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Der Schaedelschmied

Der Schaedelschmied

Titel: Der Schaedelschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lossau , Jens Schumacher
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heller als Borkudds Schädel, der selbst nur Zeichen einer sekundären thaumaturgischen Beeinflussung aufwies. Minister Borkudd wurde mithilfe tätlicher Thaumaturgie umgebracht.«
    »Bei Batardos! Wenn der Minister aber, wie du sagst, selbst nicht versiert war, bedeutet das ja …«
    »… dass wir die Selbsttötungstheorie zu den Akten legen können. Er kann es unmöglich selbst getan haben.«
    Jorge dachte eine ganze Weile nach. »Aber wie könnte der Mörder in den von innen verschlossenen Raum gelangt sein? Und wieder hinaus? Wieso lag am Tatort ein blutbesudelter Hammer, wenn die Nägel nicht mit einem Hammer eingeschlagen wurden? Und wieso gibt es in dieser schäbigen Pension eigentlich keine Bier- oder Drollych-Vorräte?«
    »Der Klärung dieser Fragen, außer der letzten, werde ich mich morgen widmen.« Hippolit drehte sich auf die Seite und knüllte das Kissen unter seinem Kopf zusammen, bis er eine bequeme Liegeposition gefunden hatte. »Du dagegen wirst nach dem Frühstück den Gerüchten über das ›vielarmige graue Ungeheuer nachgehen, welches am Nachmittag angeblich in den tieferen Ebenen der Förderstollen gesehen wurde. Du hast gehört, was Wymmler vorhin verlauten ließ?«
    »Dass irgendwo tief unten ein Riesenklops aus purer Hässlichkeit und sehr viel Schleim herumglitschen soll. Klang, als würde er meine alte Großtante Jorlentha beschreiben!« Jorge kicherte. »Glaubst du, dieses Ding könnte in irgendeinem Zusammenhang mit dem Ableben des Schürfministers stehen?«
    »Das zu überprüfen, wird deine Aufgabe sein, Jorge.«
    »Ah. Prima. Klar.«
    »Anschließend möchte ich, dass du einen gewissen Gronther aufsuchst. Er ist ein Vetter des getöteten Schürfministers, der einzige lebende Anverwandte, den ich ermitteln konnte. Seine Adresse liegt auf dem Schreibtisch deines Zimmers für dich bereit, außerdem eine fothaumatographische Aufnahme des Leichnams, die Wymmler am Tatort hat anfertigen lassen. Vielleicht erweist sie sich irgendwie als nützlich.«
    »Gronther. Adresse. Fothaum-Aufnahme. Kein Problem.«
    Pause.
    »Du, M.H.?«
    »Ja?«
    »Erzählst du mir jetzt, wo du Oskulapius schon mal begegnet bist?«
    »Gute Nacht, Jorge!«

10
     
     
    Als Hippolit am folgenden Vormittag den Laborraum im Klinikum Zum Heiligen Bruder Gumpert betrat, fand er Oskulapius und Meister Rekten bereits bei der Arbeit. Sie hatten einen der langen Arbeitstische von Reagenzgläsern und wissenschaftlichen Apparaten befreit und einen beachtlichen Haufen Papier darauf ausgebreitet. Auf den ersten Blick war zu erkennen, dass es sich um Briefe handelte, zum Großteil noch in quadratischen Umschlägen aus rohem, bräunlichem Papier steckend, wie sie in Barlyn gebräuchlich waren. Am Boden lag ein leerer Leinensack, in dem jemand, mutmaßlich der ewig emsige Rekten, die Schriftstücke herbeigeschafft haben musste.
    »Guten Morgen, Herr Kollege«, ließ sich der rundliche Thaumaturg vernehmen, kaum dass Hippolit eingetreten war. Oskulapius, der auf der anderen Seite des Tisches stand, die unvermeidliche Pfeife im Mundwinkel, quittierte seine Anwesenheit dagegen mit keinem Wimpernzucken. Konzentriert las er in einem handgeschriebenen Brief.
    »Was treiben Sie hier?«, wollte Hippolit wissen, nachdem er Rektens Begrüßung erwidert hatte. »Was sind das für Dokumente?«
    »Das?« Oskulapius bequemte sich, sein habichtnasiges Gesicht vom Objekt seines Interesses zu heben. »Dies ist die Post, die in den vergangenen zwei Jahren zu Borkudds Händen ans Ministerium gesendet wurde. Rekten war so aufmerksam, sie heute früh im Archiv zusammenzusuchen.«
    »Man hatte nur drei Stunden Schlaf«, bekundete der Assistent in der ihm eigenen, unpersönlichen Ausdrucksweise. »Aber das macht nichts. Manchmal verlangt die Klärung eines Falles rückhaltlosen Einsatz und Zurückstellung persönlicher Interessen.«
    »Guter Mann, Rekten, guter Mann«, murmelte Oskulapius und vertiefte sich wieder in seinen Brief.
    Mit gerunzelter Stirn trat Hippolit näher und betrachtete den Haufen. Sämtliche Umschläge sowie die teilweise heraushängenden Bögen waren per Hand beschriftet, nirgends waren behördliche Stempel oder Siegel zu entdecken. Und obwohl der Stapel auf den ersten Blick beträchtlich anmutete, konnte er kaum mehr als zwei- oder dreihundert Briefe umfassen.
    »Das ist doch nie im Leben die gesamte zweijährige Korrespondenz des Leiters des Schürfministeriums«, brachte er zweifelnd hervor.
    »Mitnichten.« Rektens Mondgesicht

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