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Der Schaedelschmied

Der Schaedelschmied

Titel: Der Schaedelschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lossau , Jens Schumacher
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insgesamt siebenundzwanzig Nägel in den Kopf schlagen konnte, bevor er zusammenbrach?«
    »Waren es nicht achtundzwanzig?«, erkundigte sich Glaxiko unsicher.
    »Fangen Sie jetzt auch mit diesem Unsinn an?« Erregt durchmaß Hippolit das Labor und eilte zur Sitzgruppe hinüber. »Was für eine ›medizinisch-thaumaturgische Behandlung‹ sollte das denn Ihrer Meinung nach gewesen sein?«
    »Falls Sie mir auf Ihre unnachahmlich diplomatische Art zu verstehen geben wollen, dass ich als Nicht-Versierter zwangsläufig über geringere Kenntnisse in thaumaturgischen Fragen verfüge als Sie, so haben Sie fraglos recht«, erwiderte Oskulapius ruhig. »Ihre Arroganz können Sie sich dennoch sparen. Ich versuche lediglich, alle Eventualitäten in meine Überlegungen einzubeziehen, ein Vorgehen, das ich persönlich als Grundlage jeder kriminologischen Untersuchung erachte und das mir, wenn Sie mir die Bemerkung gestatten, bereits in der Vergangenheit die Aufklärung verzwickter Fälle gestattete, an denen gewisse Beamte des IAIT sich die Zähne ausgebissen haben.« Er verschob seine erkaltete Pfeife übertrieben langsam von einem Mundwinkel in den anderen. »Auch wenn es Ihnen nicht passt, Kollege Hippolit: Die Tötung Minister Borkudds ist irgendwie vonstattengegangen. Und ich fände es wenig sachdienlich, wenn wir uns durch das voreilige Ausschließen bestimmter Denkansätze, mögen Sie auf den ersten Blick auch unrealistisch erscheinen, bei unseren Ermittlungen selbst im Weg stehen würden.«
    »Bravo«, rief Glaxiko und klatschte in die Hände wie ein Fünfjähriger. »Wohl gesprochen, Herr Kollege!«
    Hippolit zählte stumm bis zwanzig, zwang sich zu einem neutralen Lächeln und nahm auf der gegenüberliegenden Seite des kleinen Eichentisches Platz.
    »Meine Herren«, begann er ruhig. »Selbst wenn – ich betone: wenn – sich der Minister früher am Tage zu einem Thaumaturgen begeben und einen anhaltenden Entquäler höchster Stufe über seinen Körper hätte wirken lassen, in der Absicht, sich nachts in seinem Büro auf denkbar ausgefallene Weise das Leben zu nehmen …«
    »Einen was?« Mit gerunzelter Stirn faltete sich Glaxiko neben Hippolit auf den Lederpolstern zusammen.
    »Eine medizinisch-thaumaturgische Methode zur Schmerzunterdrückung«, gab Oskulapius Auskunft, der entgegen seiner vorangegangenen Behauptung offenbar sehr wohl über gewisse Kenntnisse auf dem Gebiet der Thaumaturgie verfügte. »Je nach Anwendungsbereich und Vermögen des ausführenden Thaumaturgen kann der Effekt von einer lokalen Betäubung, beispielsweise zur Behandlung eines kranken Zahns, bis zu einer mehrstündigen Vollnarkose reichen.« Mit gehobenen Brauen sah er zu Hippolit hinüber, dem nichts anderes übrig blieb, als zustimmend zu nicken.
    »Ah ja«, murmelte der General und streichelte gedankenverloren eine seiner glatt rasierten Wangen. »Das kenne ich selbstverständlich. Erst kürzlich musste ich einen Zahnheiler aufsuchen, nachdem mir beim allzu herzhaften Biss in eine Pastete meiner geschätzten Frau Mutter …«
    »Selbst wenn wir also davon ausgingen«, nahm Hippolit den Faden wieder auf, »dass Borkudd sich für die Durchführung seines Vorhabens thaumaturgisch präparieren ließ, so spricht dennoch ein entscheidender Punkt gegen einen Selbstmord.«
    »Nämlich?« Oskulapius nahm die Pfeife aus dem Mund und fixierte Hippolit kalt.
    »Spätestens nach dem Eindringen des dritten Nagels – mutmaßlich schon davor – wären die Traumata in Borkudds Gehirn so weitreichend gewesen, dass eine fein motorische Koordination, wie sie zum Einschlagen von über zwei Dutzend weiteren Nägeln notwendig ist, nicht mehr möglich gewesen wäre. Und ich spreche als Fachmann sowohl des thaumaturgischen als auch des medizinischen Sektors.«
    »Sie meinen, Borkudds Hände hätten nicht länger ausführen können, was er sich vorgenommen hatte?« Glaxiko starrte grübelnd seine rosigen Handinnenflächen an, als versuchte er, die Lösung des Falles aus dem Verlauf seiner Lebenslinie zu rekonstruieren. »Das ist mit Verlaub bedauerlich. Dann bliebe doch nur Fremdeinwirkung von außen. Aber wie sollte der Täter aus dem von innen verriegelten Raum entwichen sein? Nur ein Geist wäre dazu in der Lage …«
    Ruckartig beugte sich Oskulapius nach vorn, ergriff das Pergament aus Borkudds Büro und schleuderte es quer über den Tisch, sodass es in Hippolits Schoß landete. »Und wie erklären Sie sich das, Herr Kollege?«
    Widerstrebend nahm Hippolit

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