedenfalls ›Visiorama‹ genannt. In Barlyn ist es, wie meine heutigen Recherchen ergaben, bereits seit über zweihundert Jahren bekannt und gebräuchlich, man nutzt es auch hier überwiegend zu Unterhaltungszwecken. Die Technik hat allerdings den Nachteil, dass der Projektionsapparat, genau wie du sagst, ein gutes Stück größer sein muss als dieser hier. Zudem ist er aufgrund seiner beweglichen Teile stark neigungsanfällig. Ich hätte mich damit nie in den Durchgang stellen und die bewegten Bilder unseres Ungetüms quasi aus der Hüfte über die Wände deines Zimmers dirigieren können.«
    Jorge sah den kleinen Kasten zweifelnd an. »Und du glaubst, das Monstrum in der Vierunddreißigsten könnte ebenfalls auf diese Art …?« Er schloss die Augen und massierte sich mit Daumen und Zeigefinger der gesunden Hand die Schläfen. »Wenn ich meinem exzellenten Trollgedächtnis das Äußerste abverlange, glaube ich mich zu erinnern, dass das Biest sich ebenfalls immer in der Nähe der Felswände hielt. Es schien regelrecht an ihnen entlangzufließen.«
    Hippolit nickte aufmunternd.
    »Und ab und zu … ja: Ab und zu war ein Flackern zu sehen!«
    »Die Schnittstelle, an der sich die Bildschleife wiederholt. Es handelte sich demnach ebenfalls um ein thaumaturgisch animiertes Motiv, nicht um ein mechanisches Visiorama. Der erforderliche Apparat dürfte folglich tragbar und handlich gewesen sein.«
    »Aber da war nichts, bei Batardos!« Jorge öffnete die Augen und starrte Hippolit anklagend an. »Da waren nur Glax, meine Wenigkeit, meilenlange Stollen voller Gestein, und schließlich diese beiden hilfsbereiten Zwerge, die, Batardos sei Dank, zufällig im rechten Augenblick …« Er verstummte. Seine Augen weiteten sich. »Du, M.H.? Bei genauerer Betrachtung kommt es mir ein wenig sonderbar vor, dass uns Odalf und Pholker in einer Ebene, die eigentlich völlig verwaist ist, aus purem Zufall über den Weg gelaufen sein sollen.«
    Hippolit grinste zufrieden. »Ich bin froh, das aus deinem Mund zu hören, Jorge. Was den Projektionsapparat angeht …«
    »Der Bauch!« Jorge schlug mit seiner künstlichen Faust auf den Tisch, sodass Glasscheibe und Holzkasten einen Satz in die Luft machten. »Und ich Hornvieh wundere mich noch darüber, dass der olle Odalf so einen eckigen Wanst hat! Bei Batardos, der Wicht hat uns mit seinem Apparillo von einem Versteck hinter der

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