Der Schaedelschmied

mich fragst.«
    Ein Zwerg, der sich deutlich ‚von den grauen Arbeitern ringsum abhob, war aus einem Büro neben den Fahrstühlen getreten und kam zielstrebig auf sie zu. Wie Glaxiko umgab ihn eine militärische Aura, allerdings wirkte er auf den ersten Blick bedeutend strenger als dieser. Ein Gesicht, das kein Lächeln kannte. Obwohl er Jorge gerade mal bis zur Hüfte reichte, verströmte er Autorität und Unnachgiebigkeit.
    »Sie müssen General Glaxiko sein«, rief der Zwerg und streckte dem Angesprochenen zackig eine Hand entgegen. »Ich habe Sie erwartet.« Er würdigte Jorge keines Blickes.
    »Und Sie sind demzufolge Herr Hinreitz, wenn mich nicht alles täuscht?«, erwiderte Glaxiko mit näselndem Timbre. Beflissen ergriff er die Hand des Zwergs und schüttelte sie, wobei er sich mehrmals verbeugte.
    »So ist es. Heil Hindrych! Erster Vorarbeiter der Grobonskonit-Gmbe XKII/b, Westflügel, Sektor B. Heil Hindrych!«

»Heil Hindrych!«, trompetete Glaxiko zurück.
    »Wie ging das noch mal gleich im Mittelteil?«, mischte sich Jorge ein, aber Hinreitz nahm ihn noch immer nicht zur Kenntnis. Egal, sollte der General doch sein Glück mit diesem Giftzwerg versuchen. Abgesehen von ihrer Körpergröße schienen sich die beiden irgendwie zu ähneln, und ein altes Trollsprichwort riet nicht umsonst: Wo Arschloch auf Arschloch trifft, hält man sich als Nicht-Arschloch besser dezent im Hintergrund. Und »Dezenz«, war nicht umsonst Jorges dritter Vorname. Direkt nach »Subtil«.
    Glaxiko schlug die Hacken seiner spitzen Schuhe zusammen und salutierte. Jorge fragte sich, wie lange die Pfauenschau noch gehen würde.
    »Wie ich Ihnen bereits fernmündlich erklärt habe, halte ich den Anlass Ihres Besuchs für fragwürdig«, sagte Hinreitz. »Ü-ber-flüs-sig! Sie wissen doch selbst, wie das ist mit dem arbeitsscheuen Pack: sehen irgendwo den verzerrten Schatten eines Kiesellurchs, und sofort schreien sie, die Monster seien los. Alles, nur um sich ein paar Stunden vor der Arbeit zu drücken.« Hinreitz stieß einen merkwürdigen Ton aus, eine Mischung aus verächtlichem Lachen und angeekeltem Keuchen.
    Glaxiko nickte mitfühlend. »Sie haben völlig recht. Heutzutage ist es schwer, fleißige Mitarbeiter zu finden. Jeder will nur herumsitzen und schwätzen. Verwöhnte Weichlinge!«
    »Wie wahr! Heil Hindrych!«
    Jorge fürchtete schon, dass die beiden die geplante Suchaktion abblasen und stattdessen in irgendeiner Amtsstube Brüderschaft trinken könnten, also ging er dazwischen. »Wenn ich auch mal was sagen dürfte …«, begann er.
    Glaxiko und der Zwerg namens Hinreitz drehten die Köpfe und betrachteten ihn, als könnten sie sich nicht erklären, wie er so unverhofft neben ihnen hatte auftauchen können.

»Mal unter uns, Jungens: Da wird in dieser komischen Stadt, die mir übrigens von Anfang an höchst verdächtig vorgekommen ist, ein Minister ermordet, auf thaumaturgischem Wege, hinterrücks und feige, und sein winziger Kadaver lässt nichts als Rätsel zurück. Quasi zeitgleich wird in den tiefsten Stollen ein abscheuliches Monstrum gesichtet. Und ihr wollt nicht mal in Erwägung ziehen, ob es da vielleicht einen Zusammenhang geben könnte?«
    Einen Moment schienen den beiden Militaristen die Worte zu fehlen. Dann pflückte Glaxiko eine unsichtbare Staubfluse von seiner Uniformjacke und lächelte wie ein Lehrer über die Naivität eines dummen Schülers. »Ich muss mich für Agent Jorge entschuldigen, Herr Hinreitz. Er ist …«
    »IAIT, höchste investigative Ermittlungsbehörde Sdooms, dienstältester anwesender Ermittler, hier, mein Siegelring. Ich kann ihn nicht mehr an meiner Ringhand tragen – ich hatte mal eine Ringhand, aber sie ist weg, ab, scheußliche Geschichte, egal, auf meine künstliche Hand passt der Siegelring jedenfalls nicht. Aber guck, hier ist er, der Siegelring, er ist da, guck doch hin, und jetzt Klappe zu!« Er imitierte die hochnäsige Miene Glaxikos und flüsterte hinter vorgehaltener Hand: »Ich muss mich für Glax entschuldigen, aber er ist noch nicht allzu lange im investigativen Gewerbe tätig.«
    General Glaxiko schien sich nicht entscheiden zu können, ob er einen Wutanfall bekommen oder einen überheblichen Spruch ablassen sollte. Schließlich tat er keins von beidem. »Also schön, inspizieren wir den Ort des angeblichen Zwischenfalls eben«, knurrte er. »Fürs Protokoll.«
    Der Zwerg namens Hinreitz starrte noch immer Jorges Siegelring an, als könnte er jeden Augenblick